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Bienen-Kinder: Sicher angeklebt mit Gelée royale

Bienen stellen einen Klebstoff aus Gelée royale her, damit ihr königlicher Nachwuchs nicht aus den Waben fällt. Der Futtersaft sorgt also nicht nur als Nahrung für sicheres Aufwachsen der späteren Königinnen.
Bienenwabe

Bienen kleben ihre späteren Königinnen mit einem speziellen Klebstoff fest, damit sie nicht aus dem Nest fallen. Basis der Haftcreme ist das bereits als Königinnenfutter bekannte Gelée royale, das damit anscheinend einen doppelten Zweck erfüllt – das entdeckte nun eine Arbeitsgruppe von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Wie das Team um die Biologin Anja Buttstedt mutmaßt, ist die Klebefähigkeit des Gelée royale womöglich wichtiger für die Königinnenaufzucht als seine Rolle als königliches Spezialfutter. Denn Königinnenlarven passen nicht in die üblichen Bienenwaben und müssen in speziellen Brutzellen heranwachsen. Weil im Bienenstock in der Regel Platzmangel herrscht, hängen diese Königinnenwaben oft unten an der Wabenkonstruktion. Damit die Larven nicht herausfallen, bleibt den Ammenbienen nichts anderes übrig, als sie festzukleben.

Dafür stellen die Bienen quasi einen Zweikomponentenklebstoff aus Gelée royale und Fettsäuren her, die sie aus ihren Kopfdrüsen gewinnen, wie die Arbeitsgruppe in "Current Biology" schreibt. Buttstedt und ihre Kollegen untersuchten, wie ein steigender Säuregehalt die Fließfähigkeit des Gelée royale verändert. Aus dem Futtersaft entsteht ein zäher Kleber, weil bei sinkendem pH-Wert das Hauptprotein des Gelée royale mit Apismin, einem weiteren Eiweiß aus dem Futtersaft, zu komplexen Strukturproteinen polymerisiert. Dass Drüsensekrete je nach pH-Wert ihre Konsistenz verändern, kennt man auch von anderen Tieren. Beispielsweise von Spinnen, deren Spinnfäden erst am Ende des Spinndrüsenkanals entstehen. So bildet sich auch das Gelée royale innerhalb der Futtersaftdrüse: In der Drüse selbst ist es noch flüssig, erst auf seinem Weg durch den Drüsenkanal dickt es sirupartig ein, weil der pH-Wert kontinuierlich abnimmt.

Gelée royale bei verschiedenen pH-Werten
Quelle: Buttstedt et al.: How Honeybees Defy Gravity with Royal Jelly to Raise Queens, Curr. Biol. 10.1016/j.cub.2018.02.022, 2018

Echte Klebstoffeigenschaften entwickelt das Gelée royale aber erst in einem zweiten Schritt. Hierfür muss es mit einem weiteren Drüsensekret aus der so genannten Mandibel- oder Oberkieferdrüse der Tiere vermischt werden. Das Sekret besteht hauptsächlich aus Fettsäuren, mit denen die Ammenbienen den Säuregehalt des Futtersafts weiter steigern. Auf diese Weise stellen sie quasi einen Zweikomponentenklebstoff her, mit dem sie ihre kleinen Schützlinge in den Waben festkleben. Der pH-Wert des Klebers aus den Brutzellen liegt bei 4, wie die Forscherinnen und Forscher feststellten. Ihre Experimente zeigten, dass das Gelée royale genau bei diesem Säuregehalt seine Klebstoffeigenschaften voll entwickelt.

Die Studie belegt erstmals, dass das Gelée royale bei der Aufzucht des königlichen Bienennachwuchses nicht nur eine, sondern zwei zentrale Rollen spielt. Die kleinen Bienen essen nämlich gar nicht den ganzen Futtersaft, den die Ammenbienen in großen Mengen in die Königinnenwaben stopfen, wie man bisher vermutet hat. Vielmehr wird das meiste Gelée royale wohl für die sichere Befestigung der Nachwuchsköniginnen verwendet, so die Arbeitsgruppe.

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