Sicher helfen: Wie hilft man bei Augenverletzungen?
Achtung: Dieser Text bietet lediglich einen Überblick über Erste-Hilfe-Maßnahmen. Er ersetzt keinen Erste-Hilfe-Kurs. Kursangebote bieten unter anderem das Deutsche Rote Kreuz, die Malteser, die Johanniter, der Arbeiter-Samariter-Bund und auch viele private Ausbildungsstellen in ganz Deutschland an.
Sicher helfen
Erste Hilfe rettet Leben. Wenn jemand in eine medizinische Notsituation gerät, sind wir deshalb alle verpflichtet, zu helfen. Trotzdem zögern viele Menschen im Ernstfall, oft aus Angst vor Fehlern. Diese Unsicherheit muss aber nicht bleiben. In unserer Serie »Sicher helfen« erklären wir, was im Notfall zu tun ist: Wie erkennt man eine Vergiftung? Welche Informationen braucht der Notruf? Und wann muss man reanimieren?
Gerade haben Sie eine Bar verlassen, als sich zwei junge Männer vor Ihnen auf der Straße streiten. Sie werden immer lauter, bis einer der beiden dem anderen schließlich ins Gesicht schlägt. Als Sie sich dem Verletzten nähern, hält er mit schmerzverzerrtem Gesicht die Hand vors Auge.
Was ist los?
Durch den Schlag hat der Mann wahrscheinlich eine Prellung seines Auges erlitten. Sie zählt neben Fremdkörpern im Auge, Verätzungen und Verbrennungen zu den häufigsten Augenverletzungen. Pro Jahr verletzen sich zirka 30 0000 Menschen in Deutschland am Auge, fünf Prozent von ihnen schwer. Die Mehrheit der Unfälle ereignet sich in der Freizeit, beim Sport oder beim Heimwerken. Wenn Schläge oder Stöße das Auge treffen, kommt es zur Prellung: Dabei wird der Augapfel in die Augenhöhle gestoßen und verformt sich. Die Schäden reichen von Blutergüssen bis hin zum Abriss der Linse oder zu einer Netzhautablösung. Außerdem kann die knöcherne Augenhöhle brechen. Ähnliche Verletzungen können auch entstehen, wenn ein größerer Fremdkörper das Auge durchsticht.
Beim Handwerken wiederum können beispielsweise während des Sägens oder Schleifens winzige Splitter oder Späne ins Auge gelangen und die Hornhaut schädigen. Die Hornhautoberfläche kann ebenfalls verletzt werden, wenn man in eine sehr helle Lichtquelle schaut. Geraten Säuren oder Laugen ins Auge, verätzt es. Einige der Substanzen wandern durch die Hornhaut ins Augeninnere, wo sie unter anderem die Linse und Blutgefäße beschädigen.
Warum ist das gefährlich?
Anhand der Beschwerden merkt man nicht immer, wie schwer das Auge geschädigt wurde. Dabei können scheinbar harmlose Verletzungen im schlimmsten Fall schwere Schäden bis zur Erblindung nach sich ziehen. Allgemein berichten Betroffene über Schmerzen, brennende oder gerötete Augen, die vermehrt tränen. Manchmal hat man das Gefühl, etwas im Auge zu haben und sieht verschwommen. Darüber hinaus kann das Auge zuschwellen und im Inneren bluten. Manchmal sieht man Doppelbilder oder verliert das Sehvermögen ganz oder teilweise. Fremdkörper im Auge bergen darüber hinaus ein erhöhtes Entzündungsrisiko. Bei Verätzungen kann die Hornhaut eintrüben, was mit einer verschlechterten Sehkraft einhergeht. Im schlimmsten Fall droht die Erblindung. Letztere droht ebenfalls, wenn sich nach einer Prellung die Netzhaut ablöst. Dadurch verliert man einen Teil der Sehfähigkeit, sieht Lichtblitze oder verzerrte Bilder. Dieser augenärztliche Notfall muss zügig professionell behandelt werden. Unbehandelt kann sich die gesamte Netzhaut ablösen und man erblindet.
Wie kann man helfen?
Wird ein Auge verletzt, muss man sofort handeln. Zunächst sollte man selbst ruhig bleiben und die Verletzte oder den Verletzten beruhigen. Kleine, oberflächliche Fremdkörper kann man mit einem feuchten Wattestäbchen oder Taschentuch durch Wischen von außen nach innen entfernen. Außerdem kann man die Person nach unten gucken lassen, während man das obere Augenlid über das untere zieht. Befindet sich der Fremdkörper unter dem oberen Lid, bleibt es auf diese Weise vielleicht an den Wimpern hängen und kann vorsichtig weggewischt werden. Versteckt sich der Fremdkörper am unteren Lid, bittet man die Person, nach oben zu schauen. Dann zieht man das untere Lid sanft nach unten, sodass der Fremdkörper, falls sichtbar, mit einem Wattestäbchen entfernt werden kann. Haben die Maßnahmen nicht geholfen, spült man das Auge. Wer nach einem Tag immer noch ein Fremdkörpergefühl hat oder zunehmende Schmerzen, Schwellungen oder Rötungen bemerkt, sollte zum Arzt gehen. Bei Sehstörungen, die nach einer Stunde immer noch bestehen, muss ebenfalls eine Fachperson konsultiert werden.
Steckt ein größerer Fremdkörper im Auge, sollten Laien diesen nicht entfernen und den Notruf 112 wählen. Bis die Hilfe eintrifft, achten Sie darauf, dass die verletzte Person nicht am Auge reibt. Dadurch verschlimmert sie die Verletzung oder ruft weitere hervor. Stattdessen deckt man das Auge mit einer sterilen Wundauflage ab. Um reizende Augenbewegungen zu verhindern, ist es ratsam, das nicht beeinträchtigte Auge ebenfalls abzudecken, damit sich die Augen synchron bewegen. Prellungen kühlt man, wobei darauf zu achten ist, dass die Kühlpackung nicht zu kalt ist. Am besten wird sie mit einem Tuch umwickelt. Anschließend begleitet man die Person zum Arzt oder ruft bei einer schweren Verletzung den Notruf 112.
Verätzte Augen müssen schnellstmöglich gespült werden, idealerweise mit einer für Augen geeigneten Spüllösung aus dem Erste-Hilfe-Kasten. Leitungswasser ist aber auch erlaubt, notfalls gehen Limonade, Bier oder kühler Tee. Am besten legt sich die betroffene Person dazu hin und dreht ihren Kopf zur Seite des verletzten Auges. Dann hält man das verletzte Auge mit den Fingern offen und spült das Sehorgan mindestens eine Viertelstunde. Dazu gießt man die Flüssigkeit aus zehn Zentimeter Höhe in den Augeninnenwinkel, so dass sie von der Nase aus zur Seite fließt und die ätzende Substanz nicht ins andere Auge gerät. Je schneller das Auge gespült wird, desto eher lassen sich bleibende Schäden vermeiden. Ist Zement ins Auge geraten, darf man diesen nicht spülen, da sonst eine Verätzung der Hornhaut befördert wird. Stattdessen wählt man den Notruf.
Wie geht es weiter?
Als Erstes fragen die Mediziner, was genau passiert ist. Das weitere Vorgehen hängt vom Unfallhergang und den Beschwerden ab: Nach einer Prellung testen sie in einer körperlichen Untersuchung die Augenbewegungen und das Sehvermögen. Um den Zustand der Netzhaut und des Sehnervs beurteilen zu können, untersuchen sie den Augenhintergrund in der Funduskopie. Dabei werden die Linse und die Hornhaut in einer Spaltlampenuntersuchung begutachtet. Außerdem fertigen die Medizinerinnen oder Mediziner nach Prellungen ein Bild des Gesichtsschädels an, um Frakturen auszuschließen. Bei starken Schmerzen geben sie Schmerzmittel, bei Verätzungen und Fremdkörpern im Auge zusätzlich Antibiotika, um Infektionen vorzubeugen. Kalkspritzer entfernen sie mechanisch aus dem Auge, sonstige Verätzungen spülen sie aus. Eine Operation steht bei einem Fremdkörper, einer Netzhautablösung oder einem Bruch der Augenhöhle an.
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