Sicher helfen: Wie hilft man bei einem Hexenschuss?
Achtung: Dieser Text bietet lediglich einen Überblick über Erste-Hilfe-Maßnahmen. Er ersetzt keinen Erste-Hilfe-Kurs. Kurse bieten unter anderem das Deutsche Rote Kreuz, die Malteser, die Johanniter, der Arbeiter-Samariter-Bund und auch viele private Ausbildungsstellen in ganz Deutschland an.
Sie helfen einem Freund beim Umzug. Ganz allein versucht er, einen Nachttisch aus massivem Holz hochzuheben, als er plötzlich aufschreit und das Möbelstück loslässt. Er fasst sich mit einer Hand an den unteren Rücken und versucht mit vor Schmerz verzogenem Gesicht, sich wieder aufzurichten.
Was ist los?
Plötzlich einschießende Rückenschmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule bezeichnet man umgangssprachlich als Hexenschuss. Fachleute sprechen von einer Lumbago oder Lumbalgie. Ein Hexenschuss tritt meist nach einer abrupten oder ungewohnten Bewegung wie aus dem Nichts auf und zwingt die Betroffenen augenblicklich zum Innehalten. Fast jeder Deutsche hat zumindest einmal im Leben eine akute Lumbago, häufig im Alter zwischen 30 und 50 Jahren.
Als akut gelten Rückenschmerzen, die weniger als sechs Wochen anhalten; chronisch werden sie nach mindestens zwölf Wochen. Etwa 20 Prozent aller Erwachsenen leiden regelmäßig an Rückenschmerzen, die entweder intensiv oder mit Funktionsbeeinträchtigungen verbunden sind. Menschen zwischen 40 und 60 Jahren sind am häufigsten von Rückenschmerzen betroffen, Frauen öfter als Männer.
Meist gibt es keine spezifische Ursache, die es zu behandeln gilt. Diesen so genannten unspezifischen Rückenschmerzen liegen Muskelverspannungen zu Grunde, ausgelöst durch alltägliche Bewegungen wie etwa Aufstehen aus dem Bett. Ebenso kann Zugluft die Muskeln verspannen. Sie blockieren dann unter anderem die Wirbelgelenke und reizen die Nerven an der Wirbelsäule, was zu starken Schmerzen führt.
Wer sich wenig bewegt und schwache Rücken- und Bauchmuskeln hat, ist besonders anfällig für die Verspannungen. Auch Stress, Depressionen, eine familiäre Neigung, Schlafmangel, Fehlhaltungen, Übergewicht und Entzündungen der Wirbelgelenke erhöhen das Risiko für einen Hexenschuss. Spezifische Ursachen für Rückenschmerzen sind seltener und können entweder vom Rücken selbst ausgehen wie bei einem Bandscheibenvorfall oder einer Skoliose oder von anderen Organen. Dazu gehören unter anderem Erkrankungen der Bauchgefäße, gynäkologische Erkrankungen wie Endometriose, urologische Erkrankungen wie eine Nierenbeckenentzündung und Nierensteine oder eine Gürtelrose.
Sicher helfen
Erste Hilfe rettet Leben. Wenn jemand in eine medizinische Notsituation gerät, sind wir deshalb alle verpflichtet, zu helfen. Trotzdem zögern viele Menschen im Ernstfall, oft aus Angst vor Fehlern. Diese Unsicherheit muss aber nicht bleiben. In unserer Serie »Sicher helfen« erklären wir, was im Notfall zu tun ist: Wie erkennt man eine Vergiftung? Welche Informationen braucht der Notruf? Und wann muss man reanimieren?
Ist das gefährlich?
Ein Hexenschuss geht mit starken Schmerzen im Rücken einher, die sich stechend oder brennend anfühlen. Der Rücken wird steif, so dass manche Betroffenen sich kaum mehr bücken oder aufrichten können. Oftmals ist der Hexenschuss harmlos und verschwindet nach wenigen Tagen von selbst wieder. Schont sich die betroffene Person jedoch über längere Zeit und vermeidet Bewegungen, kann sie chronische Rückenschmerzen entwickeln: Die Schonhaltung selbst führt zu schmerzhaften Verspannungen und Rücken-, Sehnen- sowie Gelenkproblemen. Eher selten steckt hinter Rückenschmerzen eine potenziell gefährliche Erkrankung: Warnzeichen sind ein Kribbeln oder Taubheitsgefühl in den Beinen, Schwierigkeiten, die Beine zu bewegen, und Probleme beim Wasserlassen und Stuhlgang. Dann handelt es sich womöglich um einen Bandscheibenvorfall oder geschädigte Nerven, zum Beispiel nach einem Wirbelkörperbruch oder bei einer Krebserkrankung. Strahlen die Schmerzen vom unteren Rücken bis in die Beine aus, ist der Ischiasnerv wahrscheinlich gereizt oder eingeklemmt. Dann kann es sich um eine Lumboischialgie handeln. Gleichzeitig auftretendes Fieber ist ein Warnzeichen für eine Infektion im Bereich der Wirbelsäule.
Wie kann man helfen?
Das oberste Ziel bei einem Hexenschuss ist, dass der oder die Betroffene sich so früh wie möglich wieder bewegt. Anstatt im Bett zu liegen, sollte man also lieber spazieren gehen. Ist an Bewegung in der Anfangsphase noch nicht zu denken, helfen verschiedene Maßnahmen wie die Stufenlagerung dabei, starke Schmerzen zu lindern: Zunächst hilft man der Person, sich auf den Rücken zu legen, und lagert dann ihre angewinkelten Beine so auf einem Stuhl, dass Oberschenkel und Unterschenkel einen 90-Grad-Winkel bilden. Zusätzlich legt man ihr ein kleines Kissen in den Nacken, um diesen zu stützen. Wärme in Form von Wärmflaschen, Wärmepackungen oder einer warmen Dusche hilft ebenfalls. Unterstützend kann die Person kurzzeitig Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Diclofenac einnehmen. Eine längere Behandlung mit Medikamenten sollte aber mit einem Arzt oder einer Ärztin besprochen werden.
Wie geht es weiter?
Wenn die Schmerzmittel nicht anschlagen, die Schmerzen länger als ein paar Tage anhalten oder Warnzeichen für einen Bandscheibenvorfall oder eine Nervenschädigung bestehen, sollte zeitnah eine hausärztliche oder orthopädische Praxis aufgesucht werden. Nach einem ärztlichen Gespräch untersucht der Arzt oder die Ärztin den Patienten oder die Patientin, um spezifische Ursachen für die Beschwerden auszuschließen. Finden sich dafür Hinweise, wird das Blut oder Hirnwasser geprüft, das das Rückenmark umgibt. Außerdem kann eine Röntgenuntersuchung oder eine Magnetresonanztomografie veranlasst werden.
Hat die Person einen Hexenschuss, ordnet die Ärztin oder der Arzt vorübergehend Schmerzmittel wie Ibuprofen an und bespricht mit ihr, dass sie sich ausreichend bewegen und keine Bettruhe einhalten soll. Bei Bedarf werden stärkere Medikamente zur Schmerzlinderung verschrieben und bei chronischen Rückenschmerzen ein gezieltes Rehabilitationstraining, Entspannungsübungen und gegebenenfalls eine Psychotherapie empfohlen. Der Arzt oder die Ärztin bespricht außerdem, wie sich Rückenschmerzen künftig vermeiden lassen: Grundsätzlich empfiehlt es sich, regelmäßig die Rücken- und Bauchmuskulatur zu trainieren. Wer viel sitzt, steht am besten regelmäßig auf und geht einige Schritte. Schwere Lasten sollten möglichst nicht oder nur rückenfreundlich getragen oder gehoben werden. Außerdem sollte man Zugluft vermeiden und den Rücken warm halten.
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