Sicher helfen: Wie hilft man bei einem Verkehrsunfall?
Achtung: Dieser Text bietet lediglich einen Überblick über Erste-Hilfe-Maßnahmen. Er ersetzt keinen Erste-Hilfe-Kurs. Kursangebote bieten unter anderem das Deutsche Rote Kreuz, die Malteser, die Johanniter und der Arbeiter-Samariter-Bund.
Sie fahren mit dem Auto auf einer schneebedeckten Landstraße entlang. Hinter der nächsten Kurve müssen sie abbremsen. Am rechten Straßenrand steht ein stark beschädigtes Fahrzeug; es scheint gegen einen Baum gefahren zu sein. Der Fahrer befindet sich bewusstlos hinter dem Steuer.
Was ist los?
Der Mann hatte einen Autounfall. Die Ursachen hierfür sind ganz unterschiedlich: zu schnelles Fahren, Alkohol- oder Drogenkonsum, Missachtung der Verkehrsregeln, mangelhafte Fahrzeuge oder schlechte Straßen- oder Witterungsverhältnisse.
Warum ist das gefährlich?
Die Bandbreite an möglichen Verletzungen ist groß. Sie reicht von leichten Prellungen bis hin zu lebensgefährlichen Läsionen mehrerer Körperregionen. Einige sind typisch für einen bestimmten Unfallhergang. Beim Frontalaufprall stoßen die Schienbeine des Fahrers gegen das Armaturenbrett. Die einwirkende Kraft überträgt sich über das Kniegelenk und den Oberschenkelknochen auf Hüftgelenk, Becken und Wirbelsäule. Dadurch können die Knochen brechen. Zusätzlich können das hintere Kreuzband im Knie reißen und das Hüftgelenk auskugeln. Werden Fußgänger angefahren, bricht ihr Schienbein durch den Aufprall der Stoßstange keilförmig. Im Jahr 2021 hat die Polizei in Deutschland 2,3 Millionen Verkehrsunfälle registriert. Dabei wurden rund 323 000 Menschen verletzt, mehr als gut 2500 starben. Weltweit verunglücken jedes Jahr 1,3 Millionen Menschen durch Verkehrsunfälle tödlich. Besonders Fußgänger, Radfahrerinnen und Motorradfahrer sind gefährdet.
Sicher helfen
Erste Hilfe rettet Leben. Wenn jemand in eine medizinische Notsituation gerät, sind wir deshalb alle verpflichtet, zu helfen. Trotzdem zögern viele Menschen im Ernstfall, oft aus Angst vor Fehlern. Diese Unsicherheit muss aber nicht bleiben. In unserer Serie »Sicher helfen« erklären wir, was im Notfall zu tun ist: Wie erkennt man eine Vergiftung? Welche Informationen braucht der Notruf? Und wann muss man reanimieren?
Wie kann man helfen?
Auch wenn man unsicher oder ängstlich ist: Entscheidend ist, dass man stehen bleibt und hilft. Als Erstes muss der Unfallort abgesichert werden – noch bevor man den Notruf wählt. Andernfalls könnten im schlimmsten Fall andere Verkehrsteilnehmer in die Unfallstelle hineinrasen. Wer mit dem Auto unterwegs ist, stellt das Fahrzeug mindestens zehn Meter von der Unfallstelle entfernt ab, ohne den Verkehr zu behindern, und schaltet die Warnblinkanlage ein. Dann zieht man die Warnweste über und stellt das Warndreieck auf. In der Stadt steht es 50 Meter vor der Unfallstelle, auf der Landstraße 100 Meter und auf der Autobahn 150 bis 200 Meter davor. Bei kurvigen und hügeligen Wegen ist das Warndreieck vor der Kurve oder der Bergkuppe aufzustellen. Dabei läuft man am Fahrbahnrand oder hinter der Leitplanke entlang. Mit Gesten signalisiert man vorbeifahrenden Autos, langsamer zu fahren oder anzuhalten, wenn noch weitere Hilfe benötigt wird. Sind mindestens zwei Helfende vor Ort, kann eine Person die Absicherung übernehmen, während die andere den Notruf 112 wählt.
Wenn die Rettungskräfte alarmiert sind, werden die Verletzten versorgt. Befinden sie sich noch in einem Fahrzeug, sollte man zunächst die Atmung prüfen und die Gefahrenlage einschätzen. Grundsätzlich sollte eine Bergung durch den Rettungsdienst und nach vorheriger Immobilisation der Wirbelsäule erfolgen, um mögliche Wirbelsäulenverletzungen nicht zu verschlimmern. Muss die Person jedoch reanimiert werden oder entwickelt sich ein Brand am Fahrzeug, ist schnelles Handeln gefragt. Dann sollte man womöglich nicht auf das Eintreffen der Rettungskräfte warten, sondern den Betroffenen vorsichtig mit einem Rettungsgriff herausziehen, dem Rautek-Griff. Zunächst öffnet man die Autotür und spricht die Person an. Dann schaltet man die Zündung des Fahrzeugs aus und löst den Sicherheitsgurt. Zudem sollte man aufpassen, dass die Füße des Verletzten nicht eingeklemmt sind. Wurde der Airbag nicht aktiviert, sollten Helfende nicht zwischen das Armaturenbrett und die Person geraten. Er könnte nachträglich noch auslösen und gefährliche Verletzungen verursachen. Nun umfasst man den Verletzten auf Höhe der Sitzfläche von hinten und dreht den Rücken zu sich. Einen Unterarm der Person legt man vor ihren Bauch. Dann greift man durch ihre Achselhöhlen nach dem Unterarm. In dieser Position zieht man sie vom Sitz herunter – zuerst auf den eigenen Oberschenkel und dann aus der Gefahrenzone. Motorradfahrerinnen und -fahrern nimmt man vorsichtig den Helm ab.
Den Motorradhelm richtig abnehmen
Grundsätzlich sollten vorzugsweise professionelle Rettungskräfte einem verunglückten Motorradfahrer oder einer – fahrerin den Helm abnehmen. Bis die Rettungshelfer eintreffen, sollte man die Atmung des Betroffenen kontrollieren. Im Falle einer Bewusstlosigkeit des Verunglückten, kann man selbst eingreifen. Um mögliche Verletzungen der Halswirbelsäule nicht aus Versehen zu verschlimmern, sollte man dabei äußert vorsichtig vorgehen. Im Idealfall sind zwei Helfende beteiligt. Einer kniet am Kopfende und umfasst mit beiden Händen den Kopf und den Unterkiefer. Der Zweite positioniert sich seitlich daneben. Er schiebt das Visier des Helms hoch, löst den Kinnriemen, macht den Mundbereich frei und entfernt, falls vorhanden, Brille und Schal. Nun übernimmt er die Stabilisierung des Kopfes, indem er den Kopf und Nacken von unten kommend mit zwei Händen stützt. Danach nimmt der erste Helfende den Helm nach oben ziehend ab. Anschließend hält er den Kopf wieder von oben aus fest. Der Zweite öffnet den Mund des oder der Betroffenen und entfernt sichtbare Fremdkörper. Dann überprüft sie die Atmung. Ist diese vorhanden, wird die Person vorsichtig in die stabile Seitenlage gebracht. Dabei achtet der erste Helfer darauf, dass der Kopf ausreichend stabilisiert ist, und dreht sie vorsichtig mit. Je nach Helmtyp muss das Vorgehen leicht abgewandelt werden.
Steht keine weitere Hilfe zur Verfügung, kann man den Helm auch allein entfernen. Dazu kniet man seitlich neben dem Kopf und klappt zunächst das Visier hoch, macht den Mundbereich frei und löst den Kinnriemen. Dann wechselt man ans Kopfende und zieht den Helm mit beiden Händen so weit ab, dass der Hinterkopf mit einer Hand gestützt werden kann. Der Kopf wird nun vorsichtig auf den Boden gelegt. Wenn der Helm entfernt wurde, geht es zurück auf die erste Position. Beim Wechsel wird der Kopf weiterhin festgehalten. Fremdkörper im Mund werden entfernt, die Atmung kontrolliert und die betroffene Person in die stabile Seitenlage gebracht.
Nun kümmert man sich zunächst um die schwerwiegendsten Verletzungen. Wer medizinische Handschuhe besitzt, trägt diese. Blutende Wunden können gestillt werden, indem man das betroffene Körperteil nach Möglichkeit hochlagert und einen Verband anlegt, der Druck auf die Wunde ausübt. Weil eventuell schwere innere Verletzungen bestehen, sollte die betroffene Person möglichst wenig bewegt werden. Ist sie ansprechbar und bei Bewusstsein, beruhigt man sie und deckt sie mit einer Rettungsdecke zu, damit sie nicht unterkühlt. Atmet sie normal, bringt man sie in die stabile Seitenlage. Ist die Atmung nicht normal oder fehlt vollständig, muss wiederbelebt werden.
Wie geht es weiter?
Die eintreffenden Rettungskräfte verschaffen sich einen Überblick über die Situation. Ist die Unfallstelle ausreichend abgesichert, untersuchen sie die Verletzten. Hierbei prüfen sie, welche Körperregionen Schaden genommen haben und wie schwer die Verletzungen sind. Außerdem kontrollieren sie Kreislauf und Atmung der Betroffenen. Lebensgefährliche Verletzungen behandeln sie zuerst. Nach der Erstversorgung werden die Verunfallten zügig in ein geeignetes Krankenhaus gebracht.
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