Sicher helfen: Wie hilft man bei einer allergischen Reaktion?
Achtung: Dieser Text gibt lediglich einen Überblick über Erste-Hilfe-Maßnahmen. Er ersetzt keinen Erste-Hilfe-Kurs. Kursangebote bieten unter anderem das Deutsche Rote Kreuz, die Malteser, die Johanniter, der Arbeiter-Samariter-Bund und auch viele private Ausbildungsstellen in ganz Deutschland an.
Eine Freundin ist zum Kaffeetrinken zu Besuch. Sie bieten ihr selbst gebackene Plätzchen einer Bekannten an, die sie freudig probiert. Nach ein paar Minuten muss sie sich wiederholt räuspern und husten. Ihr Gesicht ist gerötet.
Was ist los?
Womöglich sind Nüsse im Gebäck, gegen die die Frau allergisch ist. Bei einer allergischen Reaktion stuft das Immunsystem eigentlich harmlose Stoffe als bedrohliche Fremdkörper ein, die es zu attackieren gilt. Über 30 Prozent der Erwachsenen und gut 20 Prozent der Kinder in Deutschland leiden an mindestens einer allergischen Erkrankung. Einige davon können potenziell schwere allergische Symptome hervorrufen, anaphylaktische Reaktion genannt: Typische Auslöser dafür sind bei Erwachsenen Insektengifte von einem Wespen- oder Bienenstich, Medikamente wie Schmerzmittel und Antibiotika oder Lebensmittel wie Nüsse oder Äpfel. Kindern bereiten am häufigsten Nahrungsmittel wie Erdnüsse oder Eier starke Beschwerden.
Die anaphylaktische Reaktion verläuft unterschiedlich schwer und betrifft auch Körperstellen, die keinen direkten Kontakt mit dem auslösenden Allergen hatten. Die ersten Symptome fallen schon nach kurzer Zeit auf: Bei einer leichten Reaktion schwillt die Haut an und bildet Quaddeln, wird rot oder juckt. Zusätzlich läuft die Nase und tränen die Augen. Reagiert der Körper stärker, wird die Stimme heiser und das Atmen fällt schwerer, der Blutdruck sinkt leicht ab und das Herz schlägt schneller. Außerdem können Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen und Schmerzen auftreten sowie ein verstärkter Stuhl- und Harndrang. Die Betroffenen werden unruhig oder haben Angst, verlieren vielleicht das Bewusstsein oder entwickeln einen Krampfanfall.
Sicher helfen
Erste Hilfe rettet Leben. Wenn jemand in eine medizinische Notsituation gerät, sind wir deshalb alle verpflichtet, zu helfen. Trotzdem zögern viele Menschen im Ernstfall, oft aus Angst vor Fehlern. Diese Unsicherheit muss aber nicht bleiben. In unserer Serie »Sicher helfen« erklären wir, was im Notfall zu tun ist: Wie erkennt man eine Vergiftung? Welche Informationen braucht der Notruf? Und wann muss man reanimieren?
Warum ist das gefährlich?
Schwellen die Atemwege so stark an, dass die Atmung behindert ist, wird es gefährlich. Im Extremfall entwickelt sich ein lebensbedrohlicher anaphylaktischer Schock. Dieser zeichnet sich durch einen Blutdruckabfall, Bewusstlosigkeit, Atemnot und Kreislaufversagen aus. Die Betroffenen werden dann blass, kaltschweißig und ihnen wird schwindlig. Selbst wenn die anaphylaktische Reaktion zunächst erfolgreich behandelt wurde, ist Vorsicht geboten: Manchmal kehren die Symptome nach einigen Stunden zurück.
Wie kann man helfen?
Wer eine schwere allergische Reaktion beobachtet oder vermutet, muss sofort den Rettungsdienst rufen. Aber auch, wenn eine starke Allergie bekannt ist und noch keine oder nur leichte Symptome aufgetreten sind, soll man unmittelbar nach dem Kontakt mit dem Allergen den Notruf 112 alarmieren. Dann gilt es, selbst Ruhe zu bewahren und die betroffene Person zu beruhigen. Sichtbare Auslöser wie einen Bienenstachel in der Haut entfernt man sofort. Ist die Person ansprechbar, fragt man, ob sie ein Allergie-Notfallset mit Medikamenten dabei hat. Darin befinden sich ein entzündungshemmendes Antihistaminikum, ein Kortisonpräparat sowie ein Adrenalin-Autoinjektor: eine Art Fertigspritze, die bei schweren Reaktionen seitlich in den Oberschenkel injiziert wird. Zusätzlich kann ein Spray gegen Atemnot enthalten sein. Genauere Informationen darüber, welche Präparate in welcher Dosierung Teil des individuellen Notfallsets sind und wie man im Notfall hilft, sind im mitgeführten Allergiepass vermerkt.
Steht kein Notfallset zur Verfügung, hilft man je nach vorliegenden Beschwerden. Bei Atemproblemen setzt man die Person mit erhöhtem Oberkörper auf und lockert enge Kleidung im Hals- und Brustbereich. Bestehen hingegen Kreislaufschwierigkeiten, legt man sie flach hin und lagert die Beine hoch. Schwellungen der Haut kann man mit Eis oder Kühlpacks lindern, die in ein Tuch gewickelt sind. Ist der Mundraum betroffen, gibt man dem Betreffenden Speiseeis oder Eiswürfel zum Lutschen. Außerdem überprüft man regelmäßig Bewusstsein und Atmung. Atmet eine bewusstlose Person normal, bringt man sie in die stabile Seitenlage. Ist die Atmung dagegen nicht normal oder fehlt, beginnt man sofort mit der Wiederbelebung.
Wie geht es weiter?
Falls möglich, entfernen die Rettungskräfte den auslösenden Stoff und lagern die Person je nach vorhandenen Beschwerden. Sie überprüfen Atmung und Kreislauf und reanimieren, falls notwendig. Dann verabreichen sie Kortison und Antihistaminika sowie bei Atem- oder Kreislaufbeschwerden Adrenalin, Sauerstoff und Flüssigkeit. Bei schweren allergischen Reaktionen werden die Betroffenen im Krankenhaus überwacht, bis die Beschwerden abgeklungen sind. Wenn die anaphylaktische Reaktion zum ersten Mal aufgetreten ist, geben die Mediziner dem Patienten ein Notfallset mit Medikamenten mit, das dieser möglichst immer bei sich tragen sollte. Außerdem werden die Allergie, die Notfallmedikamente und ihre Dosierungen im Anaphylaxie-Notfallpass vermerkt. Was im Ernstfall zu tun ist, erklären und zeigen die Fachkräfte ihren Patienten und den Angehörigen.
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