Sicher helfen: Wie hilft man bei Knochenbrüchen?
Achtung: Dieser Text bietet lediglich einen Überblick über Erste-Hilfe-Maßnahmen. Er ersetzt keinen Erste-Hilfe-Kurs. Kursangebote bieten unter anderem das Deutsche Rote Kreuz, die Malteser, die Johanniter, der Arbeiter-Samariter-Bund und auch viele private Ausbildungsstellen in ganz Deutschland an.
Über Nacht ist es richtig kalt geworden. Vorsichtig laufen Sie auf dem spiegelglatten Gehweg. Vor Ihnen tritt eine ältere Frau aus einem Hauseingang und möchte eine kleine Treppe hinuntergehen. Als sie den ersten Schritt macht, rutscht sie aus und stürzt schwer. Mit schmerzverzerrtem Gesicht fasst sie sich an die Hüfte.
Was ist los?
Wahrscheinlich hat die Frau einen Oberschenkelhalsbruch erlitten, eine typische Verletzung bei älteren Menschen mit Knochenschwund. Medizinisch spricht man auch von einer Fraktur. Erwachsene haben rund 206 Knochen, Säuglinge mehr als 300 Knochen und Knochenteile, die sich teils weiterentwickeln und noch nicht vollständig zu einer Einheit zusammengewachsen sind. Theoretisch kann jeder Knochen brechen, doch einige Frakturen passieren besonders häufig: Dazu zählen neben der Oberschenkelhalsfraktur der Speichenbruch am Handgelenk sowie Brüche des Oberarmknochens, der Lendenwirbelsäule und des Beckenrings. Bei einem Sturz auf die Hand kann typischerweise die Speiche im Unterarm brechen. Klassische Sportverletzungen sind Schien- oder Wadenbeinbrüche und Verletzungen der Fußknochen. Normalerweise brechen Knochen unter starker Belastung und Krafteinwirkung. Bei Menschen mit Knochentumoren, bestimmten Krebserkrankungen oder Knochenschwund können Knochen allerdings bereits bei geringeren Belastungen brechen.
Man erkennt einen Bruch sicher daran, dass der Körperteil ungewöhnlich beweglich ist oder sich in einer unnatürlichen Stellung befindet. Außerdem knirscht und reibt er bei Bewegung. Manchmal sind Wunden oder sogar Knochenteile sichtbar. Dann spricht man von einem offenen Bruch. Keine sicheren Zeichen für eine Fraktur sind hingegen Schwellungen und Blutergüsse, Schmerzen mit Bewegungseinschränkungen und eine Schonhaltung. Sie könnten auch auf eine Prellung oder Verstauchung zurückgehen.
Sicher helfen
Erste Hilfe rettet Leben. Wenn jemand in eine medizinische Notsituation gerät, sind wir deshalb alle verpflichtet, zu helfen. Trotzdem zögern viele Menschen im Ernstfall, oft aus Angst vor Fehlern. Diese Unsicherheit muss aber nicht bleiben. In unserer Serie »Sicher helfen« erklären wir, was im Notfall zu tun ist: Wie erkennt man eine Vergiftung? Welche Informationen braucht der Notruf? Und wann muss man reanimieren?
Warum ist das gefährlich?
Je nachdem, welcher Knochen gebrochen ist, können umliegende Gewebe, Nerven und Blutgefäße bis hin zu inneren Organen verletzt werden. Im schlimmsten Fall treten starke Blutungen auf, die zu einem Kreislaufschock führen. Offene Brüche bergen zudem das Risiko einer Infektion. Heilen die Verletzungen nicht vollständig, können Schmerzen und Funktionsstörungen bleiben.
Nach Knochenbrüchen der Extremitäten, vor allem der Unterschenkel, können Blutungen, Schwellungen oder zu enge Verbände Muskeln, Nerven und Gefäße einengen. Dadurch wird der Körperteil schlechter durchblutet und nimmt Schaden. Dieses so genannte Kompartmentsyndrom ist ein Notfall, der sofort operiert werden muss. Dabei wird in manchen Fällen sogar eine Amputation notwendig. Wenn ein großer Teil des betroffenen Muskelgewebes zu Grunde geht, leiden außerdem die Nieren, was im schlimmsten Fall ein akutes Nierenversagen auslösen kann.
Wie kann man helfen?
Grundsätzlich überprüft man zuerst Bewusstsein und Atmung der betroffenen Person und behandelt lebensgefährliche Verletzungen. Bei einem Kreislaufschock, starken Blutungen oder wenn wiederbelebt werden muss, ruft man umgehend den Notruf, 112. Aber auch bei kreislaufstabilen Personen mit mehreren Knochenbrüchen oder wenn Schädel, Oberarm, Oberschenkel oder Becken gebrochen sind, benachrichtigt man den Rettungsdienst. Sind einzelne kleinere Knochen verletzt, kann man sonst unversehrte Personen nach der Erstversorgung zu einem Arzt oder einer Ärztin oder in eine unfallchirurgische Ambulanz begleiten.
Helfende sollten gebrochene Glieder möglichst nicht oder nur wenig bewegen und keinesfalls versuchen, sie einzurenken. Bei offenen Brüchen bedeckt man die Wunde mit einer keimfreien Wundauflage. Ist der Bruch geschlossen, kühlt man die Stelle. Das lindert Schmerzen und Schwellungen. Allerdings sollte der Betroffene nicht unterkühlen. Den verletzten Körperteil polstert man mit Decken oder Kissen; beengende Kleidungsstücke sowie Schmuck werden entfernt oder gelockert. Dabei achtet man auf die Bedürfnisse und Schmerzen der betroffenen Person.
Wie geht es weiter?
Zuerst kümmern sich die eintreffenden Rettungskräfte um lebensgefährliche Probleme wie starke Blutungen, einen instabilen Kreislauf oder Atembeschwerden und reanimieren, falls nötig. Ist Arm oder Bein gebrochen, überprüfen die Einsatzkräfte am Unfallort dessen Durchblutung, wie beweglich der Körperteil ist und ob die verletzte Person hier Berührungen spürt. Dadurch erkennen die Rettungskräfte frühzeitig, ob Nerven oder Blutgefäße verletzt sind. Sind die Knochenfragmente grob verschoben, wird die Extremität unter ausreichender Schmerzlinderung vorsichtig in eine normale Stellung gebracht, um Schäden der umgebenden Weichteile zu verringern. Wirbelsäulenbrüche dürfen nicht eingerenkt werden.
Die verletzte Person erhält Schmerzmittel und bei offenen Brüchen eventuell vorab Antibiotika zum Schutz vor Infektionen. Die Einsatzkräfte reinigen verschmutzte Wunden und decken diese anschließend steril ab. Dann schienen sie die verletzte Extremität oder fixieren die Person in einer speziellen Vakuummatratze und transportieren sie ins Krankenhaus. Dort fertigen Mediziner ein Röntgenbild an, um den Bruch nachzuweisen und die geeignete Behandlung einzuleiten. Geschlossene Brüche ohne verschobene Knochenstücke werden mit einem Verband ruhig gestellt. Offene Frakturen, schwere Verletzungen der umliegenden Weichteile oder verschobene Knochenfragmente müssen operativ versorgt werden.
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