Sicher helfen: Wie hilft man bei Verschlucken?
Achtung: Dieser Text bietet lediglich einen Überblick über Erste-Hilfe-Maßnahmen. Er ersetzt keinen Erste-Hilfe-Kurs. Kursangebote bieten unter anderem das Deutsche Rote Kreuz, die Malteser, die Johanniter und der Arbeiter-Samariter-Bund.
Ein Freund kommt mit seinem zweijährigen Sohn zu Besuch. Während Sie sich unterhalten, spielt das Kind ruhig auf dem Boden. Auf einmal hustet und würgt es und fängt an zu weinen.
Was ist los?
Der Junge hat sich verschluckt. Fachleute sprechen von einer Aspiration. Dabei blockiert ein Fremdkörper teilweise oder selten auch komplett die Atemwege. Oft sind Kinder zwischen sechs Monaten und vier Jahren betroffen, Jungen häufiger als Mädchen. Nahrungsmittel wie Nüsse, Spielzeugteile und Alltagsgegenstände wie kleine Batterien und Magneten werden besonders häufig verschluckt. Aber auch ältere Menschen mit einer Schluckstörung, etwa nach einem Schlaganfall, Bewusstlose sowie Personen nach Alkohol- oder Drogenkonsum sind gefährdet.
Typisch sind plötzlich einsetzende Hustenattacken, Luftnot und ein pfeifendes Geräusch beim Ein- oder Ausatmen; manchmal stoppt die Atmung komplett. Zusätzlich entwickeln einige Personen einen Würgereiz und erbrechen sich, außerdem kann sich ihr Gesicht blau oder rot verfärben. Manche verschlucken sich, ohne direkt etwas zu spüren. Wenn der Fremdkörper erst nach Tagen oder sogar nach Wochen und Monaten Beschwerden macht, spricht man von einer subakuten oder einer chronischen Aspiration. Diese Formen gehen mit chronischem Husten, Atemnot, Fieber, Brustschmerzen und Auswurf einher und ähneln einem Atemwegsinfekt.
Warum ist das gefährlich?
Wird der Fremdkörper nicht entfernt, kann sich eine Lungenentzündung entwickeln. Werden die Atemwege vollständig blockiert, drohen die Betroffenen zu ersticken. Dann besteht Lebensgefahr: Bereits nach weniger als fünf Minuten führt der Sauerstoffmangel zu zu irreparablen Schäden im Gehirn; nach etwa zehn Minuten kommt es zum Hirntod. Bis zu 3,4 Prozent der Kinder, die auf Grund einer Aspiration im Krankenhaus behandelt werden müssen, sterben.
Sicher helfen
Erste Hilfe rettet Leben. Wenn jemand in eine medizinische Notsituation gerät, sind wir deshalb alle verpflichtet, zu helfen. Trotzdem zögern viele Menschen im Ernstfall, oft aus Angst vor Fehlern. Diese Unsicherheit muss aber nicht bleiben. In unserer Serie »Sicher helfen« erklären wir, was im Notfall zu tun ist: Wie erkennt man eine Vergiftung? Welche Informationen braucht der Notruf? Und wann muss man reanimieren?
Wie kann man Erwachsenen helfen?
Kann der oder die Betroffene noch sprechen, atmen und husten, bittet man ihn oder sie, kräftig zu husten. Wenn das Husten erfolglos bleibt oder nicht mehr möglich ist, schlägt man der nach vorn gebeugten Person höchstens fünfmal auf den Rücken zwischen die Schulterblätter, um den Fremdkörper aus den Atemwegen zu befreien. Nach jedem Schlag wird kontrolliert, ob dieser sich bereits gelöst hat. Sollte die Maßnahme keine Wirkung zeigen, ist der Notruf 112 zu alarmieren. Bis die Fachkräfte ankommen, sollte die betroffene Person weiterhin beruhigt und beobachtet werden. Droht sie zu ersticken, wendet man den so genannten Heimlich-Handgriff an. Dazu stellt man sich hinter die Person und legt beide Arme von hinten um den Bauch, während sie sich nach vorne beugt. Eine Hand wird zur Faust geballt und unterhalb des Brustbeins und oberhalb des Bauchnabels im Oberbauchbereich positioniert. Dann umfasst man die Faust mit der anderen Hand und zieht sie bis zu fünfmal zu sich nach hinten und oben. Falls die Atemwege immer noch nicht frei sind, werden die Rückenschläge und die Oberbauchkompression so lange im Wechsel wiederholt, bis die Fachkräfte eintreffen oder der Fremdkörper beseitigt ist. Wird die Person bewusstlos und atmet nicht mehr normal, muss sofort mit der Wiederbelebung begonnen werden.
Steht den Körperzellen über mehrere Minuten nicht genügend Sauerstoff zur Verfügung, droht man zu ersticken. Die Ursachen sind vielfältig: Bei einer äußeren Erstickung kommt zu wenig Sauerstoff in die Lunge. Neben Fremdkörpern in den Atemwegen können dafür unter anderem eine sauerstoffarme Umgebungsluft in großer Höhe oder ein geschwollener Mund- und Rachenraum nach Insektenstichen verantwortlich sein. Außerdem kommt es zur äußeren Erstickung, wenn Hals oder Brustkorb von außen zugedrückt werden. Bei der inneren Erstickung ist der Sauerstoffgehalt im Blut zu niedrig. Ursächlich kann eine Kohlenmonoxid- oder eine Blausäurevergiftung sein. Infektiöse Erkrankungen wie Pseudokrupp bei Kindern können ebenfalls Erstickungsbeschwerden verursachen. Die Erstickung läuft in mehreren Stadien ab, die insgesamt vier bis zehn Minuten dauern: Zunächst verspüren die Betroffenen Atemnot und ihr Herzschlag beschleunigt sich. Dann fällt der Sauerstoffgehalt im Körper ab, der Blutdruck steigt an und die Herzfrequenz wird niedrig. Zusätzlich verlieren die Erstickenden das Bewusstsein. Kurze Zeit später hören sie auf zu atmen, ihr Herz schlägt nun wiederum schneller. In der letzten Phase atmen sie unregelmäßig mit einzelnen langen, tiefen Atemzügen und langen Atempausen. Außerdem können Herzrhythmusstörungen auftreten.
Wie kann man Kleinkindern und Kindern helfen?
Wenn ein Kind sich verschluckt, sollten Erwachsene es bei vorgebeugtem Oberkörper halten und zunächst zum Husten ermuntern. Dieser ist effektiv, wenn das Kind laut hustet und davor einatmet, weint, schreit sowie wach und ansprechbar ist. Hat es hingegen keine Stimme mehr und hustet nur leise, ist er nicht effektiv. Dann ist schnelles Handeln gefragt: Ist das Kind bei Bewusstsein, schlägt man ihm bis zu fünfmal zwischen die Schulterblätter. Kindern über einem Jahr verabreicht man Rückenschläge, indem man sie mit dem Bauch über das eigene Knie legt. Dabei stützt man den Kopf mit einer Hand und lagert ihn nach unten. Größere Kinder beugt man, ähnlich wie Erwachsene, nach vorne. Falls das nicht ausreicht, kniet oder steht man hinter ihnen und führt den Heimlich-Handgriff aus. Bei Bewusstlosigkeit muss sofort reanimiert werden.
Wie kann man Säuglingen helfen?
Säuglinge sollte man hochnehmen und mit einem Arm auf dem Bauch halten. Der Kopf wird mit einer Hand am Kiefer gestützt, ohne dass dabei Druck auf den Hals ausgeübt wird. Er zeigt nach unten. Nun schlägt man mit dem Handballen auf die Rückenmitte, um den Fremdkörper zu lösen. Helfen die Rückenschläge bei Säuglingen nicht weiter, muss man auf den Brustkorb der Säuglinge drücken, also eine Thoraxkompression durchführen. Hierfür dreht man sie mit dem Kopf nach unten auf den Rücken, wobei sie auf einem Arm liegen, und ihr Kopf mit einer Hand gesichert ist. Nun drückt man mit zwei Fingern der freien Hand fünfmal in die Mitte des Brustbeins, etwas stärker und langsamer als bei der Herzdruckmassage. Das Heimlich-Manöver ist nur bei Kindern über einem Jahr auszuführen, bei Jüngeren ist die Verletzungsgefahr zu groß. Im Anschluss sollte ein Kinderarzt oder eine Kinderärztin den Säugling untersuchen.
Wie geht es weiter?
Haben weder Rückenschläge noch das Heimlich-Manöver die Atemwege befreit, stehen den Fachleuten verschiedene Optionen zur Verfügung: Einen Fremdkörper, der sehr weit oben in der Luftröhre feststeckt, können sie mit einer speziellen Zange entfernen, während sie dabei den Kehlkopf spiegeln. Alternativ können sie den Fremdkörper tiefer in die Atemwege befördern, indem sie die Person mit hohem Druck beatmen. Dadurch sollen die großen Atemwege geöffnet werden, sodass die lebensbedrohliche Situation gebannt ist. Anschließend entfernen Medizinerinnen und Mediziner den Fremdkörper bei einer Lungenspiegelung im Krankenhaus.
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