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Weichrobotik: Silikon und Alkohol für künstliche Muskeln

Künstliche Muskeln für Roboter sind meist nicht sonderlich praktikabel. Nun gibt es eine Alternative. Die ist zwar auch nicht viel praktikabler, dafür aber ganz schön pfiffig.
Muskel aus Silikon und Alkohol

Weich und verformbar, doch stark genug, um schwere Lasten zu heben, wenn es darauf ankommt. Das sind die Grundanforderungen an künstliche Muskeln, die eines Tages die Elektromotoren und hydraulischen Aktuatoren gängiger Roboter ersetzen könnten. Im Idealfall entsteht ein »soft robot«, ein Weichroboter, der sich wie ein Oktopus durch kleinste Lücken quetschen kann, weil keines seiner Bauteile starr und sperrig ist.

Leider kranken viele Weichroboter-Prototypen daran, dass sie zwar über weiche Muskeln verfügen, gleichzeitig jedoch auf herkömmliche, unflexible Komponenten angewiesen sind. Beispielsweise einen Kompressor, der die Pressluft für ihre Pneumatik liefert.

Der künstliche Muskel, den ein Forscherteam im Journal »Nature Communications« präsentiert, ist diesen älteren Ansätzen in mehrfacher Hinsicht überlegen: Er ist mit wenigen Cent pro Gramm extrem günstig in der Herstellung, das Material kann sich stark ausdehnen und hält dennoch wie gefordert starken Belastungen stand. Zudem benötigt er mit Ausnahme eines dünnen Stromkabels und einfacher Stromversorgung keine weiteren Anschlüsse.

© Aslan Miriyev/Columbia Engineering
Muskel aus Silikon und Alkohol

Allerdings hat sich das Team um Hod Lipson von der Columbia University in New York diese Vorteile mit einigen Nachteilen erkauft: Erstens muss ihr Muskel für das Anspannen jedes Mal auf knapp 80 Grad Celsius erhitzt werden, was wiederum (zweitens) erhebliche Zeit in Anspruch nimmt. Ein Roboter mit solchen Muskeln könnte es sich folglich nur im (langsamen) Schneckentempo vorwärtsbewegen.

Interessant ist aber, wie die Forscher ihren Muskel ausgebaut haben, tatsächlich sind dazu nur Allerweltsmaterialien nötig: Sie vermischen eine Silikonmasse mit reinem Alkohol und gießen daraus einen Muskel gewünschter Form, in den ein Heizdraht eingebettet wird. Alternativ lässt sich die Silikon-Alkohol-Masse auch dreidimensional drucken. Im ausgehärteten Produkt ist der Alkohol in winzigen Bläschen eingeschlossen. Erhitzt man den Muskel mit Hilfe des Drahts, beginnt der Alkohol im Innern seiner Bläschen zu verdampfen und dehnt diese – und damit das Silikon – aus. Kühlt das Material ab, zieht es sich wieder zusammen. Zum Aufheizen genügen beispielsweise acht Volt und ein Ampere. So kann ein Gramm Muskel mehr als 1000 Gramm Gewicht heben.

In einem Video demonstrieren die Forscher die Herstellung des Muskels, für den sie sich zahlreiche Einsatzgebiete ausgedacht haben. So lässt sich daraus beispielsweise auch ein Greifer konstruieren, der empfindliche Objekte sanft packt.

Mit mehreren eingebetteten Heizdrähten lasse sich das Aufheizen deutlich beschleunigen, erklären die Forscher. Gut wärmeleitende Materialien im Silikon könnten die Muskelbewegung zusätzlich auf Trab bringen. Das aktuell noch langsame Abkühlen könnte mit einer Wasserkühlung beschleunigt werden, oder man nutzt einen zweiten Muskel, der dem ersten entgegenarbeitet. Und auch sonst lässt sich die Effizienz der ganzen Konstruktion vermutlich noch weiter steigern. So tüftelt das Team derzeit an einer Hülle, die verhindert, dass der Alkohol innerhalb kürzester Zeit von selbst verdunstet. Dann nämlich ist der Muskel nicht mehr zu gebrauchen und kann entsorgt werden. Das aber immerhin dank umweltfreundlicher Materialien relativ problemlos.

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