News: Silizium für coole Chips
Die Erhöhung der Wärmeleitung in SISSI beruht auf dem Effekt, dass Phononen, die quantisierten Schwingungen des Kristallgitters, durch Fluktuationen der Atommassen gestreut werden. Solche Massenschwankungen treten in den meisten natürlichen Kristallen auf, da diese aus einer Mischung verschiedener stabiler Isotope zusammengesetzt sind. Die Unterdrückung der Phononenstreuung in isotopenangereicherten Kristallen führt zu einer verbesserten Wärmeleitung, die sehr groß sein kann. So reicht zum Beispiel die Entfernung der knapp 8 Prozent "Isotopenstörstellen", die in natürlichem Silizium enthalten sind, in dem nominell isotopenreinen SISSI-Kristall (tatsächlicher Anreicherungsgrad: 99,8588 Prozent 28Si), der von der Stuttgarter Gruppe untersucht wurde, aus, um die Wärmeleitung fast eine Größenordnung zu verbessern. Die Erhöhung der Wärmeleitung in SISSI ist temperaturabhängig, da es auch noch andere Mechanismen der Phononenstreuung gibt, wie zum Beispiel Grenzflächenstreuung (wichtig bei tiefen Temperaturen) oder "Umklapp"-Streuung (wichtig bei hohen Temperaturen).
Die meisten Elemente enthalten beträchtliche Anteile von verschiedenen stabilen Isotopen. Mit dem Ende des Kalten Krieges wurden hochangereicherte und chemisch sehr reine Elemente zu einem Preis zugänglich, der es erlaubt, große Einkristalle mit Massen von mehreren Gramm zu züchten. Während isotopenreine Kristalle zunächst hauptsächlich in der Grundlagenforschung eingesetzt wurden, zeichnen sich nun auch verschiedene Anwendungen ab.
Bereits in der heutigen Mikroelektronik, aber noch wesentlich mehr in Anwendungen, die in der nahen Zukunft eine Rolle spielen werden und die durch noch höhere Integrationsdichten und schnellere Schaltgeschwindigkeiten gekennzeichnet sind, stellen thermische Probleme einen der wichtigsten limitierenden Faktoren für die Funktionsfähigkeit von Bauelementen dar. Besondere Maßnahmen sind erforderlich, um die zum Beispiel in schnellen Mikroprozessoren entstehende Wärme effektiv abzuführen und die Chips vor Selbstzerstörung zu schützen. Auf Grund der verbesserten Wärmeleitung sollte es durch Verwendung von dünnen epitaktischen SISSI-Schichten auf Substraten aus natürlichem Silizium oder von ganzen Substratscheiben (Wafern) aus SISSI wesentlich besser als bisher möglich sein, thermische Probleme in kritischen Bereichen, den so genannten hot spots, von Bauelementen in den Griff zu bekommen.
SISSI stellt einen eleganten Ansatz zur Lösung thermischer Probleme dar, da es verwendet werden kann, ohne die bereits existierende Technologie zu verändern. Andere Anwendungen sind im Bereich der Röntgenoptik denkbar, wo bereits abzusehen ist, dass konventionelle Bragg-Spiegel (große und sehr präzise bearbeitete Einkristalle aus natürlichem Silizium, die zur Lenkung von Röntgenstrahlung verwendet werden) der enormen Wärmebelastung in den sich bereits in der Entwicklung befindenden Röntgenquellen (Synchrotrons) der nächsten Generation nicht mehr gewachsen sein werden. In diesem Bereich und für spezielle Anwendungen in der Mikroelektronik könnte es auch sinnvoll sein, die noch wesentlich größere Wärmeleitungserhöhung von SISSI bei tiefen Temperaturen auszunutzen. Von besonderem Interesse ist dabei die Tatsache, dass der maximale Effekt bei einer Temperatur auftritt, bei der die thermische Ausdehnung von Silizium nahezu Null wird. Dadurch hat SISSI eine ausgezeichnete mechanische Stabilität und ist extrem unempfindlich hinsichtlich Deformationen durch Temperaturschwankungen.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 6.11.1998
"Dem Chip beim Wachsen zusehen"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 19.3.1998
"Fast schon absolut glatt"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich)
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