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Frühmenschen: Sind das Schädelteile vom Denisova-Menschen?

Seit 2010 kennt die Wissenschaft einen neuen Verwandten von Homo sapiens - den Denisova-Menschen. Beschrieben wurde er anhand von Fingerknochen und Zähnen. Gibt es jetzt mehr?
Schädelknochen eines Frühmenschen

Anthropologen schrieben 2010 Geschichte, als sie einen neuen Verwandten des Homo sapiens vorstellten: Anhand der DNA aus einem 40 000 Jahre alten Fingerknochen identifizierten sie den Denisova-Menschen, dessen taxonomische Einordnung aber noch in der Schwebe ist. Neben besagtem Fingerknochen konnte man ihm bislang nur zwei Backenzähne eindeutig zuordnen. Umso größer dürfte deshalb das Interesse an Schädelfragmenten aus China sein, die bisher ebenfalls noch keiner Menschenart zweifelsfrei zugewiesen sind, aber vielleicht sogar von Denisova-Menschen stammen. Der Anthropologe Erik Trinkaus von der Washington University in St. Louis und sein Team möchten dies zumindest nicht ausschließen. Die zwischen 105 000 und 125 000 Jahre alten Fossilien aus der Lingjing-Fundstätte in Xuchang weisen allerdings ein Mosaik unterschiedlicher Eigenschaften auf, was die Zuordnung erschwert.

Die aus den Knochen abgeleitete Schädelgröße lässt darauf schließen, dass ihr Gehirn beispielsweise das gleiche große Volumen hatte wie das später Früh- beziehungsweise früher moderner Menschen. Gleichzeitig besaßen sie bereits etwas feinere Augenbrauenbögen als ihre stammesgeschichtlichen Vorfahren. Ihre niedrige und breite Gehirnschale entspricht jener von frühen Menschenformen aus dem östlichen Eurasien, während sie mit den Neandertalern aus dem westlichen Eurasien ebenfalls zwei Eigenschaften gemeinsam haben: die Gestaltung der Bogengänge und das typische Gefüge der Schädelrückseite. »Die Biologie unserer unmittelbaren Vorfahren im östlichen Teil Eurasiens wird bislang kaum durch menschliche Fossilien abgedeckt«, so Trinkaus. »Diese Schädelfunde aus Xuchang mehren unser Wissen beträchtlich. Sie offenbaren langfristige Entwicklungen in unserer Biologie und wie Populationen über Eurasien hinweg verknüpft waren.«

Leider sind die Schädel unvollständig; und Zähne tauchten in der Lagerstätte bisher nicht auf, so dass ein direkter Vergleich mit dem Denisova-Menschen nicht möglich ist. Ein weiteres Fossil aus China mit ähnlichem Alter weist jedoch ebenfalls die neandertalerartigen Bogengänge sowie große Zähne auf. Es könnte sich also um dieselbe Menschenform handeln. Den genetischen Daten zufolge haben sich der Neandertaler und der Denisova-Mensch vor etwa 400 000 Jahren voneinander getrennt. Einige körperliche Merkmale dürften sie also gemeinsam haben. Zudem pflanzten sie sich wahrscheinlich gelegentlich miteinander fort, ebenso wie Homo sapiens mit Neandertalern und Denisovanern Nachwuchs zeugte. Die Forscher hoffen deshalb, dass sich DNA-Spuren aus den Knochen extrahieren lassen, die letztlich die Zuordnung entscheiden könnten.

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