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Psychologie: Sind Schweden oder Italiener unehrlicher?

In Südeuropa nimmt man es nicht so genau mit der Ehrlichkeit – so lautete zumindest ein gängiges Vorurteil. Forscher widersprechen nun.
Geld zählen

Die Staaten im Süden Europas gelten in den Augen vieler nicht unbedingt als ein Musterbeispiel in Sachen Redlichkeit. Zahlreiche Länder gerieten nicht zuletzt wegen einer "Kultur der Unehrlichkeit" und einer laxen Steuermoral in wirtschaftliche Schieflage, so zumindest die landläufige Meinung. Ein Team um Giulia Andrighetto vom European University Institute in San Domenico di Fiesole, Italien, machte daher nun die Probe aufs Exempel: Sie verglichen Italiener, die sich selbst im Schnitt ebenfalls nicht als besonders vertrauensselig einschätzen, mit Bewohnern Schwedens, die Ehrlichkeit als eine Art Nationaleigenschaft betrachten. Dabei entdeckten sie: Womöglich liegen beide Nationen in puncto Ehrlichkeit gar nicht so weit auseinander, wie immer alle denken.

Die Forscher ließen ihre insgesamt mehr als 600 Versuchsteilnehmer verschiedene Aufgaben erledigen. Je nachdem, wie gut die Probanden darin abschnitten, wurden sie schließlich bezahlt. Nach jedem Versuchsdurchgang mussten die Teilnehmer ihr hinzugewonnenes "Einkommen" eigenständig melden und Steuern davon zahlen, die wiederum allen Probanden gemeinsam zugutekommen würden. Wie im echten Leben bestand dabei eine gewisse Chance, beim "Steuerhinterziehen" entdeckt zu werden. Insgesamt, so das Ergebnis nach acht verschiedenen Durchläufen, neigten die italienischen Teilnehmer in dem Versuch kaum stärker zu Schummeleien als ihre schwedischen Mitprobanden. Während Erstere im Durchschnitt rund 63 Prozent ihrer Gewinne korrekt versteuerten, waren es bei Letzteren gut 66 Prozent. Einen Unterschied entdeckten die Forscher aber bei der Art der Mogeleien: Während die Italiener eher dazu neigten, stetig einen kleinen Anteil ihres Gewinnes zu verschweigen, war es bei den Schweden häufiger eine Alles-oder-Nichts-Entscheidung: Entweder gaben sie ihr gesamtes Geld an – oder aber gleich gar nichts. Andrighetto und ihr Team sehen ihre Ergebnisse als Beleg dafür, dass die angebliche Unehrlichkeit der Italiener eben doch nur ein Vorurteil ist. Dass in Schweden trotzdem mehr Steuern gezahlt werden als in Italien, könnte stattdessen eher damit zusammenhängen, dass die Schweden den Eindruck hätten, für ihr Geld auch mehr zurückzubekommen, so die Theorie der Forscher. Auf der anderen Seite sei den kleinen Schummeleien auch schlechter beizukommen als den großen.

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