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News: Sind Synapsen das Huhn oder das Ei?

Eine Ausbildung macht Menschen nicht nur klüger, sie kann vielleicht auch ganz charakteristische Spuren im Gehirn hinterlassen. In den Hirnen von ehemals hochgebildeten Personen jedenfalls fanden Wissenschaftler mehr Synapsen als bei Menschen mit weniger anspruchsvollen Berufen. Ob nun aber der Beruf für die größere Zahl an Synapsen, oder aber vielleicht deren höhere Zahl für den Beruf verantwortlich ist, können die Forscher noch nicht sagen.
James E. Black vom Beckman Institute for Advanced Science and Technology der University of Illinois und seine russischen Kollegen untersuchten die Gehirne von 16 Verstorbenen, die keine hirnorganischen Schäden aufwiesen. Sie konzentrierten sich dabei auf Gewebeproben aus den obersten Schichten des präfrontalen Cortex, einer Region, die bei komplizierten Denkvorgängen benutzt wird. Mit einem Elektronenmikroskop zählten sie systematisch die Nervenzellen und zwei verschiedene Typen ihrer als Synapsen bezeichneten Verbindungen. Dieselben Synapsen untersuchten sie auch in Proben aus dem an der einfachen visuellen Wahrnehmung beteiligten occipitalen Cortex. Außerdem ordneten die Wissenschaftler mit Hilfe von Familienbefragungen ihre 'Untersuchungsobjekte' anhand des Berufs und des Ausbildungsniveaus in verschiedene Klassen ein.

In den Gehirnen der Personen mit höherem Ausbildungsstand zählten die Wissenschaftler 17 Prozent mehr Synapsen je Nervenzelle als in denen der weniger geschulten Beteiligten. Man geht davon aus, daß durch die Bildung von Synapsen Informationen aus Erfahrungen gespeichert werden. "Die Literatur zu Tierversuchen weist stark darauf hin, daß Erfahrung die Bildung neuer Synapsen auslösen kann", erklärt Black. Dagegen konnten im occipitalen Cortex keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden. Auch die Anzahl des zweiten Synapsentyps änderte sich nicht, woraus die Forscher ableiten, daß womöglich nur bestimmte Sorten von Synapsen von umfangreichen Lernprozessen betroffen sind. Die Wissenschaftler präsentierten ihre vorläufigen Ergebnisse auf der Jahrestagung der Society for Neuroscience vom 23. bis 28. Oktober 1999 in Miami.

Eine Studie von Arnold Scheibel von der University of California in Los Angeles unterstützt diese Resultate. Seinen Ergebnissen zufolge korrelieren das Ausbildungsniveau und die Verzweigung von Nervenzellen in einer anderen Gehirnregion. "Daß Menschen in ihrer gesamten Entwicklung einen enorme Menge an Informationen lernen, gibt guten Grund für die Annahme, daß sie diese Informationen in Form von neuen synaptischen Verknüpfungen zwischen Neuronen speichern", meint Black.

Obwohl die Wissenschaftler in den Gehirnen der Menschen, die einen Beruf mit hohem intellektuellen Anspruch ausübten, mehr Synapsen fanden, können sie daraus nicht ableiten, ob nun durch diesen Anspruch mehr Synapsen gebildet wurden, oder ob Menschen mit einer besseren Vernetzung der Gehirnzellen nicht eher entsprechend herausfordernde Berufe wählen.

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