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Zahlreiche Knochenbrüche: Skelett erzählt vom leidvollen Ritterdasein

In England haben Archäologen die sterblichen Überreste eines Ritters gefunden. Sein Skelett belegt: Häufige Turniere sind gar nicht gut für die Gesundheit.
Turnei

Bei Ausgrabungen auf dem Friedhof der Kathedrale von Hereford sind Archäologen offenbar auf das Grab eines Ritters gestoßen. Das zumindest schließen die Wissenschaftler aus Art und Anzahl der vielfältigen Verletzungen, die der Mann im Laufe seiner 45 Lebensjahre erdulden musste. Kein anderes Individuum auf diesem Friedhof offenbarte derart viele Knochenbrüche.

Grab des mutmaßlichen Ritters |

Die zahlreichen Verletzungen des Mannes deuten darauf hin, dass er dem gefährlichen "Kampfsport" des Ritterturniers nachging.

So hatte er sich insgesamt zehn seiner zwölf rechtsseitigen Rippen gebrochen. Außerdem fanden die Forscher eine Schlagverletzung am rechten Schulterblatt und einen ungewöhnlichen Torsionsbruch am linken Unterschenkel. Die Rippenfrakturen gingen auf mehrere Ereignisse zurück: Bei einer Gelegenheit brachen vier Rippen, bei einer anderen zwei weitere. Diese Verletzungen waren zum Todeszeitpunkt verheilt, die letzten vier brachen jedoch erst kurz vor dem Tod.

Brutale Kriegsspiele vor Zuschauern

Wer so mitgenommen ist, musste wahrscheinlich einem dauerhaft gefährlichen Beruf nachgegangen sein – womöglich dem eines Ritters, meinen die Wissenschaftler um den leitenden Archäologen Andy Boucher. Das Grab ist von Steinplatten gesäumt und lässt sich so auf das 12. bis 14. Jahrhundert datieren. Damals war bei den höfischen Ritterspielen das so genannte "Turnei" verbreitet: Die Kämpfer traten in Gruppen gegeneinander an und simulierten eine Schlacht. Stumpfe Waffen sollten Schlimmeres verhindern, trotzdem ging es gemeinhin sehr brutal zu. Aufschlussreich ist, dass der Hereford-Ritter keine Verletzung von scharfen Gegenständen zeigt, wie sie bei echten kriegerischen Auseinandersetzungen entstehen.

Rippen des Ritters | Insgesamt dreimal brach sich der Mann Rippen seiner rechten Körperhälfte – womöglich erwischte ihn jedes Mal der Schlag eines Gegeners.

Seinen Bruch am Unterschenkel könnte er sich zum Beispiel zugezogen haben, indem er sich beim Sturz vom Pferd im Steigbügel verhedderte. Dass der 1,70 große Mann auch noch mit 45 Jahren an den Kampfspielen teilnahm, "zeigt, dass er ziemlich hart im Nehmen war", erklärt Boucher.

Geboren in der Normandie, gestorben am Fluss Wye

Eine Analyse der Isotope seiner Zähne ergab, dass der Mann nicht aus der Region stammte, sondern vermutlich in der Normandie geboren wurde. Auch das lässt sich als Hinweis auf die adlige Abkunft des Toten deuten. Seit der Eroberung Englands durch Wilhelm den Eroberer im Jahre 1066 war der Adel auf der Insel über Jahrhunderte normannisch geprägt.

Das Umfeld der Kathedrale von Hereford wurde von Boucher und seinem Team der privaten Archäologiefirma Headland Archaeology mit finanzieller Unterstützung der Heritage Lottery ergraben, um Umgestaltungs- und Restaurierungsarbeiten möglich zu machen. Der Friedhof um das normannische Gotteshaus war vom 12. Jahrhundert an bis ins 19. Jahrhundert in Benutzung. Rund 2500 Bestattungen wurden von den Wissenschaftlern gezählt, 700 Individuen einer genaueren Begutachtung unterzogen. So stießen Boucher und Kollegen auch auf ungewöhnliche Bestattungen, die in diesem Umfeld nicht zu erwarten waren – so etwa das Grab einer Frau mit amputierter Hand, sie wurde möglicherweise für einen Diebstahl bestraft; und das eines Leprakranken. Normalerweise wurden "Aussätzige" nicht auf dem Kirchhof bestattet, warum in diesem Fall eine Ausnahme gemacht wurde, ist offen. Ab Ende Mai wollen die Archäologen ihre Ergebnisse umfassend in dem Buch "Death in the Close – A Medieval Mystery" vorstellen.

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