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News: Skorpiongift gegen Malaria

Mücken mit einem Skorpiongift auszurüsten, klingt nach keiner guten Idee. Aber im Falle der Anopheles-Mücke - dem Überträger der Malaria-Erreger - könnte es sogar ein sehr sinnvoller Eingriff sein. Denn offenbar können sich die Parasiten in genmanipulierten Taufliegen, die als Modellorganismen dienen und das Skorpiontoxin in ihrem Darm produzieren, nicht normal entwickeln und vermehren.
Seit Jahren träumen Wissenschaftler davon, den Wildtyp der Anopheles-Mücke durch eine genetisch veränderte Variante zu ersetzen, die den Erreger von Malaria nicht mehr übertragen kann. Die Mediziner hoffen, dadurch die schwere Infektionskrankheit in den Griff zu bekommen, die jährlich immer noch Millionen von Menschen das Leben kostet. Nun scheint dieses vermeintlich weit entfernte Ziel ein Stück näher gerückt zu sein. Denn im Juni 2000 gaben britische Wissenschaftler bekannt, zum ersten Mal transgene Überträgerinsekten hergestellt zu haben. Und nun haben Lourival Possani und seine Kollegen von der National Autonomous University of Mexico in Cuernavaca in Experimenten mit Taufliegen entdeckt, dass ein Toxin eines kleinen Skorpions die Entwicklung des Malaria-Erregers – einem Einzeller der Gattung Plasmodium – im Wirt unterdrücken kann.

Possani bemerkte vor kurzem, dass ein Toxin aus Pandinus imperator einen Hemmeffekt auf in Kultur wachsende Malaria-Parasiten hat. Um zu testen, ob das als Scorpin bezeichnete Peptid im lebenden Insekt dieselbe Wirkung zeigt, entwickelten die Forscher transgene Taufliegen, die das Gift in ihrem Darm exprimieren. Dann injizierten sie die Erreger direkt in den Hinterleib der genmanipulierten Tiere und ihrer unveränderten Artgenossen und untersuchten dabei, wie viele der Parasiten sich in den Insekten entwickeln konnten.

Über 40 Prozent der Wildtyp-Fliegen wiesen nach der Behandlung reife Malaria-Erreger auf, während sich die Parasiten in nur zwölf Prozent der genmanipulierten Tiere weiterentwickeln konnten. "Ich denke, das ist ein sehr vielversprechendes Ergebnis", erklärte Possani auf einem Treffen am Howard Hughes Medical Institute in Chevy Chase, Maryland.

Der Wissenschaftler führte seine Experimente an der Taufliege, einem sehr gut untersuchten Modellorganismus, durch, da es bis zu diesem Zeitpunkt noch niemandem gelungen war, die Anopheles-Mücke genetisch zu verändern. Außerdem wusste er, dass die Taufliege als eine Art Versuchsmücke fungieren konnte: David Schneider und seine Kollegen vom Whitehead Institute of Biomedical Research in Cambridge hatten zeigen können, dass sich Plasmodium in der Fliege ebenso entwickelt wie in den eigentlichen Wirten.

Nun, da es aber möglich ist, Anopheles-Mücken genetisch zu manipulieren, könnten Wissenschaftler Gene wie etwa das für Scorpin in den Organismus einbringen. Eine Mückenvariante zu erzeugen, die den Malaria-Erreger nicht überträgt, dürfte mit diesen neuen Erkenntnissen nur noch eine Frage der Zeit sein. Wie aber soll diese Züchtung den in Afrika vorhandenen Wildtyp ersetzen? Da Plasmodium die Lebensdauer und den Fortpflanzungserfolg der Mücken einschränkt, hoffen die Wissenschaftler, dass die veränderten Tiere nach und nach ihre normalen Artgenossen verdrängen. Aber viele Fragen bleiben noch offen: Wie sollen die maßgeschneiderten Insekten ausgesetzt werden? Werden sie genug Vorteile haben, um sich gegen den Wildtyp durchsetzen zu können? "Ich bin nicht sicher, ob wir die Ökologie des Systems ausreichend verstehen", zweifelt Schneider.

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