Turing-Techno: So klingt die älteste elektronische Musik der Welt
Neuseeländische Forscher haben eine Tonaufnahme aus dem Jahr 1951 restauriert – mit der ersten computergenerierten Musik der Welt. Die auf der Aufnahme zu hörenden Musikstücke entstanden im Keller des Computing Machine Laboratory in Manchester, das von dem Computer-Pionier Alan Turing geleitet wurde. Neben der britischen Nationalhymne "God save the King" erkennt man eine eher poppige Wiedergabe des Kinderlieds "Baa Baa Black Sheep" und den Anfang von Glenn Millers "In the Mood". Wie Jack Copeland von der University of Canterbury in Christchurch und sein Kollege, der Komponist Jason Long, berichten, ist die im Jahr 2008 aufgespürte Originalaufnahme stark verzerrt und gibt die Tonhöhen nur ungefähr wieder. Glücklicherweise geben die noch vorhandenen Handbücher der Maschine Auskunft darüber, welche genauen Frequenzen der Lautsprecher des Manchester Electronic Computer Mark II erzeugte. Anhand dieser Informationen rechneten die beiden Wissenschaftler die Verzerrung heraus und rekonstruierten so den exakten Sound des Originals.
Die ersten Programme zur Wiedergabe von Geräuschen stammen von Alan Turing selbst. Er hatte festgestellt, dass man verschiedene Töne im Lautsprecher erzeugen kann. Dazu muss man dem Computer Anweisung geben, eine Serie kurzer Stromimpulse zu senden, die im Speaker jeweils ein kurzes "Klick" erzeugen – und gemeinsam je nach den Abständen der Einzelklicks ein Brummen mit einstellbarer Tonhöhe. Da die Impulse allerdings nicht beliebig, sondern nur im Rhythmus der Taktschritte des Computers gesendet werden konnten, traf der Mark II meist nicht exakt den Ton, sondern verfehlte ihn technisch bedingt um ein oder zwei Hertz.
Deswegen war es eine echte Herausforderung, auf dem Gerät Melodien zu spielen: Es reichte nicht, einfach nur dem Computer die Noten einzuprogrammieren. Der junge Lehrer Christopher Strachey, der die ersten Melodien für den Computer programmierte, musste vielmehr die Verhältnisse zwischen den Tonhöhen richtig treffen – unter Berücksichtigung der technischen Einschränkungen des Computers. Diese schwierige Optimierungsaufgabe wies allerdings auch Copeland und Long den Weg zur Rekonstruktion der Originaltöne: Die unbearbeitete Aufnahme enthielt Töne, die der Computer im Jahr 1951 schlicht nicht erzeugen konnte. Die beiden Forscher schoben diese "unmöglichen" Töne auf technisch realisierbare Frequenzen und prüften, ob alle anderen Töne nach der Bearbeitung ebenfalls für den Computer spielbar gewesen wären.
Schreiben Sie uns!
1 Beitrag anzeigen