Social-Media-Aktion: Depression auf Twitter sichtbar gemacht
»Depression hat viele Gesichter. Und eins davon ist dafür da, das Problem vor der Außenwelt zu verstecken«, schreibt ein Twitter-Nutzer. Und das wollen nun viele Menschen mit ihren Fotos zum Hashtag #FaceTheDepression zeigen: Eine Depression sieht man nicht. Ein breites Lächeln, ein scheinbar gelöstes Lachen – auf den ersten Blick machen die meisten Frauen und Männer auf den Fotos einen glücklichen Eindruck. Doch hinter der Fassade sah es zur Zeit der Aufnahme anders aus, wie die Kommentare daneben zeigen. »In der Zeit, in der es mir am schlimmsten ging, gab es die meisten ›Happy Grinsebilder‹ von mir.«
Diese Maske, die Betroffene aufsetzen, täuscht auch darüber hinweg, wie verbreitet das Problem tatsächlich ist. Weit mehr als fünf Millionen Menschen erkranken laut einer Studie von 2016 in Deutschland an einer depressiven Störung – pro Jahr. Insgesamt macht nach Angaben der Deutschen Depressionshilfe etwa ein Viertel aller Frauen und ein Achtel aller Männer mindestens einmal im Leben eine depressive Episode durch. Eine solche Episode ist eine einschneidende Erfahrung: Sie beeinflusst das Denken, Fühlen und Handeln der Betroffenen und macht sich auch durch Störungen von Körperfunktionen bemerkbar.
Die Ursachen einer Depression können sehr unterschiedlich sein – meist kommen diverse Faktoren zusammen. Lebensumstände spielen oft eine Rolle, aber ebenso körperliche Auslöser; nicht zuletzt hat Depression eine große erbliche Komponente. Sind enge Angehörige betroffen, ist das Risiko erhöht, ebenfalls zu erkranken. Wissen um mögliche Risikofaktoren kann gefährdeten Menschen helfen, sich in kritischen Lebensphasen rechtzeitig Hilfe zu holen. Denn eine Depression ist behandelbar. Neben verschiedenen Arten der Psychotherapie stehen auch medikamentöse Therapien zur Verfügung.
Die Depression ist ebenso wie andere psychische Erkrankungen mit einem sozialen Stigma belegt, das Betroffene teilweise lange davon abhält, sich das Problem einzugestehen. Doch sich selbst ohne Hilfe von außen von Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit und den typischen negativen Gedanken zu befreien, gelingt nur den wenigsten. Und da die große Mehrzahl der Betroffenen nach außen hin funktioniert, am Leben teilnimmt und – wie #FaceTheDepression zeigen soll – sogar augenscheinlich fröhlich daherkommt, bekommen selbst nahe Angehörige von der Erkrankung oft nichts mit. Das ist durchaus beabsichtigt, denn viele Betroffene stoßen in ihrem Umfeld auf Unverständnis und Herablassung, wenn sie davon berichten. Wenn man einem Menschen mit einer Depression helfen will, sollte man deswegen zuerst einmal eines tun: sich gründlich informieren.
Das ist auch deshalb wichtig, weil eine Depression tödlich enden kann. Das Thema Suizid taucht auf Twitter bei #FaceTheDepression ebenfalls immer wieder auf. Jährlich sterben rund 10.000 Menschen durch Suizid, mehr als die Hälfte davon leiden an einer depressiven Störung. Oft sind Familie und Bekanntenkreis, abgesehen von einem oder zwei engsten Freunden, bis zuletzt ahnungslos. Deswegen taucht bei der Twitter-Aktion eine zentrale Botschaft an die nicht depressiven Menschen besonders oft auf: »Achtet auf euer Umfeld.«
Wege aus der Not
Denken Sie manchmal daran, sich das Leben zu nehmen? Erscheint Ihnen das Leben sinnlos oder Ihre Situation ausweglos? Haben Sie keine Hoffnung mehr? Dann wenden Sie sich bitte an Anlaufstellen, die Menschen in Krisensituationen helfen können: Hausarzt, niedergelassene Psychotherapeuten oder Psychiater oder die Notdienste von Kliniken. Kontakte vermittelt der ärztliche Bereitschaftsdienst unter der Telefonnummer 116117.
Die Telefonseelsorge berät rund um die Uhr, anonym und kostenfrei: per Telefon unter den bundesweit gültigen Nummern 08001110111 und 08001110222 sowie per E-Mail und im Chat auf der Seite www.telefonseelsorge.de. Kinder und Jugendliche finden auch Hilfe unter der Nummer 08001110333.
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