Materialwissenschaften: Solidarität unter Elektronen
Viele Phänomene wie die Supraleitung oder die beträchtliche Trägheit von Elektronen in einigen Festkörpern lassen sich mit herkömmlichen Modellen nicht hinreichend beschreiben. Nun haben Wissenschaftler einen neuen Ansatzpunkt zur Erklärung dieser Erscheinungen aufgedeckt.
Elektronen sind schon seltsame Dinger. Die Vorstellung, sie seien kleine geladene Kügelchen, die munter im Raum umherfliegen, kann bislang niemand bestätigen – man kennt noch nicht einmal ihren genauen Durchmesser. Immer wenn man sie vermessen wollte, stellte sich heraus: Sie sind kleiner als die jeweilige Messgenauigkeit hergibt. Derzeit gilt ein Radius von weniger als 10-18 Meter. Das ist unvorstellbar klein und lässt sich nur durch einen Vergleich erschließen: Wäre dieses elementare Teilchen beispielsweise so groß wie eine Kokosnuss, dann wäre ein Atom im Vergleich dazu nahezu so groß wie die Erde.
Gleichzeitig lässt sich der Ort eines Elektrons selten genau bestimmen. Kein Wunder also, wenn man bei chemischen Bindungen oft nur von so genannten Molekülorbitalen spricht. Das sind Raumgebiete, in denen sich diese negativ geladenen Winzlinge mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit aufhalten und irgendwie zwei, drei oder mehr Atomen gleichzeitig gehören.
Was für die freien oder an kleine Moleküle gebundenen Träger der Elementarladung zutrifft, gilt um so mehr für Elektronen in einem Stück Eisen oder Holz. Ihre Beweglichkeit und ihr kollektives Verhalten beeinflussen außerordentlich die jeweiligen Eigenschaften des Materials, in dem sie gefangen sind: Können sie sich mehr oder weniger ungehindert durch das Gerüst der Atomrümpfe hindurchschlängeln, entsteht ein elektrischer Leiter; sind die Elektronen fest an ihre jeweiligen Kerne gebunden, verhält sich der Stoff wie ein Isolator.
Doch stoßen die Wissenschaftler mit ihren derart einfachen Modellvorstellungen von der Beweglichkeit der Elektronen in einem Festkörper immer wieder an Grenzen. So scheinen die Ladungsträger in einigen Materialien viel träger zu sein, als sie es eigentlich sein dürften. Und den plötzlich auftretenden, verlustfreien Stromtransport bei Supraleitern erklärt das klassische Modell ebenfalls in keiner Weise. Daher sind die Forscher in ihren Laboren eifrigst dabei, die genauen Eigenschaften dieser kleinen Dinger zu erforschen.
Nun hat ein Forscherteam um Qimiao Si von der Rice Universität in Houston, Texas, Piers Coleman von der Rutgers Universität, New Jersey, und Frank Steglich, Direktor des Dresdener Max-Planck-Instituts für chemische Physik fester Stoffe sich die Bewegungen der Elektronen in einer chemischen Verbindung aus Ytterbium, Rhodium und Silizium einmal genauer angesehen. In diesem Material verhalten sich die Elektronen nämlich besonders träge.
Ytterbium gehört zur Gruppe der Lanthanoide. Es besitzt daher relativ locker gebundene Elektronen in seinen äußeren Orbitalen. Deswegen spüren sich die Ladungsträger benachbarter Atom im Kristallgitter und beeinflussen sich gegenseitig. Physiker sprechen in diesem Zusammenhang von einem stark korrelierten Verhalten. Hinzu kommt, dass Elektronen zur Familie der so genannten Fermionen zählen. Sie unterliegen deshalb – eingefangen im Verband des Festkörpers – den quantenmechanischen Spielregeln. Das bedeutet zum Beispiel, dass sie sich "einigen" müssen, wer welchen quantenmechanischen Zustand einnimmt. Diese Tatsachen berücksichtigten die bisher gültigen Theorien der Elektronenbewegung in Festkörpern zu wenig.
Durch Messung des Hall-Effekts, bei dem an einer Probe eine elektrische Spannungen entsteht, wenn ein Strom durch sie hindurchfließt und sie sich in einem Magnetfeld befindet, betrachtete die Forschergruppe nun die Veränderung des so genannten Fermi-Volumens ihrer Probe. Diese abstrakte Größe wird nicht von den drei Raumdimensionen aufgespannt, sondern spiegelt die Impulsverteilung der Elektronen wider. Die Arbeitsgruppe stellte nun fest, dass der Impulsraum plötzlich kollabierte, wenn die Temperatur des Festkörpers einen kritischen Wert unterschritt.
"Diese Arbeiten sind für das Verständnis vieler bislang nicht erklärbarer Phänomene der Festkörperphysik von höchster Bedeutung," meint Si. Zwar sind noch viele Details offen. "Dennoch ist das der bislang direkteste Beleg für ein derartig kollektives Verhalten der Ladungsträger“, fügt Steglich hinzu. "Unsere Untersuchungen haben große Bedeutung für das Verständnis stark korrelierter Elektronensysteme wie sie beispielsweise in Hochtemperatur-Supraleitung oder in Kohlenstoff-Nanoröhrchen vorkommen.“ Zumindest entlockten die Forscher den in Feststoffen enthaltenen Elektronen ein weiteres Geheimnis, das zum tieferen Verständnis ihres manchmal sehr eigentümlichen Verhaltens beiträgt.
Gleichzeitig lässt sich der Ort eines Elektrons selten genau bestimmen. Kein Wunder also, wenn man bei chemischen Bindungen oft nur von so genannten Molekülorbitalen spricht. Das sind Raumgebiete, in denen sich diese negativ geladenen Winzlinge mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit aufhalten und irgendwie zwei, drei oder mehr Atomen gleichzeitig gehören.
Was für die freien oder an kleine Moleküle gebundenen Träger der Elementarladung zutrifft, gilt um so mehr für Elektronen in einem Stück Eisen oder Holz. Ihre Beweglichkeit und ihr kollektives Verhalten beeinflussen außerordentlich die jeweiligen Eigenschaften des Materials, in dem sie gefangen sind: Können sie sich mehr oder weniger ungehindert durch das Gerüst der Atomrümpfe hindurchschlängeln, entsteht ein elektrischer Leiter; sind die Elektronen fest an ihre jeweiligen Kerne gebunden, verhält sich der Stoff wie ein Isolator.
Doch stoßen die Wissenschaftler mit ihren derart einfachen Modellvorstellungen von der Beweglichkeit der Elektronen in einem Festkörper immer wieder an Grenzen. So scheinen die Ladungsträger in einigen Materialien viel träger zu sein, als sie es eigentlich sein dürften. Und den plötzlich auftretenden, verlustfreien Stromtransport bei Supraleitern erklärt das klassische Modell ebenfalls in keiner Weise. Daher sind die Forscher in ihren Laboren eifrigst dabei, die genauen Eigenschaften dieser kleinen Dinger zu erforschen.
Nun hat ein Forscherteam um Qimiao Si von der Rice Universität in Houston, Texas, Piers Coleman von der Rutgers Universität, New Jersey, und Frank Steglich, Direktor des Dresdener Max-Planck-Instituts für chemische Physik fester Stoffe sich die Bewegungen der Elektronen in einer chemischen Verbindung aus Ytterbium, Rhodium und Silizium einmal genauer angesehen. In diesem Material verhalten sich die Elektronen nämlich besonders träge.
Ytterbium gehört zur Gruppe der Lanthanoide. Es besitzt daher relativ locker gebundene Elektronen in seinen äußeren Orbitalen. Deswegen spüren sich die Ladungsträger benachbarter Atom im Kristallgitter und beeinflussen sich gegenseitig. Physiker sprechen in diesem Zusammenhang von einem stark korrelierten Verhalten. Hinzu kommt, dass Elektronen zur Familie der so genannten Fermionen zählen. Sie unterliegen deshalb – eingefangen im Verband des Festkörpers – den quantenmechanischen Spielregeln. Das bedeutet zum Beispiel, dass sie sich "einigen" müssen, wer welchen quantenmechanischen Zustand einnimmt. Diese Tatsachen berücksichtigten die bisher gültigen Theorien der Elektronenbewegung in Festkörpern zu wenig.
Durch Messung des Hall-Effekts, bei dem an einer Probe eine elektrische Spannungen entsteht, wenn ein Strom durch sie hindurchfließt und sie sich in einem Magnetfeld befindet, betrachtete die Forschergruppe nun die Veränderung des so genannten Fermi-Volumens ihrer Probe. Diese abstrakte Größe wird nicht von den drei Raumdimensionen aufgespannt, sondern spiegelt die Impulsverteilung der Elektronen wider. Die Arbeitsgruppe stellte nun fest, dass der Impulsraum plötzlich kollabierte, wenn die Temperatur des Festkörpers einen kritischen Wert unterschritt.
"Diese Arbeiten sind für das Verständnis vieler bislang nicht erklärbarer Phänomene der Festkörperphysik von höchster Bedeutung," meint Si. Zwar sind noch viele Details offen. "Dennoch ist das der bislang direkteste Beleg für ein derartig kollektives Verhalten der Ladungsträger“, fügt Steglich hinzu. "Unsere Untersuchungen haben große Bedeutung für das Verständnis stark korrelierter Elektronensysteme wie sie beispielsweise in Hochtemperatur-Supraleitung oder in Kohlenstoff-Nanoröhrchen vorkommen.“ Zumindest entlockten die Forscher den in Feststoffen enthaltenen Elektronen ein weiteres Geheimnis, das zum tieferen Verständnis ihres manchmal sehr eigentümlichen Verhaltens beiträgt.
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