Innere Uhren: Solitär-Ticktack
Im Takt zu klatschen oder im Gleichschritt zu gehen - beides fällt gleich viel leichter, wenn man seinen Rhythmus am gleichgetakteten Nebenmann nachjustieren kann. Cyanobakterien scheinen da selbstständiger.
Termine, Termine, Termine: Irgendwie ein hektisches Zeitalter, immer neue äußere Zwänge, immer öfter akzentuiert durch ständig drängelnde Mitteilungen nervender elektronischer Organizer – kann stressig werden. Fairerweise sollte man allerdings zugeben, dass dies an den Terminen liegt, nicht am Organizer.
Der ist im Gegenteil eigentlich recht praktisch, wenn vieles termingerecht zu erledigen ist – auch jenseits menschlich-gesellschaftlicher Verpflichtungen. So praktisch, dass auf Ähnliches in der Natur kein Lebewesen verzichtet: Ohne einen natürlich in den Zellen integrierten "Organizer" – eine innere Uhr, die alle Lebensvorgänge an die wandelnden Umgebungsvariablen wie etwa den Tag-Nacht-Wechsel anpasst – scheint keine Lebensform auszukommen, erkannten Zoologen, Mediziner, Botaniker und Mikrobiologen in den letzten Jahren übereinstimmend.
In Mehrzellern, soviel ist mittlerweile bekannt, justieren sich die inneren Uhren aller Zellen ständig aufs Neue aneinander: Der innere Rhythmus des Körpers, vorgegeben von außen, würde bald zerfasern und verloren gehen, wenn nicht die vielen Uhren aller Zellen immer wieder auf einen Takt abgestimmt würden.
Funktioniert ähnliches auch bei Einzeller-Populationen? Irina Mihalcescu von der Universität Joseph Fourier in Grenoble und ihre Kollegen wollten dem Umkehrschluss der an Mehrzellern gewonnenen Erkenntnis nachgehen: Eigentlich müsste doch der innere Rhythmus isolierter, einzelner Cyanobakterien – die keine Möglichkeit haben, ihren Takt nach anderen Zellen nachzujustieren – innerhalb recht kurzer Zeit ins Trudeln geraten.
Kniffliger war dann der nächste Schritt – wirklich ein isoliertes Bakterien-Individuum zu beobachten. Schließlich sind Einzeller eigentlich nie einsam: Sie schaffen sich Gesellschaft, indem sie sich innerhalb von wenigen Stunden teilen. Auch die veränderten Cyanobakterien vermehrten sich unter günstigen Bedingungen fleißig; und dies erstaunlicherweise, ohne dabei den von ihrem Stammkeim ererbten Tag-Nacht-Rhythmus zu verlieren, wie sich zeigte. Tatsächlich erwies sich der per Blinken angezeigte Tag-Nacht-Rhythmus der Bakterien auch dann als über Generationen stabil, als den Mikroben sämtliche äußeren Reize entzogen wurden, etwa das wechselnde Tageslicht.
Das könnte nun, meinten die Wissenschaftler, an einem über die Teilung hinweg erhaltenen, genetisch extrem stabilen biochemischen Taktstock-Mechanismus liegen – oder eben daran, dass sich alle Zellen einer Kolonie, wie die Bausteine eines mehrzelligen Organismus, auf irgendeine Art gegenseitig wahrnehmen und aneinander neu justieren.
Wenn aber letzteres zuträfe, so die Hypothese der Forscher, dann sollte man zwei Bakterienkolonien mit unterschiedlich justierten Uhren in andauernder Dunkelheit mischen können – und bald schon müssten die beide Kolonien einheitlich blinken und sich auf einen gemeinsamen Kompromisswert einigen. Gesagt, getan. Resultat: Tatsächlich blinkten die Abkömmlinge zweier unterschiedlich justierter Cyanobakterienstämme lange Zeit friedlich nebeneinander her, ganz ohne ihren einmal ererbten Rhythmus an den abweichenden Takt des anderen Stammes anzugleichen.
Also keine rhythmisierende Kommunikation zwischen einzelnen Cyanobakterien – woraus der Schluss zu ziehen ist, dass tatsächlich jedes einzelne Bakterium einen autonomen, erebten Taktstock schwingt, der stets gleichförmig schlägt, solange er nicht an äußeren Reizen neu justiert wird.
Völlig unklar bleibt nun, mit welchen zellulären Tricks der Einzeller-Rhythmus bei fehlenden Außenreizen über so lange Zeit erhalten wird. Offenbar sind hier andere Mechanismen am Werk als bei den biochemischen inneren Uhren der Mehrzeller: Das Uhrwerk der Bakterien tickt und tickt, ungerührt von wechselnder Temperaturen und Milieubedingungen – und lässt sich sogar durch für den gesamten Stoffwechsel des Organismus umwälzende Ereignisse wie eine Zellteilung nicht aus dem Takt bringen.
Der ist im Gegenteil eigentlich recht praktisch, wenn vieles termingerecht zu erledigen ist – auch jenseits menschlich-gesellschaftlicher Verpflichtungen. So praktisch, dass auf Ähnliches in der Natur kein Lebewesen verzichtet: Ohne einen natürlich in den Zellen integrierten "Organizer" – eine innere Uhr, die alle Lebensvorgänge an die wandelnden Umgebungsvariablen wie etwa den Tag-Nacht-Wechsel anpasst – scheint keine Lebensform auszukommen, erkannten Zoologen, Mediziner, Botaniker und Mikrobiologen in den letzten Jahren übereinstimmend.
Selbst die Stoffwechselprozesse einzelliger Cyanobakterien regelt ein innerer, biochemisch organisierender Taktgeber nach Maßgabe der in der Umwelt herrschenden zirkadianen Rhythmen. Das ist durchaus sinnvoll, denn auch Cyanobakterien sollten schließlich besser dann Fotosynthese betreiben, wenn ein neuer Tag Licht verspricht – und die Energie für lichtunabhängige Prozesse wie das Geschäft der Stickstofffixierung besser in Dunkelphasen einsetzen.
In Mehrzellern, soviel ist mittlerweile bekannt, justieren sich die inneren Uhren aller Zellen ständig aufs Neue aneinander: Der innere Rhythmus des Körpers, vorgegeben von außen, würde bald zerfasern und verloren gehen, wenn nicht die vielen Uhren aller Zellen immer wieder auf einen Takt abgestimmt würden.
Funktioniert ähnliches auch bei Einzeller-Populationen? Irina Mihalcescu von der Universität Joseph Fourier in Grenoble und ihre Kollegen wollten dem Umkehrschluss der an Mehrzellern gewonnenen Erkenntnis nachgehen: Eigentlich müsste doch der innere Rhythmus isolierter, einzelner Cyanobakterien – die keine Möglichkeit haben, ihren Takt nach anderen Zellen nachzujustieren – innerhalb recht kurzer Zeit ins Trudeln geraten.
Um dies zu überprüfen, machten die Forscher in einem erstem Schritt zunächst sichtbar, in welchem Rhythmus eine Mikrobe überhaupt tickt. Zu diesem Zweck schleusten sie den Cyanobakterien eines Synechococcus-elongatus-Versuchsstammes Luciferase-Gene ein, die unter dem Einfluss des inneren zirkadianen Taktgebersystems ein- und ausgeschaltet wurden. Regelmäßig gaben die veränderten Bakterien daraufhin täglich pulsierende, Luciferase abhängige Leuchtsignale ab, die in empfindlichen Kameras detektiert werden konnten.
Kniffliger war dann der nächste Schritt – wirklich ein isoliertes Bakterien-Individuum zu beobachten. Schließlich sind Einzeller eigentlich nie einsam: Sie schaffen sich Gesellschaft, indem sie sich innerhalb von wenigen Stunden teilen. Auch die veränderten Cyanobakterien vermehrten sich unter günstigen Bedingungen fleißig; und dies erstaunlicherweise, ohne dabei den von ihrem Stammkeim ererbten Tag-Nacht-Rhythmus zu verlieren, wie sich zeigte. Tatsächlich erwies sich der per Blinken angezeigte Tag-Nacht-Rhythmus der Bakterien auch dann als über Generationen stabil, als den Mikroben sämtliche äußeren Reize entzogen wurden, etwa das wechselnde Tageslicht.
Das könnte nun, meinten die Wissenschaftler, an einem über die Teilung hinweg erhaltenen, genetisch extrem stabilen biochemischen Taktstock-Mechanismus liegen – oder eben daran, dass sich alle Zellen einer Kolonie, wie die Bausteine eines mehrzelligen Organismus, auf irgendeine Art gegenseitig wahrnehmen und aneinander neu justieren.
Wenn aber letzteres zuträfe, so die Hypothese der Forscher, dann sollte man zwei Bakterienkolonien mit unterschiedlich justierten Uhren in andauernder Dunkelheit mischen können – und bald schon müssten die beide Kolonien einheitlich blinken und sich auf einen gemeinsamen Kompromisswert einigen. Gesagt, getan. Resultat: Tatsächlich blinkten die Abkömmlinge zweier unterschiedlich justierter Cyanobakterienstämme lange Zeit friedlich nebeneinander her, ganz ohne ihren einmal ererbten Rhythmus an den abweichenden Takt des anderen Stammes anzugleichen.
Also keine rhythmisierende Kommunikation zwischen einzelnen Cyanobakterien – woraus der Schluss zu ziehen ist, dass tatsächlich jedes einzelne Bakterium einen autonomen, erebten Taktstock schwingt, der stets gleichförmig schlägt, solange er nicht an äußeren Reizen neu justiert wird.
Völlig unklar bleibt nun, mit welchen zellulären Tricks der Einzeller-Rhythmus bei fehlenden Außenreizen über so lange Zeit erhalten wird. Offenbar sind hier andere Mechanismen am Werk als bei den biochemischen inneren Uhren der Mehrzeller: Das Uhrwerk der Bakterien tickt und tickt, ungerührt von wechselnder Temperaturen und Milieubedingungen – und lässt sich sogar durch für den gesamten Stoffwechsel des Organismus umwälzende Ereignisse wie eine Zellteilung nicht aus dem Takt bringen.
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