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Geschlechtersensible Medizin: Frauen, die von Ärztinnen behandelt werden, haben geringere Sterberate

Frauen könnten davon profitieren, bei bestimmten Krankheiten eine Ärztin statt einen Arzt aufzusuchen. Die Unterschiede sind zwar klein, aber signifikant. Woran liegt das?
Ärztin im Gespräch mit älterer Patientin
Möglicherweise kommunizieren Ärztinnen effektiver mit ihren Patientinnen und Patienten als Ärzte.

Ältere Frauen, die im Krankenhaus von einer Ärztin statt von einem Arzt behandelt werden, haben bei bestimmten Erkrankungen eine geringere Sterblichkeitsrate. Zu diesem Schluss kommt eine japanische Studie, die im Fachblatt »Annals of Internal Medicine« veröffentlicht wurde. Eine deutsche Expertin hält die in der Arbeit beobachteten Effekte zwar für gering, die aufgeführten Spekulationen zu den Gründen für die Unterschiede aber für grundsätzlich plausibel.

Für ihre Studie analysierte die Forschungsgruppe von der Universität Tokio Daten von mehr als 750 000 Patientinnen und Patienten ab 65 Jahren, die zwischen 2016 und 2019 ins Krankenhaus kamen. Von den gut 458 000 Patientinnen und knapp 319 000 Patienten wurden 31,1 Prozent der Frauen und 30,6 Prozent der Männer von Ärztinnen behandelt. Es zeigte sich, dass die Sterblichkeitsraten innerhalb von 30 Tagen nach der Behandlung bei Frauen, die von Ärztinnen behandelt wurden, etwas niedriger waren – insbesondere bei Nervensystemerkrankungen wie Demenz. Zudem mussten Frauen bei Erkrankungen der Nieren und Harnwege seltener ein weiteres Mal in die Klinik, wenn sie von Ärztinnen behandelt worden waren. Bei Männern zeigten sich hingegen keine signifikanten Unterschiede, egal ob sie von Ärztinnen oder Ärzten behandelt wurden.

Insgesamt lag die Sterblichkeitsrate für Patientinnen bei 8,15 Prozent, wenn sie von einer Ärztin behandelt wurden, gegenüber 8,38 Prozent bei der Behandlung durch Männer – ein Unterschied, der zwar klein, aber klinisch signifikant sei, schreiben die Studienautoren.

Geschlechtervielfalt in Ärzteschaft muss sich verbessern

Das Forschungsteam spekuliert, dass Ärzte den Schweregrad der Erkrankung bei Frauen möglicherweise unterschätzen, was zu Verzögerungen in der Behandlung führen könnte. Zudem würden Ärztinnen vielleicht effektiver kommunizieren und sich stärker auf ihre Patientinnen und Patienten fokussieren. Und schließlich würden Frauen möglicherweise bei schambehafteten Themen offener mit Ärztinnen sprechen.

Für diese drei Vermutungen finden sich laut Ute Seeland, die an der Universität Magdeburg die deutschlandweit erste Professur für Geschlechtersensible Medizin und Prävention innehat sowie die dortige Hochschulambulanz leitet, in der Literatur zwar durchaus Hinweise. Warum Frauen von der Behandlung durch Ärztinnen konkret profitierten, könne durch das Studiendesign indes nicht beantwortet werden. Insgesamt seien die in der Arbeit beschriebenen Effekte nur klein. Noch dazu könne die Studie nicht klären, ob Frauen tatsächlich von der Behandlung durch Ärztinnen profitierten oder ob andere damit verbundene Faktoren eine Rolle spielten.

Für die Autorinnen und Autoren unterstreichen ihre Ergebnisse die Notwendigkeit, die Geschlechtervielfalt in der Ärzteschaft weiter zu verbessern – eine Schlussfolgerung, der sich Medizinerin Seeland anschließt, ebenso wie der in der Studie formulierten Forderung nach mehr Forschung in diesem Bereich, um die beschriebenen Unterschiede besser zu verstehen. Gerade in Deutschland seien Daten zu dem Thema rar, so Seeland. Sie schließt: »Die Studie ist kein Meilenstein für die geschlechtersensible Medizin, aber sie reiht sich ein in eine wachsende Zahl von Arbeiten zu diesem komplexen Thema.« (dpa/kmh)

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