Direkt zum Inhalt

News: Sonnenflüchtlinge im Insektenreich

Der physiologische Einfluß, den eine zunehmende UV-Strahlung auf einzelne Menschen, Tiere und Pflanzen ausübt, ist weitgehend bekannt. Die Auswirkungen auf ganze Ökosysteme sind dagegen weitaus weniger klar. Teilweise weiß man nur sehr wenig darüber, wie solche Strahlungen - insbesondere die energiereiche UV-B-Strahlung - das Verhalten von Tieren beeinflussen.
Deshalb haben Carlos Ballare und seine Kollegen von der Universidad de Buenos Aires in Argentinien Experimente an einem Mini-Ökosystem durchgeführt. Sie wollten so die Auswirkungen von UV-Strahlung auf die Wechselbeziehungen zwischen Tieren und Pflanzen, in diesem Falle Sojabohnen und Insekten, erforschen (Proceedings of the National Academy of Sciences vom 2. Februar 1999, Abstract).

Ballares Team bepflanzte verschiedene Feldareale mit handelsüblichen Sorten von Sojabohnen und versah sie mit Plastikabdeckungen, die unterschiedliche Mengen an UV-Licht herausfilterten. Teilweise wurde die UV-B-Strahlung der Sonne durch Licht aus speziell angebrachten UV-B-Leuchten ergänzt. Die Pflanzen werden natürlicherweise von einem verbreiteten Schädling, dem Blasenfuß (Caliothrips phaseoli) befallen. Es handelt sich dabei um ein winziges Insekt, das die Blattoberflächen mit seinen stechenden Mundwerkzeugen zerkratzt und dabei braune, chlorophyllfreie Flecken erzeugt.

Wie die Forscher herausfanden, hatte die Ausfilterung der solaren UV-B-Strahlung keine Auswirkung auf den Boden oder die Temperatur im Versuchsbereich. Die Blasenfußpopulationen entwickelte dann eine drei- bis fünfmal so große Dichte, wodurch die Blätter bedeutend stärker geschädigt wurden. Mehr noch: Der Blasenfuß bewegte sich bei Veränderungen in der Bestrahlung eines Areal, die durch den Austausch der Plastikabdeckungen oder die Veränderung der zusätzlichen Beleuchtung hervorgerufen wurden, aktiv in die Bereiche des Feldes, in denen er der geringsten UV-B-Strahlung ausgesetzt war. Die Insekten waren sowohl im Labor als auch unter Feldbedingungen in der Lage, der UV-B-Strahlung ausgesetzte Bereiche und UV-B-freie Areale zu unterscheiden und entsprechend ihre Entscheidung zu treffen.

Die Wissenschaftler fanden auch heraus, daß ein anderer Schädling der Sojabohne, Anticarsia gemmatalis, klar jene Blätter bevorzugt, die sich unter einer geringen UV-B-Strahlung entwickelt haben. Gleichzeitig hat dieses Insekt indes eine Abneigung gegen auch nur das geringste Anzeichen von Schädigungen, die auf Blasenfuß-Aktivitäten zurückgehen. Das legt nahe, daß ein durch geringe UV-B-Strahlung induzierter Blasenfuß-Angriff unter Umständen einen enormen Effekt auf andere Pflanzenfresser hat.

Die Mengen an UV-B-Strahlung die in den meisten dieser Experimente verwandt wurden, zeigten kaum Einfluß auf das Erscheinungsbild der Sojabohnen, die Biomasse oder die Fähigkeit zur Photosynthese. Die Studien weisen aber darauf hin, daß UV-B – auf eine bisher nicht identifizierte Art und Weise – direkte Auswirkung auf das Verhalten von Pflanzenschädlingen haben kann.

  • Quellen

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.