Astronomie: Besuch bei der Sonne
Am 8. April 2024 hat der Mond einen Teil Nordamerikas in Dunkelheit getaucht. Aus der Perspektive eines rund 200 Kilometer breiten Streifens von Mexiko bis Kanada schob er sich wenige Minuten lang vor die Sonne. Währenddessen gab er nur noch die flammenden Ausläufer ihrer Atmosphäre preis, die so genannte Korona. Erst im August 2044 wird sich auf dem Kontinent wieder über ähnlich weite Strecken eine totale Sonnenfinsternis bewundern lassen; in Mitteleuropa ist es erst 2081 wieder so weit. Entsprechend begeistert haben viele Menschen dem seltenen Spektakel entgegengefiebert und es teils in Sportstadien gemeinsam verfolgt.
Nicht nur interessierte Laien zog das Ereignis in seinen Bann. Eine Sonnenfinsternis ist eine der besten wissenschaftlichen Gelegenheiten, bei denen sich von der Erde aus die Korona untersuchen lässt. Diese äußere Atmosphäre der Sonne wird normalerweise von ihrer viel heller leuchtenden Scheibe überstrahlt und ist daher noch immer einer der geheimnisvollsten Teile des Sterns. Ursprünglich dachten Astronomen sogar, die Korona gehöre zum Mond – vielleicht eine Reflexion von Sonnenlicht in dessen Atmosphäre (die es, wie wir heute wissen, gar nicht gibt). Erst 1806 erkannte der spanische Astronom José Joaquín de Ferrer, dass es sich bei der Korona um ein Phänomen der Sonne selbst handelt.
Tatsächlich wird die Korona durch die erstaunlich heiße Atmosphäre der Sonne erzeugt. Sie spuckt fortwährend einen als Sonnenwind bezeichneten Strom aus Teilchen ins All und schleudert gelegentlich sogar Pakete aus heißem Plasma heraus – so genannte koronale Massenauswürfe. Bislang ist überraschend wenig darüber bekannt, wie oder warum diese Dinge geschehen.
Auf der Suche nach Antworten werden die erdgebundenen Beobachtungen von zwei neuen Raumsonden ergänzt, die inzwischen die Sonne erreicht haben und Daten aus ihrer Nähe und sogar aus dem Inneren der Korona sammeln. Hinzu kommen weitere geplante Missionen. Viele so zusammengetragene Erkenntnisse machen die aktuelle Ära bereits jetzt zur aufregendsten und aufschlussreichsten seit Beginn der Sonnenforschung.
Diesem Zweig der Wissenschaft gelangen während einer totalen Sonnenfinsternis im August 1868 erste große Fortschritte. Gerade hatten Astronomen damit begonnen, Prismen für spektroskopische Untersuchungen zu verwenden, das heißt das Licht der Sonne in seine einzelnen Farben aufzuspalten. Das erlaubte Rückschlüsse auf Details der Strahlung und ihre chemischen und atomaren Ursprünge. Das kontinuierliche Spektrum der Sonne, das wir von Regenbögen kennen, enthält nämlich bei präziser Betrachtung dünne dunkle Linien. Sie entstehen, weil Atome spezielle Wellenlängen absorbieren, und weisen auf das Vorhandensein von Elementen wie Wasserstoff, Natrium und Eisen hin.
Neue und exotische Atome
Während Forschungsarbeiten, die sie zum Anlass der Sonnenfinsternis begonnen hatten, erfassten die beiden Astronomen Jules Janssen aus Frankreich und Norman Lockyer aus England 1868 unabhängig voneinander das Spektrum der Sonne. Sie stellten fest, dass es eine bis dahin unbekannte Linie enthielt, die einem neuen Element entsprach. Es war das erste, das außerhalb der Erde entdeckt wurde. Lockyer nannte es Helium, nach Helios, der griechischen Personifikation der Sonne.
Im Jahr darauf fanden Astronomen in Iowa während einer weiteren totalen Sonnenfinsternis eine andere Merkwürdigkeit im Sonnenspektrum: eine helle grüne Linie im Licht der Korona. Die Wissenschaftler ordneten sie einem neuen chemischen Element zu und verkündeten die Entdeckung von Coronium. Erst etwa 70 Jahre später wurde klar, dass es sich bei dem vermeintlichen Neuzugang im Periodensystem lediglich um eine exotische Form von Eisen handelt, das 13-fach ionisiert ist. Das bedeutet, dass die Atome nur noch die Hälfte der Elektronen eines normalen Eisenatoms besitzen. Dieser hochionisierte Zustand ließ sich kaum in Laboren herstellen, denn er erfordert enorme Energien – Temperaturen von etwa einer Million Grad Celsius.
Die Wissenschaft ringt um eine Erklärung für den immensen Temperaturunterschied zwischen Oberfläche und Korona
Seltsamerweise hat die Oberfläche der Sonne jedoch nur rund 6000 Grad Celsius. Die Korona musste also 200-mal heißer sein. Das erschien ähnlich paradox wie an einem Lagerfeuer sitzend festzustellen, dass die Umgebung um ein Vielfaches wärmer ist als das brennende Holz selbst. Seither ringt die Wissenschaft um eine Erklärung für den immensen Temperaturunterschied. »Damit fing die moderne Sonnenphysik erst richtig an«, resümiert Dan Seaton, Sonnenforscher am Southwest Research Institute in Boulder, Colorado. »Niemand hatte zuvor erwogen, dass die Sonne ein derart heißes Plasma enthalten könnte. Was hat das zu bedeuten?«
Unablässige Teilchenschleuder
Die größte Tragweite dieser Entdeckung ergab sich aus einer »trivialen Berechnung«, wie es der Astrophysiker Eugene Parker von der University of Chicago ausdrückte. Im Jahr 1958 stellte er fest: Nach den Gesetzen der Fluiddynamik muss die Korona bei einer Temperatur von einer Million Grad Celsius einen konstanten Strom von Teilchen erzeugen, die sich schließlich schneller als mit Schallgeschwindigkeit fortbewegen würden. Parker stieß damit auf Skepsis, aber 1962 detektierte die Raumsonde Mariner II solche Partikel tatsächlich. Die genauen Mechanismen hinter diesem Sonnenwind sind noch immer umstritten. Neuere Raumsonden, darunter eine, die nach Parker benannt ist, liefern aber allmählich Antworten.
Die Parker Solar Probe der US-Raumfahrtbehörde NASA ist 2018 gestartet. Mit einem mehr als zehn Zentimeter dicken Schutzschild aus Kohlefaser gegen die intensive Sonnenstrahlung ist sie eine der hitzeresistentesten jemals konstruierten Sonden. Der Schild hält Temperaturen von rund 1400 Grad Celsius und pro Quadratmeter eine Million Watt Strahlungsenergie aus. Die beweglichen Solarpaneele können bei Bedarf zurückgeklappt werden und die aufgenommene Wärme an einen Kühlwasserkreislauf abgeben. So vermag die Sonde extrem nah an die Sonne zu steuern und dabei deren Atmosphäre, den Teilchenwind, die Magnetfelder und das Licht zu untersuchen.
Die Parker Solar Probe flog als erste Raumsonde durch die Korona
Im Jahr 2021 flog die Parker Solar Probe als erste Raumsonde durch die Korona. Seitdem hat sie sich der Sonne viele Male genähert und wird während ihrer siebenjährigen Mission zwei Dutzend Umläufe absolvieren. Dabei nutzt sie das Gravitationsfeld der Venus, um sich immer enger an die Sonne heranzuschleudern. Das siebte und letzte Manöver bei der Venus findet im November 2024 statt. Das darauf folgende tiefste Abtauchen in die heiße Korona ist laut Seaton ein wilder, absurd riskanter und fast unglaublicher Versuch: »Es ist erstaunlich, dass das Ding überhaupt funktioniert.«
Bei einer zweiten neuen Sonde handelt es sich um den Solar Orbiter, eine Mission der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Sie ist 2020 gestartet und beobachtet die Sonne von einer Distanz aus, die ungefähr der des Planeten Merkur entspricht. Sie kommt ihr mit etwas mehr als 40 Millionen Kilometer längst nicht so nah wie die Parker Solar Probe mit minimal sieben Millionen Kilometern. Der Solar Orbiter soll als erstes Observatorium die Polregionen der Sonne, die von der Erde aus kaum zu sehen sind, detailliert in den Blick nehmen. Neben der Korona soll er die »Heliosphäre« untersuchen. In diesem weitläufigen Bereich rund um die Sonne verlaufen nicht nur die Planeten, sondern es werden auch geladene Teilchen in alle Richtungen geblasen; der Rand der Heliosphäre bildet die Grenze unseres Sonnensystems.
Eine neue Ära der Sonnenforschung
Die beiden Raumsonden sind die jüngsten in einer Reihe von etwa zwei Dutzend Missionen zur Sonnenbeobachtung, die seit der ersten (namens Explorer 10) im Jahr 1961 gestartet wurden. 19 davon sind noch immer aktiv. Hinzu kommen viele spezialisierte Observatorien auf der Erde. Mit Satelliten und Höhenforschungsraketen lässt sich die Sonne auch aus Erdnähe beobachten. Für April 2025 plant die NASA den Start der Mission PUNCH (Polarimeter to Unify the Corona and Heliosphere) zur dreidimensionalen Beobachtung des Sonnenwinds, während dieser sich im Sonnensystem ausbreitet. Künftige Raumsonden könnten die Sonne in ihren höheren Breitengraden besuchen. Solche Flüge aus der relativ flachen Ebene der Planeten heraus sind eine reizvolle neue Perspektive, aber technisch eine Herausforderung. »Die Sonnenphysik ist eine sehr junge Wissenschaft«, sagt Lisa Upton von der Space Systems Research Corporation in Boulder, Colorado. »Das Meiste, was wir über die Sonne wissen, haben wir erst seit Beginn des Raumfahrtzeitalters in Erfahrung bringen können.«
Nur Weltraummissionen ermöglichen es, die Sonne aus nächster Nähe zu betrachten. Im Fall der Parker Solar Probe sogar so nahe, dass die Funktionsfähigkeit der Sonde ständig bedroht ist – doch bisher hat sie alles überstanden, was die Sonne ihr entgegengeworfen hat. Ein besonders heftiger Ausbruch ereignete sich am 12. März 2023, als sich die Parker Solar Probe sehr nah bei der Sonne befand. In einer Entfernung von nur 8,5 Millionen Kilometern von der Oberfläche prasselte ein ungewöhnlich starker Ausbruch von Plasma auf den Schutzschild der Sonde ein. Dahinter verbargen sich empfindliche Instrumente, die gerade die äußere Atmosphäre der Sonne untersuchten.
Die Erde, die Parker Solar Probe und der Solar Orbiter waren zufällig allesamt so ausgerichtet, dass sie den koronalen Massenauswurf (CME) gut ins Visier nehmen konnten. Mehr als 40 Observatorien auf der Erde ermöglichten es, gemeinsam mit der malträtierten Raumsonde ein noch nie da gewesenes Bild zu erstellen. »Wir waren so dicht an der Sonne und der Effekt war so heftig, dass wir das in den Daten der Beschleunigungssensoren sehen konnten«, erinnert sich Jim Kinnison, Ingenieur für die Parker Solar Probe am Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory (APL). »Ich glaube nicht, dass so etwas jemals zuvor beobachtet wurde.«
»Wir dachten, wir hätten die Struktur koronaler Massenauswürfe verstanden, aber die Details sind viel komplexer als vermutet«Nour Raouafi, NASA-Projektwissenschaftler der Parker Solar Probe
Der CME löste auf der Erde eine besondere Art von Wetterwarnung aus: Das so genannte Weltraumwetter wird ständig überwacht, da plötzlich auf die Erdatmosphäre einprasselnde geladene Teilchen aus dem All die Satelliten- und Telekommunikation empfindlich stören können. Die Parker Solar Probe beobachtete das gesamte Geschehen – von der Entstehung des koronalen Massenauswurfs über seine Emission von der Sonnenoberfläche (der Photosphäre) bis zu seiner Ausbreitung in Richtung unseres Planeten. »Wir dachten, wir hätten die Struktur dieser CMEs im Wesentlichen verstanden, aber was uns die Parker Solar Probe an Details geliefert hat, ist viel, viel komplexer als vermutet«, befindet Nour Raouafi vom APL. »Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass die Modelle, die wir für solche Ereignisse haben, unvollständig sind.«
Eine enorm dynamische Plasmakugel
Ähnlich wie die Erde besteht die Sonne aus mehreren Schichten. Tief im Inneren liegt der Kern, in dem Wasserstoff zu Helium und weiteren schwereren Elementen verschmilzt. Um diese Kugel herum befindet sich die Strahlungszone, in der die im Kern frei werdende Energie nach außen läuft, dann eine Konvektionszone, in der das Plasma umherwirbelt und Magnetfelder erzeugt. Die äußersten Schichten sind die Photosphäre (die helle Oberfläche), die Chromosphäre (der Übergangsbereich) und die Korona. Sie alle unterliegen verschiedenen physikalischen Einflüssen und Gesetzen: der Fluid- und Thermodynamik ebenso wie magnetischen und teilchenphysikalischen Effekten.
Diese Komplexität erschwert es enorm, die Sonne als Ganzes zu untersuchen. Heliophysiker Charles Kankelborg von der Montana State University formuliert es so: »Hin und wieder wache ich morgens auf und denke: Wäre es nicht schön, Astrophysiker zu sein? Dann müsste ich mich nicht mit alldem herumschlagen.« Die Vielfalt der Daten bedeutet jedoch auch, dass sich dank der neuen Beobachtungen langsam ein umfassendes Bild von der Funktionsweise der Sonne zusammensetzen lässt. »Ich beschäftige mich seit mehr als 20 Jahren mit diesem Thema, und plötzlich scheint alles auf einmal zu passieren«, stellt Dan Seaton fest. »Es ist wirklich aufregend, jeden Tag ins Büro zu kommen. Das war vorher nicht so.«
Insgesamt scheint mittlerweile klar zu sein, dass der Sonnenwind in der Korona entsteht, aber offen ist, wo und wie genau. Außerdem gibt es zwei Arten von Sonnenwind: einen schnellen, der sich mit 2,7 Millionen Kilometern pro Stunde fortbewegen kann und die Heliosphäre aufbläst, und einen langsamen, der mit einer Geschwindigkeit von 1,1 Millionen Kilometern pro Stunde aus der Äquatorzone strömt. Der schnelle und der langsame Wind enthalten voneinander abweichende Anteile an Atomsorten und Elektronen. Das deutet darauf hin, dass sie auf unterschiedliche Weise entstehen. Doch beide sind mit Magnetfeldern verbunden.
Explosives Platzen in brodelnden Felder
Diese Magnetfelder nehmen komplizierte Strukturen an. Während im Kern der Sonne Wasserstoff zu Helium fusioniert, strömt die dabei frei werdende Energie nach außen. Allerdings rotiert die Sonne an ihrem Äquator und an ihren Polen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Das Plasma besteht aus geladenen Teilchen, deren Bewegung mit den Magnetfeldern verknüpft ist. Deswegen verdrehen sich die Felder, die durch den Aufstieg der geladenen Teilchen im Inneren entstehen. Im Gegensatz zu einem Magneten mit fester Polarität sind die Felder der Sonne wie Reiskörner, die in einem Topf mit kochendem Wasser herumwirbeln. »Die Magnetfelder verdrehen und verwickeln sich auf ganz unintuitive Weise zu wirklich komplexen Konfigurationen«, erklärt Lisa Upton. Magnetfelder mit entgegengesetzter Polarität löschen sich gegenseitig aus und erzeugen dabei abrupt neue Feldstrukturen mit völlig anderer Ausrichtung. Wie ein gespanntes Gummiband, das plötzlich reißt, kann diese so genannte Rekonnexion unvermittelt große Mengen Plasma aus der Sonne herausschießen lassen.
Jüngeren Forschungsergebnissen zufolge führen gekreuzte Magnetfeldlinien manchmal zu einer bestimmten Art von Knick. Das löst wiederum S-förmige Wellen aus, die das Plasma herumschleudern. Solche Umlagerungen könnten zum langsamen Sonnenwind beitragen. Bezüglich des schnellen Sonnenwinds wiederum wiesen Nour Raouafi und seine Kollegen nach, dass er an der Basis der Korona von kleinen Plasmabündeln ausgeht, Jetlets genannt. Im Jahr 2023 wurden zudem Teilchenströme entdeckt, die in Löchern in der Korona entstehen und den schnellen Wind verursachen. Die Unterschiede zwischen dem langsamen und dem schnellen Sonnenwind liegen wohl in der Art und Weise, wie die Magnetfelder in den koronalen Löchern angeordnet sind.
Wenn man sich den Sonnenwind als starken Regenschauer vorstellt, sind die Jetlets wie die einzelnen Tropfen, aus denen er sich zusammensetzt. Die Jetlets befinden sich an hellen Stellen, an denen Magnetfeldlinien in die Sonne eintauchen und aus ihr austreten. Zusammengenommen ermöglichen es die Rekonnexion, die koronalen Löcher und die Jetlets dem Sonnenwind, aufzusteigen und der Schwerkraft der Sonne zu entkommen. »All die Aspekte, die wir nicht verstanden haben – die zusätzliche Hitze, die Art und Weise, wie der Wind hohe Geschwindigkeiten erreicht, die seltsamen magnetischen Umkehrungen –, sind tatsächlich sehr eng miteinander verbunden«, resümiert Sonnenphysiker Justin Kasper von der University of Michigan. »Langsam entsteht eine Art universelles Bild.«
Es ist nicht ein einziger Prozess, der die Korona hervorbringt. Kleine, dynamische Phänomene treiben größere an, die wir zwar leichter beobachten können, aber nicht gut verstehen, erläutert Craig DeForest vom Southwest Research Institute: »Wir finden gerade heraus, dass sie alle miteinander verbunden sind. Die Entdeckung der Jetlets hat klar gezeigt, wie wichtig diese kleinen, explosiven Ereignisse für die Korona und den Sonnenwind sind.«
Umstrittene Mechanismen
Andere Experten bezweifeln jedoch, dass die Jetlets genug Energie haben, um den Sonnenwind zu beschleunigen. Ihr Blubbern könnte zwar einen großen Teil des schnellen Sonnenwinds speisen, aber sie müssten ihn nicht unbedingt selbst hervorrufen, gibt Judy Karpen zu bedenken, Astrophysikerin am Goddard Space Flight Center der NASA. Die eigentliche Ursache könnte also eine andere sein. »In jedem Fall scheint die Rekonnexion allerdings die wichtige Gemeinsamkeit zu sein.« Charles Kankelborg zufolge tragen die Jetlets jedenfalls genug Energie bei, um den Sonnenwind aufrechtzuerhalten, selbst wenn sie ihn nicht direkt erzeugen sollten. Magnetische Rekonnexion könnte außerdem das koronale Plasma aufheizen. Damit stehen die Jetlets möglicherweise hinter dem Mysterium der extrem hohen Temperatur der Korona. Verwandte kleinräumige Erscheinungen, so genannte Nanoflares, könnten eine zusätzliche Rolle spielen.
Die Sonne ist ein Teilchenbeschleuniger, eine gigantische Kugel aus Plasma, ein sich selbst erhaltender thermonuklearer Reaktor, Dreh- und Angelpunkt des Planetensystems. Mit ihrer gewaltigen Masse und Energie wurde sie zur Quelle allen Lebens auf der Erde. Menschen versuchen seit jeher, ihr Wirken zu begreifen, und nun gelingt uns das immer besser. Die Erforschung der Dynamik der Sonne verknüpft viele wissenschaftliche Disziplinen miteinander, und sie verbindet uns darüber hinaus sogar mit anderen Sternsystemen.
Indem wir unseren Mutterstern kennen lernen, erfahren wir einerseits etwas über seine Verwandten im gesamten Kosmos, die zu weit entfernt sind, als dass wir sie im Detail untersuchen könnten. Andererseits helfen umgekehrt Astronomen, die ferne Sterne untersuchen, zu entschlüsseln, wie unsere Sonne aussah, als sie gerade geboren wurde, und was bei ihrem Tod in fünf Milliarden Jahren geschehen wird. Bis dahin bleibt es eine Tatsache, dass die Sonne jeden Morgen aufgeht und weiterhin aufgehen wird. Auch diese ebenso banale wie beruhigende Sicherheit verdanken wir dem Umstand, dass wir ihre physikalischen Mechanismen zu verstehen gelernt haben.
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