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Energie der Zukunft - Zukunft der Energien: Sonnig

Die Sonne ist der Quell aller Energie. Und doch tun sich die Menschen schwer, Nutzen daraus zu ziehen - zumindest für Wirtschaft und Industrie.
Sonnenprotuberanz
Naturwissenschaftlich Gebildete schütteln regelmäßig den Kopf, wenn sie andere von "erneuerbaren" Energie reden hören. Haben sie doch in der Schule oder spätestens im Studium eingebläut bekommen, dass sich Energie nicht aus dem Nichts "neu" erzeugen lässt; sie wandelt sich ausschließlich von einer Erscheinungsform in eine andere um. Trotzdem geistert seit Jahren der Begriff der "erneuerbaren Energien" umher. Gemeint sind damit Quellen, die für menschliche Begriffe schier unerschöpflich sind oder deren Ausgangsmaterialien nachwachsen. Dazu zählt die Wasserkraft ebenso wie die Windenergie oder die Biomasse.

Im Grunde genommen verdanken alle Energieträger ihre Existenz aber letztendlich der Sonne – die fossilen wie Kohle, Öl und Gas eingeschlossen. Auf der Erde angekommen erwärmen die Sonnenstrahlen zunächst einmal den Boden, oder sie verdampfen Wasser – so entstehen Winde, und der Kreislauf des Wassers setzt sich in Gang. Über die Fotosynthese findet sich die Kraft der Sonne in der Biomasse wieder – in den Pflanzen beispielsweise, die den Menschen und Tieren als Nahrung dienen und sie so ebenfalls mit Lebensenergie versorgen. Durch geologische Prozesse entstanden zudem über Jahrmillionen aus ehemaliger Biomasse die heute so wichtigen fossilen Energieträger Kohle, Erdöl und Erdgas. Und wenn man den Wissenschaftlern glauben schenken darf, die behaupten, dass alle schweren chemischen Elemente vom Eisen bis hinauf zum Uran vor Äonen in fernen Sonnen ausgebrütet worden sind, dann begründet sich schlussendlich auch die Kernenergie auf die Aktivität von Gestirnen.

Gut 500 Petawatt Leistung auf der gesamten Erde

Unser Zentralgestirn deponiert im Durchschnitt auf jeden Quadratmeter eine energetische Leistung von gut eintausend Watt. Das reicht aus, um beispielsweise ein Bügeleisen oder einen Staubsauger zu betreiben. Man stelle sich das einmal vor: Etwa 500 Billionen Menschen – so viel Quadratmeter hat die Oberfläche der Erde – stehen jeweils auf einem Quadratmeter und bügeln Wäsche oder saugen den Staub von ihrem kleinen Grundstück (wenn sie nicht gerade im Wasser stehen ...). Welch eine Hitze! Welch ein Lärm! Zum Glück, dass es so viele Menschen nicht gibt. Den Energiehunger der gut sechseinhalb Milliarden Erdenbewohner könnte die Sonne aber zigtausendmal stillen. Und dass noch über Milliarden von Jahren. Was läge da näher, als diese Primärquelle direkt anzuzapfen.

Doch tun sich die Menschen mit der Nutzung des Sonnenlichts noch recht schwer, obgleich es zwei verschiedene Methoden gibt. Zum einen erhitzen die Sonnenstrahlen auf vielen Dächern bereits Wasser, das durch Rohrleitungen in eigens dafür angebrachten Panels zirkuliert und die Bewohnern dieser Häuser mit warmen Wasser versorgt. In den südlichen Ländern ist diese direkte Nutzung der Sonnenenergie durchaus üblich, wovon man sich im Urlaub – sei es in Südeuropa, Asien, Südamerika oder Afrika – leicht überzeugen kann. Man sehe sich dort die Dächer nur einmal etwas genauer an. Oft erkennt man darauf Tonnen, die mit Wasser gefüllt sind.

Solarkollektoren liefern Wärme

Aber auch in Deutschland erfreuen sich die Sonnenkollektoren immer größerer Beliebtheit, um zusätzlich warmes Wasser zur Verfügung zu haben oder gar die Wohnung zu heizen. Um zu spüren, welche Wärmeleistung in der Sonne steckt, braucht man im Frühjahr nur einmal in ein Treibhaus zu gehen oder sich im Sommer auf den heißen Asphalt einer Straße zu legen. Auch die Millionen Sonnenhungrigen, die Jahr für Jahr an die südlichen Sandstrände pilgern, um sich in Seit-, Rücken- und Bauchlage lückenlos braun brutzeln lassen, sind ein Beleg für die Strahlkraft unseres Zentralgestirns. Davon lebt mittlerweile eine Milliarden Euro schwere Tourismusindustrie.

Doch schon Archimedes von Syrakus hat sich vermutlich das gleißende Licht zu Nutze gemacht, als er mit Brennspiegeln eine feindliche Flotte in Brand gesteckt haben soll. Nach einem ähnlichen Prinzip funktionieren heute auch so genannte Solarkraftwerke, bei denen Spiegel das Sonnenlicht gezielt auf Röhren oder sonstige Behälter konzentrieren und so Temperaturen von bis zu 1300 Grad Celsius erreichen, womit sich Dampfturbinen zur Stromerzeugung betreiben lassen.

Solarzellen liefern Strom

Technisch raffinierter ist aber die so genannte Fotovoltaik, die direkte Umwandlung des Sonnenlichts in elektrischen Strom. Die physikalische Grundlage für diesen Prozess ist der so genannte fotoelektrische Effekt, für dessen Erklärung Albert Einstein 1921 den Nobelpreis für Physik erhielt. Einige Materialien – insbesondere Halbleiter – erzeugen eine Spannung, wenn man sie dem Sonnenlicht aussetzt.

Bislang ist der Anteil der Sonnenenergie an der weltweiten Stromerzeugung aber insgesamt noch minimal – obgleich Deutschland auf diesem Gebiet nach Japan und vor den Vereinigten Staaten am engagiertesten ist. Doch produzieren Solarzellen in unserer Heimat bislang weniger als ein Prozent der Elektrizität.

Farbstoffsolarmodul | Im Siebdruckverfahren und in Glaslottechnik hergestelltes, transparentes Farbstoffsolarmodul vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme: Es soll Architekten einen Anreiz geben, sich mit der Technik von Solarzellen zu beschäftigen. Ästhetische Gründe können bei diesen neuartigen Modulen eigentlich nicht mehr ins Feld geführt werden.
Dennoch glauben viele Unternehmen, dass diese Branche eine glänzende Zukunft besitzt. Unter ihnen finden sich Energieriesen wie RWE, Ölkonzerne wie Shell oder BP sowie Spezialhersteller wie der Glasproduzent Schott. Die Fraunhofer-Gesellschaft, die sich vornehmlich auf anwendungsorientierte Forschung mit einem Zeithorizont von wenigen Jahren konzentriert, hat sogar eigens ein Institut in Konstanz für diesen Technologiezweig eingerichtet. Mittlerweile hält das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme mehrere Weltrekorde, unter anderem den für multikristalline Solarzellen aus Silizium, die Wirkungsgrade von über zwanzig Prozent erreichen.

Marktpotenzial von gut 100 Milliarden Euro

Die deutsche Unternehmensvereinigung Solarwirtschaft schätzt das langfristige Weltmarktpotenzial der Solarstromtechnologie sogar auf über 100 Milliarden Euro. Doch hat dieser Energieträger bislang einen gewaltigen Pferdefuß – kostet eine Kilowattstunde Sonnenstrom doch noch drei- bis viermal so viel wie diejenige aus herkömmlichen Energieträgern. Grund: Die Solarzellenherstellung ist relativ aufwändig. Viele Investoren schrecken daher davor zurück, wenngleich Studien zeigen, dass Solaranlagen spätestens nach fünf Jahren so viel Energie erzeugt haben wie ihre Herstellung verschlungen hat.

Zudem ist die Solarbranche noch immer ein Nischenmarkt. Viele Befürworter dieser Technik meinen aber, dass der Preis rapide sinkt, sobald er erst einmal zum Massenmarkt geworden ist. Der gleichen Meinung scheinen auch einige Spekulanten zu sein – zählen die Aktien von Solaranlagenherstellern seit geraumer Zeit doch zu den Rennern an der Börse

Messstation mit Solarpanel | Messstation im Wallis in den Schweizer Alpen: Solarmodule können an entlegenen Orten Strom zur Verfügung stellen.
Einen besonderen Reiz hat die Technik allemal: Ohne Abgase zu produzieren, erhält man Strom, indem man ein Stück Material einfach in die Sonne hält. Besonders in entlegenen Teilen der Welt, dort wo es kein verzweigtes Stromnetz gibt, ist die Solarenergie daher oft eine Option. Das gilt aber nicht nur für Entwicklungsländer, sondern ebenfalls beispielsweise für einsame Hütten oder Wetterstationen in Gebirgen wie den Alpen oder – was jetzt schon in Richtung Massenmarkt geht – für Signalanlagen entlang von Autobahnen. Ein ähnliches Argument gilt für die Raumfahrtindustrie, die sich mit ihren Satelliten und Sonden ja bekanntlich in Regionen vorwagt, in denen man mit Sicherheit kein brauchbares Stromnetz zu erwarten hat. Die Raumfahrt gilt daher als Pionier und Wegbereiter dieser Technologie.

Wasserstoff als möglicher Energiespeicher

Leute, die sehr weit in die Zukunft blicken, sehen zudem eine Verknüpfung der Solarenergie mit einer noch zu entwickelnden Wasserstoff-Wirtschaft. Schließlich lässt sich der Sonnenstrom nur sehr schlecht in ausreichender Menge kompakt speichern. Würde man ihn aber für die Elektrolyse von Wasser benutzen, bei der neben Sauerstoff auch der hochenergetische Wasserstoff entsteht, ließe sich dieses Gas gut lagern und bei Bedarf in Brennstoffzellen verbrennen. Damit lassen sich sogar Autos antreiben.

Aber bis dahin ist noch ein weiter Weg. Zunächst müssen die Kosten für die Stromgewinnung aus Sonnenenergie runter. Und eine Infrastruktur für die Wasserstoff-Wirtschaft muss auch erst noch geschaffen werden. Doch sind das nicht nur Hirngespinste einiger weltfremder Menschen. Was sagte noch der ehemalige EU-Forschungskommissar Philippe Busquin bei seiner Verabschiedung vor gut zwei Jahren? Wenn man sich an ihn erinnert, soll im Gedächtnis bleiben, dass er mithalf, die Weichen in eine neue energetische Zukunft auf Basis der Wasserstoff-Technologie gestellt zu haben. Aber das ist eine Geschichte, die wir ein anderes Mal erzählen.

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