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Sozialverhalten: Wann wir Fremden vertrauen

Eine Runde mit lauter fremden Menschen, und alle begegnen Ihnen reserviert? Dann sehen Sie vielleicht jemandem ähnlich, der sich unbeliebt gemacht hat.
Sich gegenüberstehende Schwestern

Ob wir jemandem spontan Vertrauen schenken, hängt von unseren Erfahrungen mit ähnlich aussehenden Menschen ab. Wie ein Team um Oriel FeldmanHall von der Brown University in der Fachzeitschrift »Proceedings of the National Academy of Sciences« berichtet, genügt es, wenn eine leichte Ähnlichkeit mit jemandem besteht, der uns zuvor übervorteilt hat: Schon neigen wir eher zu Misstrauen.

In einer Reihe von Experimenten ließen die Neurowissenschaftlerin und ihre Kollegen wiederholt Probanden Geld investieren. Der Einsatz vervierfachte sich zwar grundsätzlich; jedoch durfte ein unbekannter Mitspieler darüber verfügen, die Summe also entweder gerecht teilen oder komplett für sich behalten. Die Versuchspersonen lernten drei Arten von Spielpartnern kennen: Einer verhielt sich in 93 Prozent der Fälle kooperativ, einer in 60 Prozent und einer in 7 Prozent der Fälle. Von dem vermeintlichen Mitspieler bekamen die Versuchspersonen stets nur ein Foto auf einem Bildschirm zu sehen.

Die guten ebenso wie die schlechten Erfahrungen hinterließen Spuren. Als die Probanden für die zweite Spielrunde anhand von Fotos neue Spielpartner wählen sollten, entschieden sie sich häufiger für jene, die den kooperativsten Mitspielern der ersten Runde ähnelten. Es genügte schon eine entfernte Ähnlichkeit, um die Präferenz zu beeinflussen. Die Versuchspersonen waren sich dessen nicht bewusst.

Indem sie den Grad der Ähnlichkeit zwischen den Bildern variierten, konnten die Forscher zeigen, dass sich die Vorlieben der Probanden für neue Mitspieler entsprechend veränderten. Wie außerdem Aufnahmen von der Hirnaktivität während des Spielens und bei der Wahl des Spielpartners zeigten, waren in beiden Situationen vor allem die emotionsverarbeitenden Mandelkerne (Amygdalae) aktiv.

Das Gehirn orientiere sich bei Entscheidungen an vergangenen Erfahrungen, erläutern die Wissenschaftler. FeldmanHall vergleicht die Lernprozesse mit denen des pawlowschen Hundes, der beim Ertönen einer Glocke immer wieder Futter bekommt, bis ihm schließlich schon beim Glockenton allein das Wasser im Mund zusammenläuft. Demnach würden Menschen ihr Vertrauen zu fremden Menschen zumindest teilweise auf das simpelste Lernprinzip gründen: die klassische Konditionierung.

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