Hirnforschung: Spezialisten sortieren selbst
Bei der eintreffenden Informationsflut, die unsere Augen liefern, ist ein Vorsortieren auf unterer Ebene sinnvoll, bevor sich die Spezialisten im Gehirn an die Auswertung machen. Doch offenbar ist die Arbeitsteilung gar nicht so ausgeprägt.
Zu den grundlegenden Funktionen unseres Sehsystems gehört die Wahrnehmung von Bewegung. Sie ist immer dann wichtig, wenn wir in uns in unserer Umwelt bewegen, oder wenn andere Lebewesen oder Objekte sich um uns herum bewegen. In der Großhirnrinde von Primaten finden sich die ersten Zellen, die selektiv auf Bewegungsrichtungen antworten, im primären visuellen Kortex: Bestimmte Zellen feuern zum Beispiel nur bei Bewegungen nach links. Dieser Teil des Gehirns ist vergleichbar mit einem Verschiebebahnhof: Alle Güter, die in die verschiedenen Fabriken einer Metropole sollen, müssen diesen Flaschenhals passieren und werden hier umgeladen. Die Güter repräsentieren die unterschiedliche visuelle Information, während die Fabriken Gebiete im Großhirn darstellen, die darauf spezialisiert sind, bestimmte Aspekte der visuellen Information weiter zu verarbeiten.
Bisher ging man davon aus, dass bereits extrahierte Information über Bewegung vom primären visuellen Kortex an die "Spezialisten" im Bewegungszentrum des Großhirns weitergeleitet wird, die Bewegungsinformation also nach Richtung vorsortiert wird. Bestimmte Zellen im Bewegungszentrum des Großhirns würden dann also etwa nur Informationen über Bewegungen nach links erhalten und daraus komplexere Zusammenhänge herausfiltern, etwa Eigenbewegung oder die Richtung von Fremdbewegungen, wie Beute oder Feind.
Und dabei erlebten sie eine Überraschung: Die Zellen feuerten nun nicht mehr nur bei Bewegungen in eine bestimmte Richtung, sondern bei allen Bewegungsrichtungen – ein Beleg dafür, dass sie mit all diesen Informationen versorgt werden und selbst in der Lage sind, zwischen Bewegungsrichtungen zu unterscheiden. "Diese Befunde deuten darauf hin, dass die Eingangsinformation in das bewegungsspezifische Hirnareal anders als bisher angenommen zum Teil unselektiv ist. Die Arbeitsteilung im Großhirn ist vermutlich erheblich weit reichender und die Hierarchie zwischen den verschiedenen Hirnarealen weniger ausgeprägt als bisher angenommen", fasst Hoffmann zusammen. "Das zeigt erneut, dass Informationsverarbeitung im Gehirn wie in modernen Großrechnern in hohem Maße parallel abläuft." Dadurch gewinnt das Gehirn wahrscheinlich mehr Sicherheit bei der Informationsverarbeitung – es arbeitet mit Netz und doppeltem Boden.
Darüber hinaus erlaubte die Manipulation von Erregung und Hemmung, die Mechanismen zu untersuchen, welche die Selektivität von Nervenzellen unabhängig von der Umgebungshelligkeit machen: Auch bei starker Helligkeit funktioniert die Informationsverarbeitung genauso gut wie bei normaler Beleuchtung oder Dämmerung, es kommt zu keiner Übererregung. Theoretische Überlegungen gehen davon aus, dass entweder hemmende Mechanismen zu dieser so genannten Kontrast-Normierung beitragen oder schnell einsetzende Ermüdungserscheinungen bei der Informationsübertragung. Die Gruppe um Hoffmann zeigte, dass Hemmung den wesentlichen Beitrag zur Kontrast-Normierung leistet und wir deshalb Bewegungsrichtungen und Geschwindigkeiten auch bei schnell wechselnden Beleuchtungsbedingungen richtig einschätzen können.
Bisher ging man davon aus, dass bereits extrahierte Information über Bewegung vom primären visuellen Kortex an die "Spezialisten" im Bewegungszentrum des Großhirns weitergeleitet wird, die Bewegungsinformation also nach Richtung vorsortiert wird. Bestimmte Zellen im Bewegungszentrum des Großhirns würden dann also etwa nur Informationen über Bewegungen nach links erhalten und daraus komplexere Zusammenhänge herausfiltern, etwa Eigenbewegung oder die Richtung von Fremdbewegungen, wie Beute oder Feind.
Diese Annahme hat die Forschergruppe um Klaus-Peter Hoffmann nun gezielt geprüft, indem sie das Gleichgewicht von Hemmung und Erregung im Bewegungszentrum von Affen manipulierten: Bestimmte Botenstoffe animieren Nervenzellen dazu, elektrische Impulse weiterzugeben (Erregung), andere verhindern das (Hemmung). Die Forscher nahmen Zellen im Bewegungszentrum unter die Lupe, die normalerweise nur bei Bewegungsinformationen in einer bestimmten Richtung aktiv werden. Die Frage war, ob sie nur diese Informationen bekommen oder ob sie selbst entscheiden, nur bei diesen zu feuern. Die Forscher gaben einen Wirkstoff, der die Hemmung aufhebt, auf einzelne solcher Nervenzellen im Gehirn und beobachteten ihre Aktivität.
Und dabei erlebten sie eine Überraschung: Die Zellen feuerten nun nicht mehr nur bei Bewegungen in eine bestimmte Richtung, sondern bei allen Bewegungsrichtungen – ein Beleg dafür, dass sie mit all diesen Informationen versorgt werden und selbst in der Lage sind, zwischen Bewegungsrichtungen zu unterscheiden. "Diese Befunde deuten darauf hin, dass die Eingangsinformation in das bewegungsspezifische Hirnareal anders als bisher angenommen zum Teil unselektiv ist. Die Arbeitsteilung im Großhirn ist vermutlich erheblich weit reichender und die Hierarchie zwischen den verschiedenen Hirnarealen weniger ausgeprägt als bisher angenommen", fasst Hoffmann zusammen. "Das zeigt erneut, dass Informationsverarbeitung im Gehirn wie in modernen Großrechnern in hohem Maße parallel abläuft." Dadurch gewinnt das Gehirn wahrscheinlich mehr Sicherheit bei der Informationsverarbeitung – es arbeitet mit Netz und doppeltem Boden.
Darüber hinaus erlaubte die Manipulation von Erregung und Hemmung, die Mechanismen zu untersuchen, welche die Selektivität von Nervenzellen unabhängig von der Umgebungshelligkeit machen: Auch bei starker Helligkeit funktioniert die Informationsverarbeitung genauso gut wie bei normaler Beleuchtung oder Dämmerung, es kommt zu keiner Übererregung. Theoretische Überlegungen gehen davon aus, dass entweder hemmende Mechanismen zu dieser so genannten Kontrast-Normierung beitragen oder schnell einsetzende Ermüdungserscheinungen bei der Informationsübertragung. Die Gruppe um Hoffmann zeigte, dass Hemmung den wesentlichen Beitrag zur Kontrast-Normierung leistet und wir deshalb Bewegungsrichtungen und Geschwindigkeiten auch bei schnell wechselnden Beleuchtungsbedingungen richtig einschätzen können.
© Ruhr-Universität Bochum
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