Genetik: Spiegelkarpfen mit Reserve-Gen
Guter Geschmack, wenig Schuppen und ein hoher Rücken, der den Teller ausfüllt: Der gerade in seine Saison startende Spiegelkarpfen ist seit Jahrtausenden ein beliebter Speisefisch. Aber kein Fisch würde wohl freiwillig zum Leckerbissen mutieren, wenn die dazu nötigen genetischen Veränderungen nicht auch ein nicht auch ein paar Vorteile mit sich brächten.
Der Spiegelkarpfen ist nicht nur bei Anglern beliebt. Auch Köche schätzen ihn aufgrund seiner fast fehlenden Beschuppung sehr, die ihnen die Zubereitung deutlich erleichtert. Diese "nutzerfreundliche" Eigenschaft haben die Fische mittelalterlichen Mönchen zu verdanken, die sie in ihren Klöstern züchteten und mit Genuß nicht nur an Freitagen verspeissten. Was eigentlich hinter dem schuppenfreien Erfolgsgeheimnis des idealen Speisefisches steckt, blieb da verständlicherweise lange zweitrangig. Dabei steckt auch in den Genveränderungen der Spiegelkarpfen eine spannende Geschichte, die nun Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie erzählen.
Dem Spiegelkarpfen und anderen gering beschuppten Fischen scheint die Mutation jedoch nichts auszumachen. Rohner und seine Kollegen durchsuchten das Erbgut des Zebrabärblings (Danio rerio) und fand die Erklärung: Die Fische haben zwei fast identische Kopien des betroffenen Gens. Eine davon ist die Version, bei der die Mutation Schuppenlosigkeit bedingt. Die andere Kopie ist nicht mutiert. Sie dient als eine Art "genetische Sicherungskopie" und verhindert die negativen Auswirkungen des fehlerhaften Zwilling-Gens während der frühen Entwicklungsphase. Kurz bevor der Fischembryo Schuppen bildet, schaltet sie sich allerdings ab: Nun ist lediglich noch das mutierte Gen aktiv – und der Fisch entwickelt nur wenig Schuppen.
"Teilen sich zwei Gene eine bestimmte Aufgabe, die ursprünglich nur von einem erfüllt wurde, so kann die Natur es sich leisten, selbst wichtige Gene zu mutieren. Dadurch können ganz neue Eigenschaften im Organismus hervorgerufen werden. Dieser Mechanismus scheint eine wichtige Triebfeder für die unglaubliche Artenvielfalt zu sein, die es bei Fischen gibt", erklärt Rohner.
Auch beim Menschen kommen viele Abschnitte im Erbgut in unterschiedlicher Kopienzahl vor. Hier wirken sie sich auf die Ausprägung verschiedener Merkmale oder die Anfälligkeit für bestimmte Krankheiten aus.
Die Forscher um Nicolas Rohner fanden heraus, dass eine Mutation in einem einzigen Gen die Ausbildung von Schuppen verhindern kann. Dieses Gen kodiert für den Fibroblasten Wachstumsfaktor Rezeptor 1. Was die Biologen daran zunächst besonders erstaunte war, dass der Fisch trotz dieser Veränderung überhaupt lebensfähig bleibt. Schließlich ist dieser Rezeptor nämlich an vielen wichtigen Prozessen der Embryonalentwicklung beteiligt; eine Mutation sollte daher zu schwerwiegenden Problemen führen. Wie bei Mäusen zum Beispiel: Ihre Embryos sind mit Defekten in diesem Gen nicht lebensfähig. Auch beim Menschen ist das Gen lebensnotwendig. Ist seine Funktion teilweise beeinträchtigt, führt dies zu Erbkrankheiten, die mit einem beeinträchtigten Geruchssinn und einer Unterfunktion der Hoden oder Eierstöcke verbunden sind, dem Kallmann-Syndrom.
Dem Spiegelkarpfen und anderen gering beschuppten Fischen scheint die Mutation jedoch nichts auszumachen. Rohner und seine Kollegen durchsuchten das Erbgut des Zebrabärblings (Danio rerio) und fand die Erklärung: Die Fische haben zwei fast identische Kopien des betroffenen Gens. Eine davon ist die Version, bei der die Mutation Schuppenlosigkeit bedingt. Die andere Kopie ist nicht mutiert. Sie dient als eine Art "genetische Sicherungskopie" und verhindert die negativen Auswirkungen des fehlerhaften Zwilling-Gens während der frühen Entwicklungsphase. Kurz bevor der Fischembryo Schuppen bildet, schaltet sie sich allerdings ab: Nun ist lediglich noch das mutierte Gen aktiv – und der Fisch entwickelt nur wenig Schuppen.
"Teilen sich zwei Gene eine bestimmte Aufgabe, die ursprünglich nur von einem erfüllt wurde, so kann die Natur es sich leisten, selbst wichtige Gene zu mutieren. Dadurch können ganz neue Eigenschaften im Organismus hervorgerufen werden. Dieser Mechanismus scheint eine wichtige Triebfeder für die unglaubliche Artenvielfalt zu sein, die es bei Fischen gibt", erklärt Rohner.
Auch beim Menschen kommen viele Abschnitte im Erbgut in unterschiedlicher Kopienzahl vor. Hier wirken sie sich auf die Ausprägung verschiedener Merkmale oder die Anfälligkeit für bestimmte Krankheiten aus.
© Max-Planck-Gesellschaft
Die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) ist eine vorwiegend von Bund und Ländern finanzierte Einrichtung der Grundlagenforschung. Sie betreibt rund achtzig Max-Planck-Institute.
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