News: Spielregelspeicher
Ein guter Kandidat hierfür ist der präfrontale Cortex – der Teil der Großhirnrinde, der direkt über den Augen liegt. Die Wissenschaftler betonen jedoch: "Wir wissen nicht, wie, ja, noch nicht einmal, ob die Neuronen des präfrontalen Cortex abstrakte Regeln erfassen. Es ist nahezu nichts darüber bekannt, wie derartige Abstraktionen im Gehirn gespeichert werden."
Um der Sache näher auf den Grund zu gehen, trainierten sie Rhesusaffen zwischen "gleich" und "verschieden" bei Bildern zu unterscheiden. Nach neun Monaten Training hatten die Affen die "Spielregeln" begriffen und konnten sie auch bei Bildern anwenden, die sie nie zuvor gesehen hatten – ein deutliches Zeichen für intelligentes Verhalten. Mit Magnetresonanz-Spektroskopie erfassten die Forscher, welche Hirnareale der Versuchstiere dabei aktiv wurden. Gleichzeitig maßen sie die Antwort einzelner Neurone des Großhirns.
Der Verdacht der Wissenschaftler bestätigte sich: Bestimmte Neurone des präfrontalen Cortex feuerten, wenn die Versuchstiere ihre Entscheidung fällten. "Die überwiegende Mehrheit der Neuronen war mit der Abstraktion beschäftigt statt mit dem Kurzzeitgedächtnis", betont Wallis. Mit anderen Worten: Der präfrontale Cortex ist die Hirnregion, welche die Spielregeln abspeichert, selbst aber nicht mitspielt.
Mit dieser Erkenntnis lassen sich, so hoffen die Wissenschaftler, Geisteskrankheiten wie Schizophrenie, Zwangsneurosen oder das Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom besser verstehen, denn diese Krankheiten können bei Verletzungen des präfrontalen Cortex auftreten. Bisher vermuteten Ärzte eine Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses bei diesen Störungen. Vielleicht führt aber auch mangelnde Abstraktion zu den typischen Symptomen wie Unaufmerksamkeit oder gestörtes Denk- und Assoziationsvermögen. "Das macht Sinn", meint Miller, "denn komplexes Verhalten erfordert die Kenntnis der 'Spielregeln'."
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