Bio-Doping: Spinat statt Anabolika
Wer denkt, Grünzeug ließe den Bizeps schrumpfen, dem hat das Forscherteam um Maria Kristina Parr von der Freien Universität Berlin nun das Gegenteil bewiesen. Das Team verabreichte Sportlern Ecdysteron: ein Steroidhormon, das im Spinat vorkommt. Damit schnitten die Männer beim Krafttraining besser ab und bauten mehr Muskeln auf, berichtet das Team im Fachblatt »Archives of Toxicology«.
46 Männer im Durchschnittsalter von 25,6 Jahren schluckten zehn Wochen lang Pillen mit oder ohne den Spinatwirkstoff. Parallel dazu absolvierten sie einen vorgegebenen Trainingsplan. Am Ende konnten alle Männer mehr Gewicht stemmen. Die, die Ecdysteron bekommen hatten, durften sich aber über einen dreimal höheren Kraftzuwachs freuen als die Kontrollgruppe. Außerdem waren ihre Muskeln stärker gewachsen. Den gleichen Effekt allein durch Gemüse zu erreichen, wird aber nicht ganz einfach. Um ähnliche Ecdysteron-Mengen wie in der Studie zu erreichen, müsste man täglich kiloweise Spinat essen.
Das allerdings hätte auch Nachteile: Ein Kilogramm des als sehr gesund geltenden Gemüses kann bis zu 3500 Milligramm Nitrat enthalten. Diese Stickstoffverbindung kann zu Krebs erregenden Nitrosaminen umgewandelt werden. Darum empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung Erwachsenen, täglich nicht mehr als etwa 222 Milligramm Nitrat zu sich zu nehmen. Wurde das Gemüse vorher tiefgefroren, dürfen es umgerechnet etwas mehr als 60 Gramm Spinat am Tag sein. Die 16 Kilo, die man laut Parr essen müsste, um die höchste Ecdysteron-Dosis in der Studie zu erreichen, sind sicher nicht empfehlenswert.
Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) unterstützte die Arbeit des Forscherteams. Dieser haben die Wissenschaftler nun empfohlen, Ecdysteron auf die Liste der im Sport verbotenen Substanzen zu setzen. Ob dies geschieht, hängt vom Ergebnis weiterer Studien und dem Ermessen der Doping-Experten ab. Ecdysteronhaltige Präparate sind frei verkäuflich und gelten laut Parr besonders in Russland als Wundermittel für Leistungssteigerung im Sport. In einer Studie mit Ratten hatte Ecdysteron sogar eine bessere Wirkung gezeigt als klassische Anabolika. Anders als die künstlich hergestellten Abkömmlinge des männlichen Sexualhormons Testosteron sollte das pflanzliche Hormon Ecdysteron außerdem keine vermännlichende Wirkung haben. Ob das tatsächlich so ist – und ob der Spinatwirkstoff auch die Muskeln von Frauen stärker macht – wurde jedoch noch nicht untersucht.
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