Sexuelle Selektion: Spirale der Gewalt
Wechselwarme Tiere sind gemeinhin nicht als heißblütige Casanovas bekannt. Werden jedoch die Weibchen knapp, legen sich Waldeidechsen-Männchen mächtig ins Zeug - und rotten sich dadurch selbst aus.
Die Waldeidechsen-Population in den französischen Cevennen führt an sich ein recht beschauliches Leben: Wenn die zierlichen Vertreter der Spezies Lacerta vivipara nicht auf der Jagd nach schmackhaften Würmern sind, liegen sie faul im feuchten Gras der Waldränder herum und lassen sich die Sonne auf den Rücken scheinen. Einmal im Jahr ist Paarungszeit, und zwei Monate später legen die Weibchen Eier, aus denen noch am selben Tag die schon ausgebildeten Jungen schlüpfen. Gefällt es einer Echse nicht mehr, wandert sie aus. Im Gegenzug sind Immigranten anderer Populationen herzlich willkommen. Ein freundliches Völkchen also – bis es in die Hände von Jean-Francois Le Galliard fiel.
Diese neu gegründeten Populationen setzte Le Galliard zusammen mit Kollegen aus Oslo, Cambridge und Tucson in großen Freilandgehegen aus. Um die emigrierfreudigen Gesellen unter den Kaltblütern nicht in ihrem Bewegungsdrang zu beschränken, besaß jedes Freigehege zusätzlich zu seinen hundert Quadratmetern Fläche noch einen zwanzig Meter langen Korridor, der in einer Fallgrube endete. Hatte eine Echse es bis hierhin geschafft, wurde sie in eine andere Population überführt. Wie würden die Waldeidechsen mit den ungleichen Geschlechterverhältnissen umgehen?
Die Wissenschaftler um Le Galliard vermuteten, dass es in Folge des Überschusses von Männchen oder Weibchen zu einer erhöhten Konkurrenz innerhalb der überzähligen Geschlechter kommt, die sich in tödlichen Rivalenkämpfen oder Emigration ausdrückt. Die Weibchen wurden diesen Erwartungen auch teilweise gerecht: In Ermangelung netter männlicher Gesellschaft suchten sie ihr Glück häufiger als üblich in der Ferne. Die Männchen jedoch verwandten eine weniger friedliche Strategie, mit dieser Situation umzugehen.
Die Aggressivität gegenüber dem anderen Geschlecht erklären sich die Wissenschaftler mit einem evolutionären Dilemma: Schaffen die Männchen es nicht, sich mit den wenigen verbliebenen Weibchen zu paaren, gehen ihre Gene verloren. Kurzfristig gesehen muss daher ihr erstes Ziel in der Weitergabe ihres Erbguts liegen. Die Weibchen jedoch werden durch die andauernde sexuelle Nötigung ausgezehrt; als Folge gebären sie weniger Nachwuchs und sterben früher.
Doch nicht nur die Waldeidechsen verfallen bei ungünstigen Geschlechterverhältnissen auf diese kontraproduktive Methode der sexuellen Selektion: Manche Fischweibchen werden bei Frauenmangel derart von ihren männlichen Artgenossen belästigt, dass sie keine Zeit mehr für die Futtersuche haben. Und die Weibchen der Crinia georgiana, eine Unterart der Australischen Südfrösche, muss gar mit dem Erstickungstod rechnen, wenn sie von zu vielen liebestollen Männchen heimgesucht wird. Auch die Hawaiische Mönchsrobbe (Monachus schauinslandi) täte besser daran, mit den arteigenen Weibchen netter umzugehen: Die männliche Aggression gegen das weibliche Geschlecht stellt für ihre Population das größte Überlebensrisiko dar.
Der Biologe vom Nationalen Forschungszentrum in Paris entführte einige Waldeidechsen, sortierte sie nach Alter und Geschlecht und teilte sie in zwölf Gruppen ein: Neben einigen jungendlichen sowie noch nicht geschlechtsreifen Echsen enthielt die eine Hälfte der Gruppen 14 Weibchen und vier Männchen. Die anderen Gruppen bestanden zu zwei Dritteln aus Männchen.
Diese neu gegründeten Populationen setzte Le Galliard zusammen mit Kollegen aus Oslo, Cambridge und Tucson in großen Freilandgehegen aus. Um die emigrierfreudigen Gesellen unter den Kaltblütern nicht in ihrem Bewegungsdrang zu beschränken, besaß jedes Freigehege zusätzlich zu seinen hundert Quadratmetern Fläche noch einen zwanzig Meter langen Korridor, der in einer Fallgrube endete. Hatte eine Echse es bis hierhin geschafft, wurde sie in eine andere Population überführt. Wie würden die Waldeidechsen mit den ungleichen Geschlechterverhältnissen umgehen?
Die Wissenschaftler um Le Galliard vermuteten, dass es in Folge des Überschusses von Männchen oder Weibchen zu einer erhöhten Konkurrenz innerhalb der überzähligen Geschlechter kommt, die sich in tödlichen Rivalenkämpfen oder Emigration ausdrückt. Die Weibchen wurden diesen Erwartungen auch teilweise gerecht: In Ermangelung netter männlicher Gesellschaft suchten sie ihr Glück häufiger als üblich in der Ferne. Die Männchen jedoch verwandten eine weniger friedliche Strategie, mit dieser Situation umzugehen.
In ihrem evolutionären Drang, ihre Gene unters Volk zu bringen, sahen sie zumeist nur einen Ausweg: Sie zwangen die Weibchen zum Verkehr. Zahlreiche Bisswunden im Bauch und auf dem Rücken der Damen zeugten von der unfreiwilligen Paarung, einige der malträtierten Weibchen starben. Zudem warfen die genötigten Eidechsen weniger Junge. Die Folge: Bei der Paarung ein Jahr später sahen sich die Männchen mit noch weniger Weibchen konfrontiert. Dies wiederum erhöhte ihre Aggressivität gegenüber dem begehrten Geschlecht – ein Teufelskreis, der über die Jahre zwangsläufig zur Ausrottung führt, wie die Forscher mittels stochastischer Berechnungen ermittelten.
Die Aggressivität gegenüber dem anderen Geschlecht erklären sich die Wissenschaftler mit einem evolutionären Dilemma: Schaffen die Männchen es nicht, sich mit den wenigen verbliebenen Weibchen zu paaren, gehen ihre Gene verloren. Kurzfristig gesehen muss daher ihr erstes Ziel in der Weitergabe ihres Erbguts liegen. Die Weibchen jedoch werden durch die andauernde sexuelle Nötigung ausgezehrt; als Folge gebären sie weniger Nachwuchs und sterben früher.
Doch nicht nur die Waldeidechsen verfallen bei ungünstigen Geschlechterverhältnissen auf diese kontraproduktive Methode der sexuellen Selektion: Manche Fischweibchen werden bei Frauenmangel derart von ihren männlichen Artgenossen belästigt, dass sie keine Zeit mehr für die Futtersuche haben. Und die Weibchen der Crinia georgiana, eine Unterart der Australischen Südfrösche, muss gar mit dem Erstickungstod rechnen, wenn sie von zu vielen liebestollen Männchen heimgesucht wird. Auch die Hawaiische Mönchsrobbe (Monachus schauinslandi) täte besser daran, mit den arteigenen Weibchen netter umzugehen: Die männliche Aggression gegen das weibliche Geschlecht stellt für ihre Population das größte Überlebensrisiko dar.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.