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Galaxienentwicklung: Spirale frisst Zwerg

Spiralgalaxie frisst Zwerggalaxie
Galaxien sind von Natur aus Kannibalen: In den gängigen Modellen der Galaxienevolution wachsen sie, indem sie sich andere Sternensysteme einverleiben. Spiralgalaxien wie unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße, wachsen, in dem sie kleinere Zwerggalaxien schlucken.

In der Umgebung der Milchstraße und in den Randgebieten der uns nächstgelegenen Galaxien der so genannten lokalen Gruppe sind die Spuren des galaktischen Kannibalismus von Spiralgalaxien seit 1997 bekannt. Doch die lokale Gruppe mit ihren drei Spiralgalaxien (und zahlreichen Zwerggalaxien) ist nur eine sehr kleine kosmische Stichprobe, und insbesondere zu klein, um quantitativ nachprüfen zu können, ob sich die Vorhersagen der theoretischen Modelle zur Häufigkeit galaktischer Verschmelzungen mit den Beobachtungen decken.

Jetzt ist es einer neuen Durchmusterung erstmals gelungen, die verräterischen Sternranken galaktischer Verdauungsprozesse jenseits der lokalen Gruppe nachzuweisen. Eine internationale Forschergruppe unter der Leitung von David Martínez-Delgado (Max-Planck-Institut für Astronomie und Instituto de Astrofísica de Canarias) hat ein Pilotprojekt zur Durchmusterung von Spiralgalaxien in bis zu 50 Millionen Lichtjahren Entfernung durchgeführt und dabei Spuren von Spiralgalaxien gefunden, die Zwerggalaxien verspeist haben.

Kommt eine kleinere Galaxie – etwa eine Zwerggalaxie – einer Spiralgalaxie zu nahe, dann führt die ungleichmäßige Gravitationsanziehung der größeren Galaxie dazu, dass das kleinere Sternsystem massiv verzerrt wird. Über einige Milliarden Jahre hinweg entwickeln sich rankenartige Strukturen, die durch genaue Beobachtung nachgewiesen werden können.

Ein typisches Resultat ist, dass die kleinere Galaxie zu einem länglichen "Gezeitenstrom" aus Sternen verformt wird, dessen Sterne sich im Laufe der nachfolgenden weiteren Milliarden Jahre komplett mit den Sternen der größeren Galaxie vermischen. Die neue Studie zeigt, dass größere Gezeitenströme mit einer Masse zwischen 1 und 5 Prozent der Gesamtmasse der Galaxie in Spiralgalaxien recht häufig vorkommen.

Detaillierte Simulationen zur Evolution von Galaxien sagen sowohl die Gezeitenströme als auch eine Reihe anderer gut erkennbarer Spuren von Verschmelzungen voraus, etwa gigantische Wolken oder jetähnliche Strömungen, die aus der galaktischen Scheibe hervortreten. Interessanterweise finden sich in den neuen Beobachtungen all diese verschiedenen Arten von Spuren – ein beeindruckender Beleg dafür, dass die Astronomen mit ihren Modellen der Galaxienentwicklung auf dem richtigen Wege sind.

Die Bilder von Delgado und seinen Kollegen, die extrem tief in den Weltraum blicken, läuten eine neue Runde von systematischen Studien der Wechselwirkungen zwischen Galaxien ein. Der nächste Schritt der Forschergruppe besteht darin, eine derzeit laufende genauere Durchmusterung zu vollenden, mit deren Hilfe sich die Modelle zur Galaxienevolution dann auch quantitativen Tests unterziehen lassen. Beispielsweise sollte diese neue Durchmusterung zeigen, ob die Simulationen die relativen Häufigkeiten der verschiedenen Arten von Verschmelzungsspuren korrekt vorhersagen.

Beachtenswerterweise wurden diese erstklassigen neuen Ergebnisse mit den Teleskopen ehrgeiziger Amateurastronomen gewonnen: Für ihre Beobachtungen nutzten die Astronomen Teleskope mit Öffnungsdurchmessern zwischen 10 und 50 Zentimetern, ausgerüstet mit handelsüblichen CCD-Kameras. Es handelt sich um robotische Teleskope (die also aus der Ferne gesteuert werden können) in zwei Privatsternwarten in den USA und einer Privatsternwarte in Australien.

Die Ergebnisse zeigen, was sich mit systematischer Arbeit an kleineren Instrumenten erreichen lässt. Während größere Teleskope zweifelsfrei besser darin sind, sehr weit entfernte, aber vergleichsweise helle Sternensysteme – etwa aktive Galaxien – nachzuweisen, hat diese Durchmusterung so tief wie bislang nur möglich in die Welt der herkömmlichen Spiralgalaxien geblickt, also der Geschwister unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße.

Quelle: Max-Planck-Institut für Astronomie

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