Sportmedizin: Kugelzellenanämie
Auffallende Blutwerte von Sportlern gelten als sicheres Indiz für Doping. Doch es könnte - wie vielleicht auch bei der Eisschnellläuferin Claudia Pechstein - ein angeborener Defekt dahinterstecken.
Am 3. Juli 2009 endete die Karriere von Claudia Pechstein. Der Eislauf-Weltverband ISU sperrte die deutsche Eisschnellläuferin wegen Doping-Verdachts für zwei Jahre. Pechstein beteuerte zwar ihre Unschuld, doch auch der Internationale Sportgerichtshof CAS blieb hart: Die 38-Jährige durfte bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver nicht starten.
Pechstein wäre nicht die Erste, die des versuchten Betrugs gegenüber ihren Konkurrentinnen – auf Kosten ihrer Gesundheit – überführt worden wäre. Doch wenn es nach den Aussagen von Gerhard Ehninger, dem Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Hämotologie und Onkologie, geht, dann hat man der Athletin Unrecht getan. Nicht Doping, sondern ein angeborener Defekt der roten Blutkörperchen soll ihre anormalen Blutwerte erklären. Claudia Pechstein leide an "hereditärer Sphärozytose" – zu Deutsch: angeborene Kugelzellenanämie.
Charakteristisch für einen gesunden Erythrozyten, wie die roten Blutkörperchen auch heißen, ist seine scheibenförmige Gestalt, die auf beiden Seiten leicht eingedellt ist. Dieses bonbonartige Äußere verleiht der Sauerstoff transportierenden Blutzelle eine besonders große Oberfläche, was wiederum den Gasaustausch unterstützt. Ermöglicht wird diese Form durch bestimmte Proteine in der Erythrozytenmembran wie Spektrin und Ankyrin, die auch für die hohe Flexibilität der Zelle sorgen, so dass sich ein Blutkörperchen durch jede noch so enge Kapillare quetschen kann.
Bei der hereditären Sphärozytose sind nun diese Membranproteine durch eine oder mehrere Mutationen defekt. Die Blutzellen nehmen die energetisch günstigere Kugelgestalt an – daher spricht man von Kugelzellen oder Sphärozyten. In Deutschland leiden etwa 33 000 Patienten unter der Erbkrankheit, wobei verschiedene Gene betroffen sind.
Die Milz erkennt die krankhaft veränderten Zellen und zieht sie aus dem Verkehr. Die Folge: Der Körper produziert vermehrt junge Erythrozyten, Retikulozyten genannt, um die Blutarmut, die Anämie, zu kompensieren. Eine schwere Kugelzellenanämie zeigt sich durch Müdigkeit, Kopfschmerz, Abgeschlagenheit sowie geringe körperliche Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit aus. Da der Gendefekt nicht heilbar ist, bleibt in besonders schweren Fällen nur die Entfernung der Milz.
Im normalen Blut findet sich etwa ein Retikulozyt auf 100 Erythrozyten. Bei Claudia Pechstein war dieser Wert verdreifacht – für die CAS-Prüfer ein sicheres Indiz, dass hier medikamentös die Blutzellbildung künstlich angekurbelt wurde. Hinzu kam, dass die Athletin ja topfit war. An eine Krankheit statt an Doping zu glauben, schien daher wenig überzeugend.
Pechstein, so der Hämatologe Ehninger, leide aber nicht an einer schweren Form der Sphärozytose. Ihr Körper produziere zwar verstärkt Retikulozyten, die körperliche Leistungsfähigkeit sei jedoch uneingeschränkt hoch, da ihre Blutzellen nur geringfügig von der Norm abweichen. Ehninger spricht daher auch nicht von einer Anämie, sondern einer Kugelzellen-Anomalie.
Als Pech für Pechstein erwies sich auch, dass es bislang noch keinen Gentest für Sphärozytose gibt. Erst neu entwickelte Diagnosemethoden offenbarten die anormalen Blutzellen, die auch beim Vater der Eisschnellläuferin zu finden waren. Ob sie aber bei ihrer sportlichen Leistungsfähigkeit nicht doch ein wenig nachgeholfen hat, bleibt bislang ungeklärt.
Pechstein wäre nicht die Erste, die des versuchten Betrugs gegenüber ihren Konkurrentinnen – auf Kosten ihrer Gesundheit – überführt worden wäre. Doch wenn es nach den Aussagen von Gerhard Ehninger, dem Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Hämotologie und Onkologie, geht, dann hat man der Athletin Unrecht getan. Nicht Doping, sondern ein angeborener Defekt der roten Blutkörperchen soll ihre anormalen Blutwerte erklären. Claudia Pechstein leide an "hereditärer Sphärozytose" – zu Deutsch: angeborene Kugelzellenanämie.
Charakteristisch für einen gesunden Erythrozyten, wie die roten Blutkörperchen auch heißen, ist seine scheibenförmige Gestalt, die auf beiden Seiten leicht eingedellt ist. Dieses bonbonartige Äußere verleiht der Sauerstoff transportierenden Blutzelle eine besonders große Oberfläche, was wiederum den Gasaustausch unterstützt. Ermöglicht wird diese Form durch bestimmte Proteine in der Erythrozytenmembran wie Spektrin und Ankyrin, die auch für die hohe Flexibilität der Zelle sorgen, so dass sich ein Blutkörperchen durch jede noch so enge Kapillare quetschen kann.
Bei der hereditären Sphärozytose sind nun diese Membranproteine durch eine oder mehrere Mutationen defekt. Die Blutzellen nehmen die energetisch günstigere Kugelgestalt an – daher spricht man von Kugelzellen oder Sphärozyten. In Deutschland leiden etwa 33 000 Patienten unter der Erbkrankheit, wobei verschiedene Gene betroffen sind.
Die Milz erkennt die krankhaft veränderten Zellen und zieht sie aus dem Verkehr. Die Folge: Der Körper produziert vermehrt junge Erythrozyten, Retikulozyten genannt, um die Blutarmut, die Anämie, zu kompensieren. Eine schwere Kugelzellenanämie zeigt sich durch Müdigkeit, Kopfschmerz, Abgeschlagenheit sowie geringe körperliche Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit aus. Da der Gendefekt nicht heilbar ist, bleibt in besonders schweren Fällen nur die Entfernung der Milz.
Im normalen Blut findet sich etwa ein Retikulozyt auf 100 Erythrozyten. Bei Claudia Pechstein war dieser Wert verdreifacht – für die CAS-Prüfer ein sicheres Indiz, dass hier medikamentös die Blutzellbildung künstlich angekurbelt wurde. Hinzu kam, dass die Athletin ja topfit war. An eine Krankheit statt an Doping zu glauben, schien daher wenig überzeugend.
Pechstein, so der Hämatologe Ehninger, leide aber nicht an einer schweren Form der Sphärozytose. Ihr Körper produziere zwar verstärkt Retikulozyten, die körperliche Leistungsfähigkeit sei jedoch uneingeschränkt hoch, da ihre Blutzellen nur geringfügig von der Norm abweichen. Ehninger spricht daher auch nicht von einer Anämie, sondern einer Kugelzellen-Anomalie.
Als Pech für Pechstein erwies sich auch, dass es bislang noch keinen Gentest für Sphärozytose gibt. Erst neu entwickelte Diagnosemethoden offenbarten die anormalen Blutzellen, die auch beim Vater der Eisschnellläuferin zu finden waren. Ob sie aber bei ihrer sportlichen Leistungsfähigkeit nicht doch ein wenig nachgeholfen hat, bleibt bislang ungeklärt.
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