News: Sprechen lernen in bedrückender Stimmung
Im Versuch hörten 224 vier Monate alte Babys eine Frauenstimme sagen "Pet the gorilla" ("Streichle den Gorilla"). Danach sahen die Kinder das Bild einer lächelnden Frau. Getestet werden sollte das assoziative Lernen. Assoziatives Lernen ist bei Kleinkindern die wichtigste und allgegenwärtige Form des Lernens, mit der zum Beispiel auch Sprache erlernt wird. Die Forscher wollten herausfinden, ob die Versuchsbabys gelernt hatten, die Frauenstimme mit dem folgenden Bild zu verbinden. Dazu ersetzen sie das Bild der lächelnden Frau durch ein Schachbrettmuster: Die Babys hörten die Frauenstimme und sahen gleichzeitig das Schachbrett. Dann maßen die Wissenschaftler, wie lange die Kinder das neu eingeführte Schachbrett betrachteten.
Babys, welche die Stimme einer nicht oder nur wenig depressiven Frau gehört hatten, betrachteten das Schachbrettmuster signifikant länger als die Kinder, zu denen eine Frau mit schweren Depressionen gesprochen hatte. Frühere Untersuchungen hatten bereits ergeben, daß das Interesse der Kinder an dem Schachbrett nicht wuchs, wenn die Stimme nicht dem Schachbrett vorausgegangen war. Dann untersuchten die Wissenschaftler die Stimmencharakteristika der depressiven Frauen. Wenig oder nicht depressive Frauen sprachen die Babys mit hoher Stimme und vielen Betonungen an. Bei Frauen mit schweren Depressionen dagegen war die Stimme flacher und monotoner (Child Development vom Mai/Juni 1999).
Die Forscher nehmen an, daß Änderungen der Stimmlage und die anderen Elemente der Babysprache dazu dienen, die Kinder anzuregen. In diesem angeregten Zustand verarbeiten die Babys Informationen effizienter und vollständiger. Spricht dagegen eine depressive Frau mit Kindern, fehlen ihrer Stimme "die akustischen Qualitäten, die nötig sind, um die Kinder zu sensibilisieren", meinen die Wissenschaftler.
Zwei- bis dreijährige Kindern lernen Sprache leichter, wenn sie ihnen als Babysprache begegnet – mit Überbetonungen und vereinfachter Grammatik. Hören sie nur typische Erwachsenensprache, fällt es ihnen schwerer. Kaplan und seine Kollegen nehmen an, daß depressive Mütter ihre Babys eher wenig stimulieren, was zu Verzögerungen in der Sprachentwicklung und anderen wichtigen kognitiven Prozessen führt.
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