Klimawandel: Spritzenkur
Wenn Katastrophales droht, warum dann nicht mit Kanonen schießen - allerdings nicht auf Spatzen, sondern in die Stratosphäre. Die Fracht - Schwefeldioxid - soll dort oben das Klima kühlen. Ein altes Konzept neu aufgewärmt.
Was wird nicht alles diskutiert, um den global kletternden Temperaturen entgegen zu wirken. Aber an erster Stelle steht ganz klar: Treibhausgas-Emissionen senken. Klingt einfach, ist es aber nicht, wie sich am Gerangel um das Kyoto-Protokoll trefflich ablesen lässt. Und reicht auch nicht, um so manch drohende Folge noch zu verhindern – zu stark schon hat die Menschheit dem Planeten eingeheizt. Selbst wenn sie sofort ihre diesbezüglichen Aktivitäten einstellte, glühte das ganze System einer alten Herdplatte gleich noch lange nach.
Da bleibt nur eins: Kühlung für Mutter Erde. Und hier graben Klimaforscher derzeit gerade wieder ein vierzig Jahre altes Konzept aus, das damals bestimmt, aber auch heute noch nach Science-Fiction klingt – lasst uns Schwefeldioxid in die Stratosphäre pusten. Dort oben, im teilchenarmen Raum, wandelt sich das Gas zu Sulfat-Partikeln, die einem Schleier gleich die Sonneneinstrahlung dämpfen sollen. Einen natürlichen Beweis des Prinzips lieferte unter anderem der Ausbruch des Pinatubos, der seine Wolken bis in diese Höhen schleuderte. Durch die Verdunklung fiel das Thermometer im folgenden Jahr um ein halbes Grad. Einen Langzeiteffekt beobachteten Forscher nicht.
Daraus leiten sie ab, gezielt gesetzte Schwefeldioxidspritzen für die Stratosphäre könnten vielleicht wohl dosiert – kurzfristig und ohne bedrohliche Spätfolgen – die globalen Temperaturen regeln. Tom Wigley vom National Center for Atmospheric Research in Boulder hat sich wie schon andere vor ihm daran gesetzt, das Ganze in Simulationen durchzurechnen. Um den positiven Effekt zu verdeutlichen, vergleicht er verschiedene Szenarien: ein "Wir machen gar nichts", in dem die Welt sich ungebremst weiter mit Treibhausgasen einnebelt; ein ambitioniertes, in dem einsichtige Politiker und Industrien durch Emissionsbeschränkungen den Kohlendioxid-Gehalt bei 450 parts per million (ppm) in der Luft stabilisieren; und ein überschäumendes, bei dem die CO2-Konzentrationen bis zum Jahr 2080 zunächst auf 530 ppm anwachsen, um dann auf 450 ppm zurückzugehen.
Am Überschäum-Szenario begann Wigley mit geotechnischen Maßnahmen zu drehen. Indem er ab 2010 jährlich, alle zwei oder alle vier Jahre eine Pinatubo-Ladung Schwefeldioxid in die Stratosphäre pustet, gelingt es ihm in den Simulationen, mit dem kühlenden Effekt die weitere Aufheizung der Erde auszugleichen. Ja, sogar zu übertreffen: durch die jährliche Injektion konnte er auf lange Sicht die Temperaturen bis auf vorindustrielle Zeiten zurückzuschrauben. Den Meeresspiegelanstieg kann er damit zwar nicht verhindern, aber doch drastisch reduzieren.
Da sich ein positiver Effekt auch schon bei Stratosphärenbehandlung nur alle zwei Jahre einstellt, reichte auch schon die Hälfte dessen, was der Pinatubo in die Höhen geblasen hatte, folgert Wigley. Und ein offensichtliches Gegenargument der Schwefeltherapie – bekommen wir damit nicht mehr Sauren Regen? – entkräftet er schnell: Eine halbe Pinatubo-Wolke entspricht gerade einmal sieben Prozent dessen, was die Menschheit sowieso aus fossilen Brennstoffen an Schwefeldioxid freisetzt.
Also alles Friede, Freude, Eierkuchen? So weit sind wir noch lange nicht. Denn Schwefeldioxid in der Stratosphäre wird etwas anderem zur Gefahr, das die Menschheit ebenfalls dringend braucht: der Ozonschicht. Wie sie auf die plötzlichen Mitspieler im atmosphärischen Umfeld reagiert, und ob es nicht doch noch unbekannte Langzeiteffekte gäbe, bleibt bislang ebenfalls nur Gegenstand von Simulation und Spekulation.
Und eines betont auch Wigley vehement: Ohne Verringerung der Treibhausgas-Emissionen hilft auch die ergiebigste Schwefelspritze nicht. Der geotechnische Eingriff verspräche allerhöchstens Aufschub für zwei, drei Jahrzehnte – eine Gnadenfrist, um bis dahin die nötigen Maßnahmen zur CO2-Reduktion einzuleiten, vor denen jetzt noch viele scheuen. Fragt sich nur, ob sie die Stratosphärenkur dann nicht zum Anlass nähmen, entsprechend langsamer an der nötigen Schraube zu drehen. Von allen anderen, derzeit völlig unkalkulierbaren Risiken ganz abgesehen.
Da bleibt nur eins: Kühlung für Mutter Erde. Und hier graben Klimaforscher derzeit gerade wieder ein vierzig Jahre altes Konzept aus, das damals bestimmt, aber auch heute noch nach Science-Fiction klingt – lasst uns Schwefeldioxid in die Stratosphäre pusten. Dort oben, im teilchenarmen Raum, wandelt sich das Gas zu Sulfat-Partikeln, die einem Schleier gleich die Sonneneinstrahlung dämpfen sollen. Einen natürlichen Beweis des Prinzips lieferte unter anderem der Ausbruch des Pinatubos, der seine Wolken bis in diese Höhen schleuderte. Durch die Verdunklung fiel das Thermometer im folgenden Jahr um ein halbes Grad. Einen Langzeiteffekt beobachteten Forscher nicht.
Daraus leiten sie ab, gezielt gesetzte Schwefeldioxidspritzen für die Stratosphäre könnten vielleicht wohl dosiert – kurzfristig und ohne bedrohliche Spätfolgen – die globalen Temperaturen regeln. Tom Wigley vom National Center for Atmospheric Research in Boulder hat sich wie schon andere vor ihm daran gesetzt, das Ganze in Simulationen durchzurechnen. Um den positiven Effekt zu verdeutlichen, vergleicht er verschiedene Szenarien: ein "Wir machen gar nichts", in dem die Welt sich ungebremst weiter mit Treibhausgasen einnebelt; ein ambitioniertes, in dem einsichtige Politiker und Industrien durch Emissionsbeschränkungen den Kohlendioxid-Gehalt bei 450 parts per million (ppm) in der Luft stabilisieren; und ein überschäumendes, bei dem die CO2-Konzentrationen bis zum Jahr 2080 zunächst auf 530 ppm anwachsen, um dann auf 450 ppm zurückzugehen.
Am Überschäum-Szenario begann Wigley mit geotechnischen Maßnahmen zu drehen. Indem er ab 2010 jährlich, alle zwei oder alle vier Jahre eine Pinatubo-Ladung Schwefeldioxid in die Stratosphäre pustet, gelingt es ihm in den Simulationen, mit dem kühlenden Effekt die weitere Aufheizung der Erde auszugleichen. Ja, sogar zu übertreffen: durch die jährliche Injektion konnte er auf lange Sicht die Temperaturen bis auf vorindustrielle Zeiten zurückzuschrauben. Den Meeresspiegelanstieg kann er damit zwar nicht verhindern, aber doch drastisch reduzieren.
Da sich ein positiver Effekt auch schon bei Stratosphärenbehandlung nur alle zwei Jahre einstellt, reichte auch schon die Hälfte dessen, was der Pinatubo in die Höhen geblasen hatte, folgert Wigley. Und ein offensichtliches Gegenargument der Schwefeltherapie – bekommen wir damit nicht mehr Sauren Regen? – entkräftet er schnell: Eine halbe Pinatubo-Wolke entspricht gerade einmal sieben Prozent dessen, was die Menschheit sowieso aus fossilen Brennstoffen an Schwefeldioxid freisetzt.
Also alles Friede, Freude, Eierkuchen? So weit sind wir noch lange nicht. Denn Schwefeldioxid in der Stratosphäre wird etwas anderem zur Gefahr, das die Menschheit ebenfalls dringend braucht: der Ozonschicht. Wie sie auf die plötzlichen Mitspieler im atmosphärischen Umfeld reagiert, und ob es nicht doch noch unbekannte Langzeiteffekte gäbe, bleibt bislang ebenfalls nur Gegenstand von Simulation und Spekulation.
Und eines betont auch Wigley vehement: Ohne Verringerung der Treibhausgas-Emissionen hilft auch die ergiebigste Schwefelspritze nicht. Der geotechnische Eingriff verspräche allerhöchstens Aufschub für zwei, drei Jahrzehnte – eine Gnadenfrist, um bis dahin die nötigen Maßnahmen zur CO2-Reduktion einzuleiten, vor denen jetzt noch viele scheuen. Fragt sich nur, ob sie die Stratosphärenkur dann nicht zum Anlass nähmen, entsprechend langsamer an der nötigen Schraube zu drehen. Von allen anderen, derzeit völlig unkalkulierbaren Risiken ganz abgesehen.
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