News: Sprunghaft
Nicht zu spröde, sonst reißt es, aber auch nicht zu dehnbar, sonst schleudert es die frisch eingeheimste Beute wie ein Trampolin zurück in die Freiheit: Spinnennetze müssen genau das richtige Maß an Elastizität und Festigkeit bieten. Moleküle, gebaut wie Sprungfedern, sind offenbar das Geheimnis des Erfolges.
Ein Spinnennetz im Gesicht gehört zu den unangenehmeren Seiten eines Waldspaziergangs in der Abenddämmerung. Schließlich dauert es eine ganze Weile, bis man die klebrigen Fäden wieder entfernt hat – und nichts ist mehr übrig von dem fein gesponnenen Kunstwerk, das im Laufe des Tages einem Achtbeiner die Verpflegung beschert hatte.
Gerade jene klebrigen Fäden, an denen die Beute hängen bleibt, weckten das Interesse von Helen Hansma und ihren Kollegen an der University of California in Santa Barbara. Schließlich muss diese nachträglich eingeflochtene Fangeinrichtung einen wahren Spagat zwischen elastisch und fest leisten: Sie soll nachgiebig genug sein, um auch größeren Brocken standhalten zu können, und gleichzeitig starr genug, um dagegen prallende Beute nicht direkt wieder aus dem Netz herauszuschleudern und so das Abendessen unfreiwillig ziehen zu lassen. Und so ist Spinnenseide zäh wie Stahl oder Kevlar, obwohl sie sich auf das fünf- bis zehnfache ihrer Länge dehnen lässt – Eigenschaften, die der Mensch bisher nicht nachbauen konnte.
Mit einem abgewandelten Rasterkraftmikroskop ging das Team um Hansma dem Geheimnis der besonderen Materialeigenschaften dieser Spinnenseide auf den Grund. Auf einem Objektträger platzierten sie ein Stückchen Spinnennetz und zogen dann ganz vorsichtig mit der Spitze des Mikroskops daran – Nanometer um Nanometer.
Doch die ganze Prozedur ging nicht glatt von sich: Nur Ruck um Ruck ließ sich der Faden in die Länge ziehen. Vorsichtig zerrten und entspannten die Forscher abwechselnd das an ihrer Nadelspitze hängende Gebilde und maßen dabei den Kraftaufwand, der für jeden weiteren Zug nötig war. Und aus diesen Aufzeichnungen konnten sie schließlich auf die Struktur des klebrigen Gespinstes schließen.
So zeigt das sprunghafte Dehnvermögen, dass offenbar einzelne Bindungen – wahrscheinlich Wasserstoffbrücken – durch den Zug aufgebrochen werden, während sich die Proteine des Spinnfadens langsam entknäueln. Der Prozess ist allerdings umkehrbar: Bei Nachlassen der Zugspannung rollten sich die Fäden offenbar wieder zusammen, und die Bindungen entstanden erneut – ein in vielen natürlichen Materialien zu beobachtender "Selbstheilungseffekt".
Die Auslenkung des Fadens war dabei in einem bestimmten Bereich proportional zur eingesetzten Zugkraft – ein Verhalten, das normale Sprungfedern zeigen. Und da ein Proteinbestandteil des klebrigen Fangfadens tatsächlich eine entsprechend schraubenartige Helix-Struktur aufweist, liegt der Gedanke daran durchaus nahe. Allerdings galt – wie bei allen Sprungfedern – auch diese Beziehung nicht mehr bei starker Dehnung: Hier wuchs die aufzuwendende Kraft nun exponentiell.
Die Forscher vermuten, dass sie mit ihrer Mikroskopspitze nicht ein Molekül, sondern jeweils mehrere erwischt haben – und dass diese in einem Netz verwoben sind, das aus hintereinander liegenden Sprungfederabschnitten besteht, die über starre Einheiten miteinander verknüpft sind. Den Zusammenhalt könnten Bestandteile des Klebstoffes bieten, der diese Spinnfäden überzieht und ständig feucht hält.
Ein komplexes Werk also, allein dieser klebrige Fangfaden in einem Spinnennetz – und seit beinahe 400 Millionen Jahren in Gebrauch. Viele Proteine der Spinnenseide haben sich im Laufe der Zeit kaum oder gar nicht verändert: Das ausgetüftelte System mit diesen herausragenden Materialeigenschaften hat sich offenbar bewährt. Kein Wunder, dass der Mensch danach strebt, es nachzubauen – gelungen ist es ihm bisher nicht.
Gerade jene klebrigen Fäden, an denen die Beute hängen bleibt, weckten das Interesse von Helen Hansma und ihren Kollegen an der University of California in Santa Barbara. Schließlich muss diese nachträglich eingeflochtene Fangeinrichtung einen wahren Spagat zwischen elastisch und fest leisten: Sie soll nachgiebig genug sein, um auch größeren Brocken standhalten zu können, und gleichzeitig starr genug, um dagegen prallende Beute nicht direkt wieder aus dem Netz herauszuschleudern und so das Abendessen unfreiwillig ziehen zu lassen. Und so ist Spinnenseide zäh wie Stahl oder Kevlar, obwohl sie sich auf das fünf- bis zehnfache ihrer Länge dehnen lässt – Eigenschaften, die der Mensch bisher nicht nachbauen konnte.
Mit einem abgewandelten Rasterkraftmikroskop ging das Team um Hansma dem Geheimnis der besonderen Materialeigenschaften dieser Spinnenseide auf den Grund. Auf einem Objektträger platzierten sie ein Stückchen Spinnennetz und zogen dann ganz vorsichtig mit der Spitze des Mikroskops daran – Nanometer um Nanometer.
Doch die ganze Prozedur ging nicht glatt von sich: Nur Ruck um Ruck ließ sich der Faden in die Länge ziehen. Vorsichtig zerrten und entspannten die Forscher abwechselnd das an ihrer Nadelspitze hängende Gebilde und maßen dabei den Kraftaufwand, der für jeden weiteren Zug nötig war. Und aus diesen Aufzeichnungen konnten sie schließlich auf die Struktur des klebrigen Gespinstes schließen.
So zeigt das sprunghafte Dehnvermögen, dass offenbar einzelne Bindungen – wahrscheinlich Wasserstoffbrücken – durch den Zug aufgebrochen werden, während sich die Proteine des Spinnfadens langsam entknäueln. Der Prozess ist allerdings umkehrbar: Bei Nachlassen der Zugspannung rollten sich die Fäden offenbar wieder zusammen, und die Bindungen entstanden erneut – ein in vielen natürlichen Materialien zu beobachtender "Selbstheilungseffekt".
Die Auslenkung des Fadens war dabei in einem bestimmten Bereich proportional zur eingesetzten Zugkraft – ein Verhalten, das normale Sprungfedern zeigen. Und da ein Proteinbestandteil des klebrigen Fangfadens tatsächlich eine entsprechend schraubenartige Helix-Struktur aufweist, liegt der Gedanke daran durchaus nahe. Allerdings galt – wie bei allen Sprungfedern – auch diese Beziehung nicht mehr bei starker Dehnung: Hier wuchs die aufzuwendende Kraft nun exponentiell.
Die Forscher vermuten, dass sie mit ihrer Mikroskopspitze nicht ein Molekül, sondern jeweils mehrere erwischt haben – und dass diese in einem Netz verwoben sind, das aus hintereinander liegenden Sprungfederabschnitten besteht, die über starre Einheiten miteinander verknüpft sind. Den Zusammenhalt könnten Bestandteile des Klebstoffes bieten, der diese Spinnfäden überzieht und ständig feucht hält.
Ein komplexes Werk also, allein dieser klebrige Fangfaden in einem Spinnennetz – und seit beinahe 400 Millionen Jahren in Gebrauch. Viele Proteine der Spinnenseide haben sich im Laufe der Zeit kaum oder gar nicht verändert: Das ausgetüftelte System mit diesen herausragenden Materialeigenschaften hat sich offenbar bewährt. Kein Wunder, dass der Mensch danach strebt, es nachzubauen – gelungen ist es ihm bisher nicht.
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