News: Spucken und Saugen
Dabei war die Strategie, mit der die Ingenieure bisher zu den kleinen Tröpfchenradien vorgestoßen sind, von der Idee her einfach, in der Ausführung jedoch mitunter schwierig: Der Öffnungsradius der Düsen wurde reduziert, denn der minimale Tröpfchenradius hängt direkt von dieser Größe ab. Doch das alte Konzept greift heute nur noch bedingt, denn je kleiner die Kapillaren werden, umso höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass sie zukleben. Andere Methoden, um die Tröpfchen zu schrumpfen, werden also händeringend gesucht – bislang jedoch vergeblich.
Per Zufall entdeckten nun Alvin Chen und Osman Basaran von der Purdue University in West Lafayette eine Möglichkeit. Die Forscher verwendeten eine Kapillare mit einem Öffnungsradius von 35 Mikrometern, die von einem piezoelektrischen Material umgeben war. Je nachdem, ob sie daran eine positive oder eine negative Spannung anlegten, wurde das Röhrchen ein wenig zusammengedrückt oder gedehnt – das übliche Prinzip einer Tintenstrahldüse.
Mit einer Hochgeschwindigkeitskamera, die bis zu hundert Millionen Bilder pro Sekunde schießen kann, und einer Optik zur Vergrößerung beobachteten die Forscher, wie Flüssigkeitströpfchen aus der Düse schossen. Dazu legten Chen und Basaran zunächst ein Spannungsprofil an, das dem eines herkömmlichen Tintenstrahldruckers entspricht: Dabei fiel die Spannung von Null zunächst auf negative Werte ab, wodurch sich die Kapillare weitete, und Flüssigkeit konnte aus einem Reservoir nachströmen. Dann wurde die Spannung im zweiten Schritt umgepolt, sodass der Piezokristall das Röhrchen zusammendrückte und die Flüssigkeit aus der Öffnung presste.
Bei genauem Hinsehen entpuppte sich das Tröpfchen kurz nach Verlassen der Düse nicht als rund, sondern an seiner Spitze ragte eine kleine Flüssigkeitszunge heraus. Offenbar war ein Teil der viskosen Lösung schneller als der Rest aus dem Röhrchen geschossen. Wie sich unter anderem durch Computersimulationen herausstellte, handelte es sich um die frei bewegliche Flüssigkeit in der Mitte des Röhrchens. Der Rest stand hingegen in direktem Kontakt zur Kapillarwand und wurde aufgrund von Reibung abgebremst. Ließe sich dies nicht ausnutzen, um kleinere Tröpfchen zu produzieren?
Tatsächlich versuchten Chen und Basaran genau das: Indem sie durch einen dritten, positiven Spannungspuls die Düse erneut weiteten und so einen Teil der Flüssigkeit wieder einsaugten, gelang es ihnen, die vorauseilende Flüssigkeitszunge vom restlichen großen Tropfen zu trennen und allein als Tröpfchen auf die Reise zu schicken. So konnten die Forscher das Flüssigkeitsvolumen auf ein Zehntel reduzieren, womit die Tröpfchengröße trotz großer Kapillaröffnung in etwa der eines modernen Druckers entsprach – bei diesen Geräten war immerhin zehnjährige Entwicklungsarbeit erforderlich, um das zu erreichen.
Chen und Basaran gehen außerdem davon aus, dass ihre Methode auch für kleinere Kapillaröffnungen taugt. Dazu müsse nur auch die Viskosität der verwendeten Flüssigkeit entsprechend geringer sein. So sollten sich sogar noch kleinere Tröpfchen erzeugen lassen. Dabei ist die einfache Technik nicht nur für Tintenstrahldrucker bedeutsam, auch andere Prozesse könnten davon profitieren: Beispielsweise könnte man Klebestreifen und Filmmaterial auf diese Weise beschichten.
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