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Denisova-Genom: Spuren einer unbekannten Menschenart entdeckt

Zahn des Denisova-Menschen

Als sie das Erbgut aus einem vermeintlichen Neandertalerknochen sequenzierten, bemerkten Forscher im Jahr 2010, dass das Fundstück in Wirklichkeit einer bis dato völlig unbekannten Art gehörte. Nach dem Fundort der winzigen Skelettteile im Altai-Gebirge tauften sie diese auf den Namen "Denisova-Mensch".

Nun zeigt sich: Mehr oder weniger zeitgleich muss noch mindestens eine weitere Art existiert haben, die weder zu den modernen Menschen, noch zu den Neandertalern oder zu den Denisova-Menschen gehörte. Um wen es sich dabei handelt, ist noch völlig offen.

Mensch, Neandertaler, Denisova – und der unbekannte Vierte

Die Existenz des unbekannten Vierten erschließt sich aus dem Genom der Denisova-Menschen. Ein Team um die Genetiker David Reich von der Harvard University und Svante Pääbo vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig hatte bereits in den vergangenen Jahren Vorabversionen des Genoms beider steinzeitlicher Arten vorgelegt. Nun veröffentlichten sie auf einer Tagung der Royal Society in London eine neue, qualitativ hochwertigere Version des 30 000 bis 50 000 Jahre alten Erbmaterials.

Die Gene von modernem Mensch, Neandertaler und Denisova-Mensch erzählen eine bewegte Geschichte: Alle drei Arten haben sich an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten miteinander vermischt. Menschen außerhalb Afrikas tragen daher in 2 bis 4 Prozent ihres Genoms die Spuren dieser Treffen.

Zusätzlich beobachtete das Genetikerteam jedoch, dass etwa 1 Prozent des Denisova-Genoms nicht ins Bild passte. Es stammte von keinem der beiden anderen und dürfte stattdessen auf eine vierte Art zurückgehen.

Ist Homo heidelbergensis die Nummer vier?

Bislang ist jedoch nicht einmal annähernd klar, ob es sich bei den unidentifizierten Genspendern um eine bereits bekannte Art – wie beispielsweise den Homo heidelbergensis – gehandelt haben mag oder ob hier noch weitere Überraschungen lauern. Als Kandidat kämen auch die so genannten Rotwildhöhlen-Menschen in Frage, deren Überreste in China gefunden wurden und deren Einordnung im menschlichen Stammbaum Forschern noch immer Kopfzerbrechen bereitet. Die Spur des Unbekannten deutet jedenfalls darauf hin, dass sich bei ihm um eine "archaische" Art handelte, die sich vor vergleichsweise langer Zeit von der Neandertaler-Denisova-Linie abgespalten hatte.

In der Geschichtsschreibung unserer Art deutet sich immer mehr ein Paradigmenwechsel an: "Es sieht langsam danach aus, dass man sich die Welt damals wie die von 'Herr der Ringe' vorstellen muss", erläutert Mark Thomas vom University College London dem Magazin "Nature". Anders als gedacht existierten wohl zahlreiche Populationen unterschiedlicher Menschenarten gleichzeitig und interagierten miteinander. Auch in Afrika haben Forscher Hinweise auf eine Vermischung des Menschen mit einer überraschend archaischen Frühmenschenart entdeckt.

Weiteren Aufschluss wird erst die Analyse weiterer DNA-Proben aus anderen Fossilien geben. Leider erweist sich dies als recht schwierig: Nur selten ist das alte Erbgut so gut erhalten wie im trockenen, kalten Klima der Denisova-Höhle.

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