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News: Staatsangehörigkeit: italienisch

Kaum gefunden, ging der Streit los: Sowohl Österreich als auch Italien reklamierten die berühmte Gletschlerleiche aus den Ötztaler Alpen für sich. Zurzeit ruht "Ötzi" in Bozen, auf italienischem Territorium. Vielleicht zu Recht, wie neue Analysen ergaben.
Es sollte eine ganz normale Bergwanderung werden. Doch in 3210 Meter Höhe, kurz vorm Hauslabjoch, machte das Ehepaar Simon aus Nürnberg an jenem 19. September 1991 eine schaurige Entdeckung: In einer Felsmulde ragten Schultern, Rücken und Hinterkopf eines menschlichen Körpers aus dem Eis.

Die sofort alarmierten Behörden dachten zunächst an einen tödlich verunglückten Bergsteiger, wollten jedoch auch ein Verbrechen nicht ausschließen. Als die Leiche vier Tage später in die Gerichtsmedizin nach Innbsruck überführt worden war, stellte sich bald heraus: Der Tote ist kein Fall für die Kriminalpolizei.

"Ötzi" – so der Name der Mumie, der sich aufgrund des Fundortes in den Ötztaler Alpen schnell einbürgerte – erwies sich als archäologische Sensation, die Wissenschaftler weltweit beschäftigen sollte. Zwölfjährige "Ötzi"-Forschung konnte inzwischen einiges über den Gletschermann enthüllen: Sein Tod trat vor ungefähr 5200 Jahren ein; der Mann, der mit etwa 46 Jahren ein für damalige Verhältnisse stattliches Alter erreicht hatte, stammte demnach aus der Jungsteinzeit.

Zur Todesursache tauchten etliche Spekulationen auf. So deuten die Überreste einer Pfeilspitze in Ötzis rechter Schulter darauf hin, dass seine Zeitgenossen bei seinem Tod etwas nachgeholfen haben könnten.

Auch seine Herkunft gab Rätsel auf. Pflanzenreste, die an Ötzis Kleidung haften geblieben waren, deuten auf Südtiroler Täler wie das benachbarte Schnaltal hin. Andere Analysen verweisen dagegen auf das Ventertal in Österreich.

Auch der Geochemiker Wolfgang Müller, der jetzt an der Australian National University in Canberra forscht, interessiert sich schon länger für die Vergangenheit des Eismanns. Zusammen mit anderen Wissenschaftlern aus Australien, der Schweiz und den USA hat er Ötzi gründlich auf den Zahn gefühlt – genauer gesagt: auf den Zahnschmelz.

Denn im Gegensatz zu Knochen, deren Substanz alle 10 bis 20 Jahre erneuert wird, spiegeln sich in den Zähnen die Umwelteinflüsse der Kindheit wider. Dabei machten sich die Wissenschaftler die besonderen geologischen und topographischen Begebenheiten der Alpenregion zunutze – eine Methode, die nicht funktioniert hätte, wenn Ötzi "irgendwo in Iowa gefunden worden wäre", wie der kanadische Geologe Henry Schwarcz trocken bemerkt.

So variiert in den Alpen der Gehalt des Sauerstoffisotops 18O im Regenwasser je nach Höhe und Region: Im Norden, wo die vom Atlantik kommenden Regenwolken bereits eine längere Reise hinter sich haben, enthält der Niederschlag verhältnismäßig wenig von diesem schwerem Isotop, während in den südlicheren Alpenregionen, die vom Mittelmeer mit Feuchtigkeit versorgt werden, mehr 18O vom Himmel fällt. Und diese Sauerstoffisotope gelangen schließlich über das Trinkwasser in den Zahnschmelz.

Doch die Wissenschaftler begnügten sich nicht mit Zahnanalysen. Ötzis Magen-Darm-Trakt barg auch noch feine Gesteinsspuren, die vermutlich von den Mühlsteinen stammen, mit denen damals das Getreide gemahlen wurde. Und diese Steinchen verraten ihre Herkunft durch den Gehalt an den Argonisotopen 40Ar und 39Ar. Zusammen mit Strontium- und Bleianalysen aus Knochen und Zähnen ließ sich so Ötzis Herkunft einkreisen.

Demnach hatte der Eismann Südtirol vermutlich nie verlassen. Müller nimmt an, dass er seine Kindheit im Eisacktal verbracht hatte. Dafür sprechen auch prähistorische Funde bei dem Dorf Feldthurns, welche die lange Besiedlungsgeschichte dieses Tals belegen. Als Erwachsener könnte Ötzi im Südtiroler Vinschgau gelebt haben, bevor er schließlich zu seiner letzten Reise Richtung Ötztal aufbrach.

Wenn Müller und seine Kollegen Recht haben, wäre ein bizarrer Nationalitätskonflikt entschieden. Denn kurz nach Ötzis Fund beanspruchten sowohl Österreich als auch Italien den Leichnam für sich. Vermessungen am Fundort ergaben schließlich, dass den Eismann nur 92 Meter von der Grenze nach Österreich trennten, daher fand er seine vorläufig letzte Ruhe im Südtiroler Archäologiemuseum in Bozen – auf italienischem Boden.

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