Evolution: Stadtbewohner mussten zäher werden
Erbgutanalysen lassen vermuten, dass ein Leben in Städten abhärtet: In Regionen, in denen Menschen besonders früh in urbanen Zentren zu leben begannen, ist eine bestimmte Genvariante häufiger, die wohl vor Infektionskrankheiten schützt. Das Zusammenleben auf engem Raum und die damit verbundene erhöhte Ansteckungsgefahr habe diese schützende Variante über die Jahrhunderte herausselektiert, glauben Forscher um Mark Thomas vom University College London und seine Kollegen.
Die Forscher hatten zunächst mit Hilfe von Gendatenbanken ermittelt, wie häufig in 17 Regionen Europas, Afrikas und Asiens die Variante 1729+55del4 des Gen SLC11A1 in den dort heimischen Menschen vorkommt. Die Allelhäufigkeit korrelierten sie dann mit kulturhistorischen und archäologischen Daten, aus denen das Alter der urbanen Siedlungskultur vor Ort hervorging. Tatsächlich gelang es den Forscher dabei, einen statistischen Zusammenhang zu destillieren: Je früher man in einer Region mit dem Städtebau begann, desto häufiger ist immer auch die Variante 1729+55del4.
Das Allel ist seit längerem als natürliches Resistenzgen gegen intrazelluläre Bakterieninfektionen bekannt gewesen – es sorgt für eine teilweise Immunität gegen Tuberkulose oder Lepraerreger. Wie viele andere Genvarianten, die sich nicht in allen Menschen durchgesetzt haben, bringt 1729+55del4 aber wohl auch Nachteile mit sich: wahrscheinlich leiden seine Träger häufiger unter Autoimmunerkrankungen. Die Variante konnte sich im Laufe der Jahrhunderte trotz dieses Nachteils besonders dort durchsetzen, wo ihr Infektionsschutz-Vorteil besonders ausschlaggebend war – also etwa in den dicht besiedelten Städten mit ihrem besonders hohen Risiko, mit Tuberkulosekeimen konfrontiert zu werden.
Die Korrelation von langer urbaner Kultur mit erhöhtem Infektionsschutz zeigt sich zum Beispiel im Zweistromland, wo seit mehr als sechseinhalb Jahrtausenden Menschen in Städten leben: Hier ist die Variante bei fast 96 Prozent der Menschen zu finden. Viel seltener tritt sie etwa in Zentralafrika oder Finnland auf, wo größere Siedlungen vor dem Spätmittelalter untypisch waren.
Die Forscher wollen nicht ganz ausschließen, dass auch andere Gründe in der Evolution des Menschen die Verteilung beeinflusst haben. In Frage komme etwa auch der Beginn der Viehhaltung – Rinder sind schließlich gute Reservoirwirte für Keime wie Mycobacterium bovis, der eine Art von Tuberkulose beim Menschen auslöst. Der Zusammenhang zwischen dem regionalen Beginn des Neolithikums, also der Umstellung auf Viehhaltung, und der Genverteilung bei den Nachkommen vor Ort sei aber weniger deutlich. Zudem falle die Besiedlung von urbanen Zentren und die Umstellung vom Jäger- und Sammlerdasein zu häufig zeitlich zusammen, weswegen beide Ereignisse mit den vorhandenen Daten schwer zu trennen sind. (jo)
Die Forscher hatten zunächst mit Hilfe von Gendatenbanken ermittelt, wie häufig in 17 Regionen Europas, Afrikas und Asiens die Variante 1729+55del4 des Gen SLC11A1 in den dort heimischen Menschen vorkommt. Die Allelhäufigkeit korrelierten sie dann mit kulturhistorischen und archäologischen Daten, aus denen das Alter der urbanen Siedlungskultur vor Ort hervorging. Tatsächlich gelang es den Forscher dabei, einen statistischen Zusammenhang zu destillieren: Je früher man in einer Region mit dem Städtebau begann, desto häufiger ist immer auch die Variante 1729+55del4.
Das Allel ist seit längerem als natürliches Resistenzgen gegen intrazelluläre Bakterieninfektionen bekannt gewesen – es sorgt für eine teilweise Immunität gegen Tuberkulose oder Lepraerreger. Wie viele andere Genvarianten, die sich nicht in allen Menschen durchgesetzt haben, bringt 1729+55del4 aber wohl auch Nachteile mit sich: wahrscheinlich leiden seine Träger häufiger unter Autoimmunerkrankungen. Die Variante konnte sich im Laufe der Jahrhunderte trotz dieses Nachteils besonders dort durchsetzen, wo ihr Infektionsschutz-Vorteil besonders ausschlaggebend war – also etwa in den dicht besiedelten Städten mit ihrem besonders hohen Risiko, mit Tuberkulosekeimen konfrontiert zu werden.
Die Korrelation von langer urbaner Kultur mit erhöhtem Infektionsschutz zeigt sich zum Beispiel im Zweistromland, wo seit mehr als sechseinhalb Jahrtausenden Menschen in Städten leben: Hier ist die Variante bei fast 96 Prozent der Menschen zu finden. Viel seltener tritt sie etwa in Zentralafrika oder Finnland auf, wo größere Siedlungen vor dem Spätmittelalter untypisch waren.
Die Forscher wollen nicht ganz ausschließen, dass auch andere Gründe in der Evolution des Menschen die Verteilung beeinflusst haben. In Frage komme etwa auch der Beginn der Viehhaltung – Rinder sind schließlich gute Reservoirwirte für Keime wie Mycobacterium bovis, der eine Art von Tuberkulose beim Menschen auslöst. Der Zusammenhang zwischen dem regionalen Beginn des Neolithikums, also der Umstellung auf Viehhaltung, und der Genverteilung bei den Nachkommen vor Ort sei aber weniger deutlich. Zudem falle die Besiedlung von urbanen Zentren und die Umstellung vom Jäger- und Sammlerdasein zu häufig zeitlich zusammen, weswegen beide Ereignisse mit den vorhandenen Daten schwer zu trennen sind. (jo)
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