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Zoologie: Status-Statur

Nur die Größten dürfen sich fortpflanzen, so einfach regeln manche Buntbarsche die Familienplanung. Die Kleineren warten geduldig auf ihre Chance und helfen nebenbei fleißig mit im Alltag der Kinderstube. So sind sie herzlich willkommen - so lange sie nicht zu groß werden.
<i>Neolamprologos pulcher</i>
Im Tanganjikasee, so möchte man meinen, herrschen noch Zustände vergangener Zeiten – zumindest unter den Buntbarsch-Angehörigen von Neolamprologus pulcher. Hier widmet sich ein Brutpärchen widmet der Fortpflanzung, umgeben von einem Gesindeaufgebot, das sich mit um den Nachwuchs kümmern und das Grundstück vehement gegen neugierige Eindringlinge verteidigt. Mit einem Unterschied: Anders als früher können hier auch die Dienstboten in den Genuss des Ersten unter vielen kommen – so sich einer der Brutpartner aus der Gemeinschaft verabschiedet.

Bis dahin aber achten diese sorgsam auf ihren Status, der sich ganz einfach ermessen lässt, nämlich in Zentimetern. Denn nur die größten Tiere genießen Elternfreuden. Alle anderen tun gut daran, immer einen Längen-Sicherheitsabstand zum Oberhaupt zu wahren, denn kommen sie dem Brutermächtigten größenmäßig zu nahe, drohen allerhand Repressalien.

Nur – wie machen sie das? Wachsen die Helfer einfach langsamer? Oder hängen die entscheidenden Zentimeter-Differenzen davon ab, wie groß der Anführer ist? Fragen, denen Dik Heg von der Universität Bern und seine Kollegen auf den Grund gehen wollten. Also stellten sie verschiedene Wohngemeinschaften zusammen, nachdem sie Gewicht und Länge der bunten Teilnehmer registriert hatten.

Zunächst setzten sie zwei unterschiedlich große Helfermännchen in das neue Heim, dann folgte eine trächtige Fischdame und zum Schluss hielt der Pascha Einzug. Bei ihm wählten die Forscher zwei Größenvarianten, sodass die Differenz zum nächstgroßen Helfer verschieden war. Nach dreißig Tagen wurden die Tiere erneut vermessen und gewogen, dann war eine Runde Umziehen angesagt: Die Wissenschaftler nahmen die größten Fischmänner heraus und setzten neue ein. Und dabei tauschten sie nun teilweise die Größenvarianten; auf einen großen Vorgänger folgte also ein kleinerer Artgenosse oder umgekehrt – wobei alle immer noch länger waren als die Dienstboten.

Absolut gesehen blieb also die Rangfolge erhalten, und die neuen Herrn im Hause wurden auch schnell akzeptiert. Dreißig weitere Tage geschah also nichts Revolutionäres in den Aquarien – oberflächlich gesehen. Bis die Mitbewohner allesamt wieder auf die Waage und unters Zentimetermaß kamen: Nun zeigten sich kleine, aber feine Unterschiede.

So waren jene Helferfische, die nach einem kleinen dann einen größeren Hausvorstand bekommen hatten, unter dessen Herrschaft schneller gewachsen. Ihre Artgenossen, bei denen nach einem langen nun ein kürzeres Brutmännchen eingezogen war, hatten hingegen ihr Wachstum begrenzt – zumindest das in Zentimetern. Denn das reichlich vorhandene Futter hatten sie keineswegs links liegen lassen, aber damit nur um die Hüften zugelegt, wie die Waage zeigte. Vielleicht ermöglichen ihnen diese Reserven dann den guten Schuss in die Länge, wenn sie einen Brüterplatz ergattern können.

Eines ist damit aber noch nicht klar: Bremsen die Helfer ihr Wachstum selbst, oder werden sie darin durch das Verhalten der Größeren beeinflusst? Denn die Sitten sind durchaus rau in der Buntbarsch-Gemeinschaft – wird den Anführern ein Dienstbote zu groß, werfen sie ihn zwar nicht hinaus wie beispielsweise Harlekinfische, die ein ähnliches Gesellschaftsmodell leben, aber sie stellen ihnen ständig nach. Unter solchem Stress dürfte nicht nur ausgewogene Ernährung der Verfolgten leiden, auch das Nervenkostüm und die Hormongehalte werden sicher in Mitleidenschaft gezogen, ganz zu schweigen von fallenden Gramm durch ständige Aktivität. Noch mehr Fragen also, denen Heg und seine Kollegen nun auch auf den Grund gehen wollen.

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