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Steinzeiternährung: Paläodiät aus Früchten, Wurzeln und Salat

In den letzten Jahren hatte es sich selbst auf bunten Diätseiten herumgesprochen: Essen wie in der Steinzeit ist gesund. Schön: Aber was aß man denn in der Steinzeit? Jedenfalls nicht nur Fleisch, zeigt ein seltener Blick in uralte Speisekammern.
Vielfältige Nahrungsmittel

Die Vorfahren der modernen Menschheit ernährten sich im Hauptmigrationskorridor der frühen Menschheit auf dem Weg aus Afrika heraus ziemlich vielseitig: Offenbar standen regelmäßig Meeresfrüchte, Wurzelgemüse, allerlei Kräuter, Früchte und Nüsse auf dem Speiseplan, wie die Analysen von uralten Siedlungsplätzen nun belegen. Schon vor rund 780 000 Jahren hatten Homo-erectus-Siedler beim Zubereiten ihrer Mahlzeiten in der Levante demnach auf mindestens 55 unterschiedliche Pflanzenarten zurückgegriffen, berichten Yoel Melamed von der Bar-Ilan-Universität in Ramat Gan und seine Kollegen. Die Wissenschaftler hatten aus Bodenproben den Paläospeisezettel von Menschen rekonstruiert, die im Acheuléen an der Fundstelle Gesher Benot Ya‘aqov gelebt haben.

Was Menschen in der Altsteinzeit zu sich genommen haben, war bislang kaum durch Fundstücke von eindeutig identifizierbaren Speiseresten, sondern höchstens indirekt aus Schlussfolgerungen bekannt: Gerade einmal zwei Orte – einen in Afrika sowie die Seeufer-Tongrube von Mülheim-Kärlich in Rheinland-Pfalz mit dort gefundenen Haselnussschalen – verrieten bislang ganz direkt auch etwas über mögliche vegetarische Ernährungsgewohnheiten. Nun sind die Forscher in Israel aber auf besonders gut erhaltene pflanzliche Reste gestoßen, die eindeutig der Speisekammer von Altsteinzeitsiedlern zuzuordnen sind: Die dort gefundenen essbaren Pflanzen – Teile von Nüssen, Samen, Früchten, Wurzeln und Gemüsen – finden sich lediglich in den höheren Bodenschichten aus Epochen, in denen Menschen vor Ort siedelten; sie fehlen aber auffällig in älteren, darunterliegenden geologischen Lagen. Vertreten sind vor allem Teile nahrhafter Pflanzen, etwa Wassernüsse oder die ernährungsphysiologisch wertvollen Samen von Stachelseerosen.

Viele der gefundenen Pflanzenteile hätten mobilen Homo-erectus-Gruppen gut als transportierbare und haltbare Wegzehrung dienen können, so die Forscher – was dann voraussetzt, dass sich die frühen Menschen bereits planend mit dem Nahrungsmittelangebot, dessen saisonaler Verfügbarkeit sowie der Giftigkeit und dem Nährstoffgehalt auseinandergesetzt hätten. Gut möglich scheint, dass die Menschen vor Ort Feuer zur Zubereitung von weniger gut genießbaren Nahrungsmitteln eingesetzt haben: Vielfach finden sich angekohlte Holz- und Rindenstücke wohl von Herdstellen der Altsteinzeit an den Ausgrabungsstellen in Israel. Nicht nur klassisches Grillgut, sondern auch Pflanzen – etwa die Wurzeln von Gelben Teichrosen, Schwanenblumen, Schilfrohr und Rohkolbengewächsen – aus der einstigen See- und Sumpflandschaft wurden wohl geröstet, um sie verdaulicher und schmackhafter zu machen.

Gewiss war die Ernährung im altsteinzeitlichen Gesher Benot Ya‘aqov nicht deutlich anders als an anderen Orten, schlussfolgern die Forscher: Überall hatten Pflanzen sicherlich einen Anteil an der Ernährung. Sie war demnach wohl insgesamt deutlich vielfältiger und weniger fleischlastig, als man früher angenommen hat – vielleicht sorgte für diese Fehleinschätzung, dass die fett- und eiweißreichen Überreste von Fleischmahlzeiten an Fundstellen häufig länger deutlich erkennbar bleiben als die Überreste vegetarischer Mahlzeiten.

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