News: Stellare Nabelschnur
Nach etwa einer Million Jahre beginnt eine Phase, die Astronomen als T-Tauri-Phase bezeichnen. Zu dieser Zeit entweicht dem jungen Stern an seinen beiden Polen ein Materiestrahl, wodurch auch ein Teil des Drehimpulses weggetragen wird, was wiederum die Drehung des Sterns verlangsamt. Die Jets lassen sich von der Erde aus jedoch nur schwer beobachten, denn der junge Stern hat bereits mit der Energieerzeugung begonnen. Die Protosonne hat sich enorm aufgeheizt und strahlt intensives Röntgenlicht ab, was die ebenfalls leuchtenden Jets bei weitem überstrahlt.
Mit XMM-Newton einem Röntgenteleskop der ESA gelang es nun aber doch, die Materiestrahlen zweier junger Sterne zu beobachten. Das Weltraumteleskop nahm dazu im September 2000 rund 14 Stunden lang das rund 500 Lichtjahre entfernte Sternensystem L1551 IRS5 inmitten einer interstellaren Wolke auf. Die beiden Sterne des Systems sind vermutlich jeweils eine Million Jahre alt und von einer dichten Akkretionsscheibe umgeben, die etwa zwanzig Astronomische Einheiten im Durchmesser misst. Das entspricht ungefähr der Umlaufbahn des Saturns.
Viel weiter hinaus reichen jedoch die Jets der beiden Sterne: 1000 Astronomische Einheiten lang sind die Materieströme, die senkrecht zur Akkretionsscheibe aus dem Stern schießen. Sichtbar sind sie deshalb, weil die beiden Sterne sich noch in ihrer dichten, scheibenförmigen Wolke verstecken und jegliches Leuchten darin absorbiert wird. Deshalb meint Fabio Favata von der ESA den Ursprung der Strahlung zu kennen: "Die Röntgen-Emission, die wir beobachteten, ist sicherlich thermischen Ursprungs und kann vielleicht der Schockwelle zugeordnet werden – der Grenzfläche zwischen den Jets und dem interstellaren Medium."
Davon ausgehend konnten die Forscher die Geschwindigkeit ermitteln, mit der die Materie ins All schießt; sie beträgt 200 bis 400 Kilometer pro Sekunde. Die Temperatur konnten sie auf etwa 100 000 Kelvin bestimmen. Zusätzliche Beobachtungen der Region im sichtbaren Wellenlängenbereich mit dem Nordic Optical Telescope auf den Kanarischen Inseln offenbarten knotenartige Bereiche entlang der Jets, in denen die Dichte offensichtlich höher ist. Diese helleren Regionen bescheinen sogar ihre Umgebung und lassen weitere Objekte der Molekularwolke sichtbar werden.
Favata meint: "Wir entdeckten unter anderem, dass die Röntgenstrahlung von den Jets die Akkretionsscheibe von oben beleuchten – was ein Stern sicherlich nicht könnte – und dadurch die physikalischen Bedingungen wie beispielsweise die Ionisation ändert. Das könnte einen Einfluss darauf haben, wie sich Planeten in der protoplanetaren Scheibe bilden. Es stellt sich außerdem die Frage, ob thermische Emission aufgrund von Schockwellen eine übliches Merkmal von Sternenbildung ist."
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.