Stereotype: So sind die eben!
Die Jugend ist verwöhnt, hat schlechte Manieren, verachtet Autoritäten und zeigt keinen Respekt vor dem Alter. Dieser Vorwurf kommt einem merkwürdig vertraut vor, und tatsächlich wurde er auch schon vor fast 2500 Jahren erhoben – von keinem Geringeren als Sokrates (469–399 v. Chr.). Der griechische Philosoph wies bereits darauf hin, dass junge Leute regelmäßig den Eltern widersprechen und ihren Lehrern nicht die gebotene Ehre erweisen. Sokrates' Schüler Platon (428/27–348/47 v. Chr.) sah es später ähnlich: »Die Jüngeren stellen sich den Älteren gleich und treten gegen sie auf in Wort und Tat.«
War die »Jugend von heute« womöglich immer schon schlechter als die vorhergehende? Der Eindruck, es gehe mit jeder nachwachsenden Generation bergab – und zwar seit Menschengedenken –, verbindet sich oft mit einem pessimistischen Blick in die Zukunft. Wohin soll das alles führen? So klagen viele vor allem ältere Berufstätige, die heute 20- bis 30-Jährigen hätten keine Lust zu arbeiten und können nicht mehr richtig anpacken.
Jungen Leuten wird gern vorgehalten, sie seien nur noch an Teilzeitjobs interessiert und würden am liebsten vom Strand von Bali aus Internetprojekte managen oder »was mit Medien« machen. Diejenigen, die aktuell in ihren Vierzigern und Fünfzigern sind, genauer gesagt die Generation X der zwischen 1965 und 1980 Geborenen, würden dagegen für den Beruf alles geben und sich reinhängen – manchmal bis zum Burnout. Laut einem verbreiteten Bild zeichnet die Generation Y (grob die Jahrgänge 1980 bis 2000) sowie vor allem die ab der Jahrtausendwende geborene »Gen Z« (auch »Millenials« genannt) eine deutlich schwächere Arbeitsmoral aus: Work-Life-Balance sei ihnen wichtiger als Karriere (siehe »Die Standard-Einteilung«).
»Die häufig geäußerte Ansicht, die Generationen Y und Z zeigten beruflich wenig Einsatzwillen, seien bequem, ja faul, ist wissenschaftlich allerdings nicht haltbar«, erklärt der Soziologe Martin Schröder von der Universität des Saarlandes. Er ging dem Klischee in einer 2023 veröffentlichten Untersuchung auf den Grund. Hierfür wertete er Umfragen der letzten 40 Jahre aus, genauer gesagt mehr als eine halbe Million Datensätze aus der weltweiten Integrated Values Survey (IVS). Im Rahmen dieser seit 1981 jährlich durchgeführten Studie werden Menschen in 113 Ländern zu ihren Einstellungen hinsichtlich Arbeit, Beruf und Freizeit befragt. Neben der persönlichen Motivation geht es dabei auch um Aspekte wie Arbeitsbedingungen, Wertschätzung und Sinnerleben.
Schröders Fazit: »Es deutet nichts darauf hin, dass sich die Einstellung zu Arbeit und Beruf mit einem Generationeneffekt, also der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Alterskohorte, erklären lässt.« Zwar gebe es in den betrachteten Einstellungen typische Veränderungen, diese gingen allerdings auf das individuelle Lebensalter sowie auf den gesellschaftlichen Wandel zurück. Sie würde fälschlicherweise oft der »Generation« zugeschrieben.
Die Standard-Einteilung
Vor allem im angelsächsischen Bereich werden üblicherweise sechs Generationen unterschieden, die sich auf die vergangenen rund 100 Jahre verteilen. Dabei dienen die Jahrgangsgrenzen nur zur ungefähren Orientierung; die Generationen überlappen sich. Ob und wie sie sich tatsächlich unterscheiden und inwiefern diese Merkmale nicht vielmehr auf das individuelle Alter oder gesellschaftliche Entwicklungen zurückgehen, ist umstritten. Befragt man Menschen verschiedenen Alters nur zu einem einzigen Zeitpunkt, lassen sich die Einflüsse der Lebensphase, Geburtskohorte sowie genereller Trends nicht differenzieren.
Die »Stillen« (1925–1945)
Die Babyboomer (Jahrgänge 1946–1964)
Die Generation X (1965–1980)
Die Generation Y (1981–1995)
Die Generation Z (1996–2010)
Die Generation Alpha (ab 2011)
Mit anderen Worten: Ja, die Arbeitsmotivation von heutigen Berufseinsteigern ist insgesamt eher schwach ausgeprägt, aber das ist nicht wesentlich anders als früher, denn der berufliche Ehrgeiz steigt generell zum mittleren Alter um die 40 hin an. Und auch gesamtgesellschaftlich habe sich der Stellenwert und unser Verhältnis zur Arbeit verändert; das betrifft Junge ebenso wie Ältere. Arbeiten von zu Hause aus, Überstundenausgleich, flachere Hierarchien und sonstige Erleichterungen sind heute verbreitet, denn viele Unternehmen müsste im Wettstreit um Arbeitskräfte mehr Zugeständnisse machen als früher.
So sei es nicht verwunderlich, meint Schröder, dass Jüngere mit höheren Ansprüchen auf Jobsuche gingen. Rechnet man in den verfügbaren Umfragedaten mit geeigneten statistischen Methoden jedoch die Faktoren individuelles Alter und historischer Wandel heraus, so bleibt von dem angenommenen Generationeneffekt so gut wie nichts übrig.
»Wer erklärt, dass es keinen Generationen gibt, verdient damit kein Geld«Martin Schröder, Universität des Saarlandes
Schröder zufolge fallen Unterschiede zwischen den Generationen meist viel geringer aus als zwischen einzelnen Individuen. Es gibt karriereorientierte Menschen und weniger ambitionierte, aber das sei keine Frage der Alterskohorte. Entscheidender sei der Zeitpunkt, an dem die Leistungsbereitschaft untersucht wird: »Die Generationen-Hypothese besagt, dass sich Menschen auf Grund ihres Geburtszeitpunkts unterscheiden, unabhängig von ihrer Lebensphase und davon, wann man sie fragt. Dafür gibt es jedoch keine Hinweise«, erklärt der Soziologe.
So mag etwa ein Mittfünfziger seinem 20-jährigen Kollegen vorwerfen, dass er Nachtschichten oder Wochenendeinsätze ablehnt und seine Freizeit nicht der Karriere opfern will. Doch die gesunkene Bereitschaft zur Selbstausbeutung kennzeichnet Arbeitnehmer quer durch alle Altersgruppen. »Die Menschen denken heute anders als vor 30 Jahren. Das hängt nicht davon ab, ob jemand in den 1960er, 1980er oder 2000er Jahren geboren wurde.« So erreichten die Vertreter der geburtenstarken Jahrgänge 1960 bis 1965 laut den seit Anfang der 1980er Jahre durchgeführten IVS-Befragungen heute ebenfalls niedrigere Motivationswerte, verglichen mit damaligen Erwachsenen im mittleren und höheren Alter.
Vertreter der Generationen-Hypothese halten dem entgegen, Unterschiede zwischen Alterskohorten wurzelten in Erfahrungen, die diejenigen teilten und häufig prägten. Wer mit Internet, Smartphone und Social Media groß geworden sei, habe demnach andere Grunderfahrungen gemacht und sei in wirtschaftlich und politisch stabilen, ja oft behüteten Verhältnissen groß geworden. Das erkläre die geringere Anstrengungsbereitschaft verglichen etwa mit den Babyboomern. So argumentieren zum Beispiel Forscher um Jean Twenge, heute an der San Diego State University, die in einer Arbeit von 2010 gravierende Generationenunterschiede beschrieben.
Die Historikerin Ulrike Jureit sieht in den Generationen dennoch keine realen Gruppen, sondern kollektive Zuschreibungen. Sie dienen vor allem dazu, Orientierung zu schaffen und Aufmerksamkeit zu erzeugen. »Man sollte die Rede von den Generationen vor allem als Selbstthematisierung verstehen«, erklärt die Forscherin vom Hamburger Institut für Sozialforschung. Selbstthematisierung bedeutet, dass jemand Beziehungen zu sich und anderen auf spezifische Weise reflektiert und sich einem Kollektiv mit bestimmten Eigenschaften zugehörig fühlt. Hierbei können zudem Vorstellungen über die eigene Altersgruppe einfließen. Insofern ist es zumindest denkbar, dass Generationenklischees wie selbsterfüllende Prophezeiungen wirken: Wer sich für besonders sensibel hält, ist es auch eher.
Auch die mediale Berichterstattung hat daran ihren Anteil, vermutet ein Forscherteam um David Costanza von der George Washington University in einem Überblicksartikel von 2023. So führe die umfangreiche Berichterstattung über psychische Langzeitfolgen der Covid-19-Pandemie mit der Zeit dazu, dass die soziale Isolation und das Maskentragen als ein prägender Einfluss für eine ganze Generation erscheint.
Arbeiten von zu Hause aus, Überstundenausgleich, flachere Hierarchien und sonstige Erleichterungen sind heute verbreitet
Dass sich die Unterteilung in Generationen so hartnäckig hält, hat laut dem Soziologen Schröder vor allem drei Gründe: Erstens verwechseln viele den Einfluss der individuellen Lebensphase sowie genereller, alle betreffender Veränderungen mit einem »Generationeneffekt«. Dafür spricht, dass Schlussfolgerungen über die Eigenarten einer Generation oft aus einmaligen Befragungen beispielsweise junger Leute gezogen werden; auf dieser Basis lassen sich längerfristige Entwicklungen etwa in der Arbeitseinstellung aber gar nicht erfassen. Dazu bedarf es jahrelanger Erhebungswellen wie im Rahmen der IVS. Kennt man hingegen die wahren Hintergründe nicht, schreibt man sie im Zweifel eben der Generation zu.
Zweitens habe sich der »Generationismus« als neue Form des Schubladendenkens eingebürgert. Menschen anhand von anderen etwa geschlechtlichen oder ethnischen Kriterien bestimmten Stereotypen zuzuordnen, ist inzwischen weithin verpönt (»Frauen wollen nicht gern arbeiten«). Nur auf die Generation bezogen erscheinen genau die gleichen Zuschreibungen auf einmal akzeptabel.
Menschen neigen dazu, in Klischees zu denken oder andere nach vermeintlich festen Merkmalen einzuteilen. Das werde – so der dritte Grund – von vielen Medien und Jugendforschern gefördert, die mit der Behauptung, es gebe diese und jene Generationen, Aufmerksamkeit erregen und letztlich ökonomisch profitieren. Wissenschaftliche Fakten, die dem widersprechen, würden ignoriert. »Wer erklärt, dass es keine Generationen gibt, verdient damit kein Geld«, bringt Schröder es auf den Punkt.
Jugendliche stets unangepasster
Ein Blick in die Geschichte, zum Beispiel auf die Studentenrevolte der Achtundsechziger, zeigt, dass Jugendliche auch früher schon häufig vehement neue Wege einschlugen. Vielleicht liegt das daran, dass Heranwachsende noch nicht in dem Maß wie Ältere Erfahrungen gemacht haben, die ihre jeweilige Sicht relativieren: etwa gemeisterte Krisen, Verantwortung für Kinder, Sorge um alte oder kranke Eltern und sonstige Umbrüche. Diese Dinge führen dazu, dass sich manche radikale Ansicht abschleift und hehre Ideale sich der Realität anpassen.
Jureit bestätigt: »70-Jährige verfügen über einen größeren Erfahrungsschatz als Menschen in ihren Zwanzigern. Daher vergleichen Ältere ihre früheren mit den gegenwärtigen Lebensumständen.« Was früher war, wirkt dabei oft beruhigend – immerhin weiß man, dass damals alles gut ausging. Folglich meinen viele, die alten Zeiten seien einfach besser gewesen.
Was das Typische einer Generation ausmacht, beschäftigt Wissenschaftler seit Langem. In dem Artikel »Das Problem der Generationen« von 1928 setzte sich der Philosoph Karl Mannheim bereits mit der Problematik auseinander. Für ihn sind Generationen ein »Zusammenhang« von Menschen, deren Erlebnishorizonte verwandt sind. Mannheim schrieb diesen Text noch unter dem Eindruck der Katastrophe des Ersten Weltkriegs, der eine ganze Generation traumatisierte. Er betonte, wie sehr solche Ereignisse eine Gruppe Heranwachsender prägen können.
Heute werden mitunter kurzfristige tagespolitische Ereignisse zur Begründung einer Generation herangezogen, etwa der Enron-Skandal in den USA, der Anschlag auf das World Trade Center oder der Welterfolg der Buchreihe »Harry Potter«. Hier ist tatsächlich fraglich, ob solche Ereignisse, wiewohl politisch oder kulturell bedeutsam, die Lebens- und Denkweisen von Menschen kollektiv und nachhaltig prägen.
In der Summe erscheinen die Unterschiede zwischen den Individuen innerhalb einer Generation meist größer als die Gemeinsamkeiten. Das wird deutlich, wenn man die Daten aus der weltweiten IVS-Umfrage zu den Werten von Menschen betrachtet. Über die Jahrzehnte wuchs demnach der Wunsch nach einer besseren Work-Life-Balance insgesamt, gleichzeitig nahm aber die Varianz in den jeweiligen Geburtskohorten zu – es gibt also auch in Generation Y oder Z Personen, denen das weniger wichtig ist.
Eine Übersichtsarbeit von Friedericke Hardering, Professorin für sozialen Wandel in der digitalisierten Gesellschaft an der Fachhochschule Münster, unterstreicht dies. Laut ihrer Erhebung von 2018 gibt es keine klaren Unterschiede im Erleben zwischen der Generation Y und den anderen Generationen, die Grenzen zwischen ihnen erscheinen willkürlich gesetzt. Zudem ist keine Altersgruppe völlig homogen. Es sei sinnvoller, eine andere Einteilung vorzunehmen – etwa nach der Phase des Berufseinstiegs, in der oft andere Wünsche und Erwartungen dominieren als im mittleren oder im späten Erwachsenenalter.
Die Psychologin Hannah Schade vom Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund beschäftigt sich besonders mit der Generation Z. Sie betont, dass der soziale Vertrag zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern mehr bedeute als der Generationenunterschied. »Die Arbeitsmoral war früher vor allem deshalb höher, weil die Arbeitgeber ein engeres Verhältnis zu ihren Mitarbeitern pflegten.« Heute ist diese Beziehung meist distanzierter, aber Fachkräfte gleichzeitig so rar, dass sie viele Bedingungen diktieren können.
Dass sich die Generation Z eher traut, Nein zu sagen oder wegen eines schlechten Arbeitsklimas den Job zu wechseln, ist für Ältere ungewohnt, denn sie konnten sich das einst kaum erlauben. Jüngere scheuen sich dagegen nicht, ihre Wünsche klar zu artikulieren. Arbeit dient nicht nur zum Geldverdienen, sie soll auch Freude machen und Sinn stiften, im besten Fall sogar etwas Wichtiges bewegen.
Wachsende psychische Belastung
Ein weiteres Ergebnis vieler Befragungen lautet: Ob Y oder Z, die Jüngeren haben immer weniger Zuversicht. Die zunehmende psychische und wirtschaftliche Belastung macht ihnen zu schaffen. Der Jugend- und Sozialwissenschaftler Klaus Hurrelmann von der Hertie School in Berlin hat dies gemeinsam mit Simon Schnetzer in der Trendstudie 2023 »Jugend in Deutschland« empirisch untermauert: Junge Menschen in Deutschland leiden demnach unter den Folgen vielfältiger Krisen. Die Corona-Pandemie hinterließ emotionale Narben, die Klimakrise sowie diverse kriegerische Konflikte fördern Ängste sowie ein Gefühl der Aussichtslosigkeit.
In der Umfrage gaben 46 Prozent der 14- bis 29-Jährigen an, unter Stress zu leiden; bei den 50- bis 69-Jährigen sind es nur 20 Prozent. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei mentaler Erschöpfung (35 versus 25 Prozent), Selbstzweifeln (33 versus 11) und Gereiztheit (24 versus 14). Obwohl ältere Menschen die Zukunft insgesamt skeptischer bewerten als jüngere, fühlen sie sich psychisch zugleich weniger beansprucht. »Unter jungen Leuten nehmen die Risikofaktoren für seelische Erkrankungen zu«, sagt Hurrelmann.
Vor allem die wirtschaftliche Lage und der gesellschaftliche Zusammenhalt werden aktuell von vielen Menschen als schwierig empfunden. Die größten Sorgen der Jugend sind laut Hurrelmann die hohe Inflation (71 Prozent), Krieg in Europa (64 Prozent) und der Klimawandel (55 Prozent), aber auch eine drohende Energieknappheit (49 Prozent).
»Unter jungen Leuten nehmen die Risikofaktoren für seelische Erkrankungen zu«Klaus Hurrelmann, Hertie School Berlin
Die Generation Z ist einerseits psychisch angeschlagen, andererseits laut Hurrelmann die politischste seit den Achtundsechzigern. »Junge Menschen wachsen heute in einer krisengeschüttelten Zeit heran. Andauernde Veränderungen sind fast schon normal. Für viele ist das ein Anstoß, sich politisch zu engagieren.«
Andererseits kommt die Generation Z vielfach aus finanziell abgesicherten Verhältnissen, und auch die beruflichen Chancen sind gut, da die Babyboomer allmählich aus dem Berufsleben ausscheiden. Grob gesagt rückt für zwei Arbeitnehmer, die in Rente gehen, im Schnitt nur einer nach. Gleichzeitig nimmt für viele die Bedeutung von Beruf und Karriere zu Gunsten von Freizeit ab.
Für Jugendliche haben sich die Maßstäbe verschoben. Sie legen Wert auf ein geschütztes Privatleben und beginnen das Arbeitsleben oft mit der Überzeugung: Ich will mich nicht kaputtschuften. Das sollte man in Betracht ziehen, wenn Unternehmer klagen, jungen Menschen würden keine Überstunden machen wollen, nur noch vier Tage in der Woche arbeiten und ihr Privatleben höher als den Beruf bewerten. Das gab es bei den über 50-Jährigen, als sie jung waren, nicht im selben Maß – einfach, weil ihnen diese Möglichkeit nicht offenstand. Es ist also keine Frage der Generation, sondern des Wandels in der Arbeitswelt.
Die Studie »Arbeiten 2023« der Krankenkasse Pronova BKK gibt einen Einblick in die Stressbelastung unter den 18- bis 29-Jährigen. Laut den Resultaten der Online-Befragung unter gut 1000 Mitgliedern sind 20 Prozent der Jüngeren von mindestens sieben aus einer Liste von zehn typischen Stressindikatoren betroffen, darunter anhaltende Müdigkeit, Rückenschmerzen, Grübelei und Schlafstörungen. In der gesamten Stichprobe betrug der Anteil der so stark Belasteten dagegen nur zwölf Prozent.
Doch ist die Gen Z deshalb weniger resilient als frühere Generationen? Wirtschaftspsychologin Patrizia Thamm verneint das. »Es heißt oft, die Jüngeren seien wenig belastbar. Das stimmt so nicht. Die Gen Z engagiert sich, fordert für ihren Einsatz aber andere Bedingungen, als dies früher meist der Fall war.«
Jede Zuschreibung von Eigenschaften einer Generation ist von allgemeinen altersbedingten und gesellschaftlichen Einflüssen schwer zu trennen. Statt zu kritisieren, sollten wir versuchen, voneinander zu lernen. Dabei ist es wichtig zu berücksichtigen, dass Jüngere anders ticken als ihre Eltern und Großeltern, und das kann man auch als Bereicherung ansehen.
Die Bedeutung von Arbeit ist über die Jahrzehnte gesunken. Zugleich stehen Jugendliche heute vor anderen Herausforderungen als die gleiche Altersgruppe von einst. Die Generation Z, geprägt von Dauerkrisen und einer unsicheren Zukunft, fordert besseren Gesundheitsschutz, Anerkennung ihrer Bedürfnisse und hat klare Erwartungen an den Job. Daher neigen Ältere häufig dazu, sie als wenig belastbar anzusehen, doch die veränderten Prioritäten haben eher mit der neuen Arbeitswelt zu tun. Vielleicht sollte man sich öfter im Perspektivenwechsel üben: Wie würden Ältere selbst denken, wenn sie heute noch einmal jung wären?
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.