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Gentechnik: Programmierte Unfruchtbarkeit

Forscher haben eine effektive Möglichkeit gefunden, die Verbreitung von Tieren zu steuern. Dazu wandelten sie Muskeln in Antikörperfabriken um.
Mäusefamilie

Viren übernehmen die Kontrolle über Körperzellen, indem sie ihnen ihre DNA unterjubeln. Derart gekapert, bleibt den Zellen keine andere Wahl, als den fremden Bauplan immer und immer wieder zu reproduzieren. Diese Strategie macht Viren auch zu geeigneten Genfähren in der Biotechnologie. Forscher vom California Institute of Technology haben virale Genfähren nun für einen neuen Einsatzzweck einsetzen können: Durch eine einfache Injektion ins Bein programmierten sie die Muskelzellen von Mäusen darauf, einen Antikörper zu bilden, der dauerhaft unfruchtbar macht. Ziel dieser Forschung ist dabei die schonende Kontrolle von Wildtierpopulationen, erläutert der Leiter der Forschungsgruppe Bruce Hay: Die bisher hierfür notwendigen Eingriffe wie eine Sterilisation oder Kastration seien "nicht einfach – es kostet viel Zeit und Geld, die Tiere zu betäuben und den chirurgischen Eingriff durchzuführen", erläutert Hay.

Angriffsziel des vom eingebrachten Gen produzierten synthetischen Antikörpers ist Gonadoliberin. Dieses Hormon wird im Hypothalamus gebildet und gibt bei Säugetieren das entscheidende Signal zur Keimzellreifung. Wird das Hormon außer Gefecht gesetzt – etwa durch den Antikörper –, werden keine Sexualhormone produziert. Als Folge bleiben die Keimzellen in unreifen Stadien stecken. Eine Fortpflanzung ist dann nicht mehr möglich.

Die mit viraler Hilfe veränderten Muskelzellen produzieren den gewünschten Antikörper dauerhaft, weil die Muskulatur zu den kaum je ausgetauschten und erneuerten Geweben zählt. Bei den meisten Tieren dürfte daher eine einzige Injektion ausreichen, um Fortpflanzung lebenslang zu verhindern, hoffen die Forscher. Im Tierversuch von Hay und Kollegen zeigte das Verfahren zudem keinerlei Nebenwirkungen.

In weiteren Experimenten suchten die Wissenschaftler nach Möglichkeiten, die Keimzellen auch ohne den Umweg über den Hormonhaushalt direkt ins Visier zu nehmen. Dazu entwickelten sie einen weiteren Antikörper, der direkt an die äußere Hülle ausgereifter Eizellen bindet und sie für Spermien undurchlässig macht. Mit dem Virenshuttle in Mäuse eingeschleust, führten auch diese im Tierversuch zuverlässig zu Unfruchtbarkeit. Ähnliches könnte bei männlichen Tieren möglich sein: Schon länger ist bekannt, dass Zeugungsunfähigkeit in vielen Fällen auf die Produktion körpereigener Antikörper gegen ihre Spermien zurückzuführen ist.

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