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Galaktisches Zentrum: Stern umrundet Schwarzes Loch in Rekordzeit

Mauna-Kea-Observatorium

Erst durch die gemessenen Bahnbewegungen einzelner Sterne im galaktischen Zentrum sind sich Wissenschaftler sehr sicher, dass dort ein supermassereiches Schwarzes Loch sitzt. Dabei half vor allem ein Stern, bei dem man einen vollen Umlauf verfolgt hatte. Astronomen um Leo Meyer von der University of California in Los Angeles haben nun einen Stern mit einer noch kürzeren Umlaufzeit entdeckt: In nur 11,5 Jahren umrundet er die kompakte Masse. Mit den beiden Gestirnen lässt sich die Geometrie von Raum und Zeit nahe einem Schwarzen Loch künftig erforschen wie nie zuvor.

Umlaufbahnen der Sterne im Milchstraßenzentrum | Nahe dem supermassereichen Schwarzen Loch im galaktischen Zentrum lassen sich zwar die Bahnen mehrerer Sterne teilweise verfolgen, doch konnte man bisher nur in zwei Fällen den vollständigen Orbit abbilden: Bei S0-2 und dem neu entdeckten Stern S0-102. Hier in roter und gelber Farbe hervorgehoben.

Seit 17 Jahren beobachten Astronomen mit den Keck-Teleskopen auf Hawaii die kompakte Radioquelle Sagittarius A*, die mit einem Schwarzen Loch von rund vier Millionen Sonnenmassen übereinstimmt. Dabei setzen sie verschiedene Techniken wie etwa eine adaptive Optik ein, um die störenden Einflüsse der Atmosphäre zu korrigieren und so die Auflösung der Aufnahmen zu erhöhen. Aus der über die Jahre wandernden Position der Sterne auf den Bildern konnte das Team dann mit Hilfe von Computersimulationen auf deren Bahnparameter schließen. Im Beobachtungszeitraum durchliefen die meisten Gestirne ihren Orbit allerdings nur teilweise. Lediglich Stern S0-102 vollführte einen vollständigen Orbit – in nur elfeinhalb Jahren umrundet er das Schwarze Loch. Der bisherige Rekordhalter S0-2, den man in den frühen 1990er Jahren entdeckte, braucht dagegen 16 Jahre.

Dank des neuen Fundes ließe sich nicht nur besser erforschen, wie Schwarze Löcher im Lauf der Zeit wachsen und welche Rolle sie im Zentrum von Galaxien spielen, berichtet das Team, sondern auch prüfen, ob die Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie nahe einer so großen Masse korrekt sind. Durch das starke Gravitationsfeld sollte der Orbit der beiden Sterne beispielsweise geringfügig von einer Keplerbahn, also einer perfekten Ellipse, abweichen und stattdessen rosettenförmige Bahnen ziehen. Um diesen Effekt eindeutig auf die starke Krümmung der Raumzeit zurückführen zu können, benötigen Astronomen mindestens zwei Sterne.

Darüber hinaus erwartet man, dass auch die von den Sternen emittierte Strahlung durch die enorme Masse beeinflusst wird: Die Wellenlängen verschieben sich zum langwelligen Bereich des elektromagnetischen Spektrums. Bei S0-2, der 16 Mal heller strahlt als S0-102, müsste diese gravitative Rotverschiebung im Jahr 2018 messbar werden, wenn der Stern auf seiner Bahn dem Schwarzen Loch am nächsten kommt. Die durch S0-102 gewonnenen Informationen werden diese Messungen genauer machen, schreiben die Forscher um Meyer. Drei Jahre später wird dann auch S0-102 diesen Punkt durchlaufen und die Ergebnisse überprüfen können.

Frühere Beobachtungen hatten bereits gezeigt, dass die Sterne im galaktischen Zentrum in der innersten Region auf zufälligen Umlaufbahnen kreisen – ähnlich einem Schwarm von Bienen. Mit Geschwindigkeiten von bis zu 10 000 Kilometer pro Sekunde. Weiter außen liegende Gestirne bewegen sich hingegen auf einer Scheibe um das rund 27 000 Lichtjahre von der Erde entfernte Schwarze Loch.
  • Quellen
Science 338, S. 84–87, 2012

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