Planetenentstehung: Stern verliert plötzlich seine Staubscheibe
Innerhalb von nur zwei Jahren scheint sich die Staubscheibe um einen jungen Stern aufgelöst zu haben, berichten Astronomen um Carl Melis von der University of California in San Diego. Eine so rasche Veränderung hatte man bisher weder vorausgesagt, noch in irgendeinem Sternsystem beobachtet. Auch gegenwärtige physikalische Modelle können das Phänomen nicht zufriedenstellend erklären und müssen erst angepasst werden. Auf diese Weise lernen die Forscher mehr darüber, wie sich solche protoplanetaren Scheiben entwickeln und wie sich darin Himmelskörper bilden.
Das Forscherteam verglich zunächst Infrarotaufnahmen des 450 Lichtjahre von uns entfernten Sterns TYC 8241 2652 1 aus den Jahren 1983 und 2006 mit optischen Daten des Systems. Da es im infraroten Spektralbereich weitaus stärker leuchtete als von dem Gestirn allein erwartet, vermuten die Astronomen, dass der rund zehn Millionen Jahre alte Stern damals von dichtem, heißem Staub umgeben war. Mit dem Gemini-Süd-Teleskop in Chile beobachteten Melis und seine Kollegen den Stern 2008 dann erneut: Die Staubscheibe erstrahlte demnach genauso hell wie auf früheren Aufnahmen. Doch nur acht Monate später konnten die Astronomen nur noch ein Drittel der ursprünglichen Helligkeit nachweisen.
2010 zeigten Bilder des WISE-Satelliten dann, dass die Emission im infraroten Spektralbereich nochmals zehnfach gesunken war. Dieses Ergebnis bestätigten die Wissenschaftler um Melis im Mai 2012 dann noch einmal mit dem Gemini-Teleskop. Die Beobachtungen deuten ihrer Ansicht nach auf ein unerwartet schnelles Verschwinden der Materie hin – in einem Gebiet, das der von Planeten besiedelten Region in unserem Sonnensystem entspricht. Entscheidend für die Ursache sei der Zustand der Staubscheibe, kurz bevor sie sich verdunkelte.
Die Daten sprechen dafür, schreiben die Autoren, dass der Stern nicht mehr von seiner ursprünglichen Staub- und Gasscheibe umkreist wurde, sondern vorrangig von Trümmern – hervorgegangen aus Kollisionen zwischen kleinen und größeren Gesteinsbrocken, die sich im Lauf der Zeit bereits in dem System gebildet hatten. Aus der Helligkeit der Scheibe konnten die Forscher sogar auf die Menge an Staub schließen. Die reichlichen Vorräte in dem System um TYC 8241 2652 1 legen nahe, dass dort eine aktive Phase der Planetenentstehung durchlaufen wird, so Melis und sein Team.
Bei den dabei immer wieder auftretenden Zusammenstößen entstehen Partikel, die winzig genug sind, um vom Sternwind sowie dessen intensiver Strahlung aus dem System geblasen zu werden. Allerdings sollte dieser Vorgang deutlich länger als zwei Jahre dauern, wenn die Helligkeit dadurch wie beobachtet abnehmen soll. Möglicherweise ließe sich das Modell aber entsprechend anpassen, indem man beispielsweise die Größenverteilung der Körner in der Staubscheibe justiert. Die Vorhersagen des weiterentwickelten Modells sollten sich dann sogar an dem System überprüfen lassen.
Sterne entstehen in Gas- und Staubwolken, die durch die Schwerkraft in sich zusammenfallen und so verdichten. Während im Zentrum schließlich Fusionsreaktionen zünden und den Stern zum Leuchten bringen, bleibt um das junge Gestirn eine dichte Gas- und Staubscheibe zurück. Hierin können sich Planeten, Asteroiden und andere Himmelskörper bilden – ausgehend von kleineren Staubansammlungen, die sukzessive anwachsen. Wie lange dieser Prozess in Anspruch nimmt und welche Bedingungen dafür herrschen müssen, wissen Astronomen bislang noch nicht im Detail.
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