Sternentstehung: Steigender Puls bei jungen Sternen
Obwohl sich die unzähligen Sterne im Universum unterscheiden, bestimmen die Eigenschaften, die sie bereits während der Entstehungsphase erwerben, ihre späteren Hauptmerkmale. Dazu zählen insbesondere ihre Massen und chemischen Zusammensetzungen. Sterne gehen aus kalten molekularen Wolken hervor, wenn diese dicht genug sind und unter ihrer eigenen Schwerkraft zusammenfallen. Nachdem die neugeborenen Sterne alle Materie aus ihrer unmittelbaren Umgebung aufgesammelt haben, reichen ihre Temperaturen im Inneren noch nicht für Kernfusionsprozesse aus. Während dieser Entwicklungsphase beziehen die jungen Objekte, auch als Vor-Hauptreihensterne bezeichnet, ihre Leuchtkraft aus der Gravitationsenergie. Sie wird frei, wenn sich der Stern auf Grund seines eigenen Gewichts zusammenzieht. Dabei verändert sich sein innerer Aufbau zunehmend, bis in seinem Zentrum die Dichte und Temperatur so hoch werden, dass das Wasserstoffbrennen einsetzt und den Stern stabilisiert. Die Umwandlung von Wasserstoff zu Helium bleibt ab diesem Zeitpunkt bis zum Lebensende des Sterns der vorherrschende energieerzeugende Prozess. Wie lange es dauert, bis dieser Zeitpunkt erreicht wird, hängt entscheidend von der Sternmasse ab und variiert erheblich. Sterne mit der 1,5-fachen Sonnenmasse benötigen dafür rund 33 Millionen Jahre, während Sterne mit gerade mal der doppelten Masse nur rund acht Millionen Jahre brauchen, um diesen entscheidenden Punkt in ihrem Leben zu erreichen. Sowohl heftige Umwälzungen der inneren Sternstruktur als auch Wechselwirkungen mit ihren Umgebungen bestimmen bis dahin Entwicklungsstufen. Die dabei bestimmenden physikalischen Prozesse sind zurzeit noch nicht gänzlich bekannt. Deswegen suchen Astronomen bei jungen Sternen nach Merkmalen, mit denen sich die verschiedenen Entwicklungsstadien unterscheiden ließen.
Sternforscherin Konstanze Zwintz vom Institut für Sternkunde im belgischen Leuven hat in Zusammenarbeit mit ihren internationalen Kollegen ein solches entdeckt. Dazu untersuchte das Team 34 junge, mittelschwere Sterne mit Massen zwischen 1,5 und 4 Sonnenmassen in Sternentstehungsgebieten und jungen offenen Sternhaufen. Es konzentrierte sich dabei hauptsächlich auf Schwingungen der jungen Sterne. Diese werden durch Modelle früher Entwicklungsphasen vorhergesagt. Die Pulsationen der Sterne, deren Perioden in Minuten- oder Stundenbereichen liegen, lassen ihre Oberflächen auf und ab schwingen. Sie zeigen sich als Helligkeitsschwankungen und Dopplerverschiebungen von Emissionslinien. Für diese Messungen benutzten die Astronomen unter anderem Daten der Weltraumsatelliten MOST und CoRoT. Zusätzlich führten sie präzise spektroskopische Beobachtungen durch, um die fundamentalen physikalischen Eigenschaften der Sterne zu bestimmen. Dieses Vorgehen erlaubte es ihnen, anhand von Rechenmodellen deren Entwicklungsstadien zu bestimmen und mit den Schwingungsmessungen zu vergleichen.
Zwei Rückschlüsse ziehen die Forscher aus ihren Ergebnissen: Zum einen zeigte sich, dass im Verlauf der frühen Sternentwicklung die Rotationsgeschwindigkeiten der Sterne zunehmen. Das ist wegen der Kontraktion der Körper und der Drehimpulserhaltung zu erwarten. Zum anderen lassen die Daten darauf schließen, dass die Sterne im späteren Verlauf ihrer frühen Entwicklung deutlich schneller pulsieren. Für die kühlsten und jüngsten Objekte fanden die Astronomen die längsten Pulsationsperioden von mehr als drei Stunden. Im Gegensatz dazu schwingen diejenigen Sterne, die kurz vor dem Einsetzen der Kernfusion in ihrem Zentrum stehen, in einem Takt von nur rund 17 Minuten. Dieser Zusammenhang ließ sich auch für eine Untergruppe der Sterne im jungen Sternhaufen NGC 2264 bestätigen. Sie gingen alle aus derselben molekularen Wolke hervor und weisen wegen ihrer ähnlichen Entstehungsgeschichte eine weithin gleiche Zusammensetzung auf.
Die Entdeckung ist insofern bedeutend, da sie aufzeigt, wie die Pulsation junger Sterne von ihrer Entwicklung abhängt. Somit sollte es möglich sein, mit Hilfe asteroseismischer Messungen junge Sterne nicht nur zu identifizieren, sondern das Entwicklungsstadium zu bestimmen, in dem sie sich befinden. Auf diese Weise wäre sogar eine relative Altersbestimmung der jungen Objekte in Sternhaufen möglich. Daher könnte die Methode in Zukunft einen wichtigen Beitrag zur Entschlüsselung der Entwicklungsgeschichte junger Sterne leisten.
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