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Sternexplosion: Supernova nach doppelter Detonation

Nicht ein, sondern zwei Weiße Zwerge sollen für eine Supernova vom Typ Ia sorgen. Wie sie im Weltraum zur kosmischen Explosion führen, zeigt eine besonders realistische Simulation.
In der Galaxie NGC 2525 hat sich eine Supernova ereignet (links unten), wie ein Bild des Hubble-Teleskops zeigt.

Das klassische Szenario einer Supernova vom Typ Ia lautet: Ein Weißer Zwerg ist als Überrest eines massearmen Sterns erloschen und setzt selbst keine Energie mehr frei. Woher also sollte er die Energie für eine Explosion nehmen, die kurzzeitig so hell strahlen kann wie die gesamte Galaxie, die ihn umgibt? Antwort: von einem Begleitstern. Von diesem könnte der Weiße Zwerg Masse absaugen. Überschreitet die Masse des Weißen Zwergs das so genannte Chandrasekhar-Limit von rund 1,4 Sonnenmassen, wird die Schwerkraft zu stark und der Weiße Zwerg explodiert.

Wie sich in den vergangenen Jahren allerdings herausgestellt hat, sind die genauen Umstände einer derartigen Explosion komplizierter als gedacht. Nicht ein, sondern zwei Weiße Zwerge sollen im Spiel sein. Darauf deuten auch die Ergebnisse einer Studie im Fachmagazin »The Astrophysical Journal Letters« hin.

Wie das Team in der aktuellen Veröffentlichung berichtet, saugt ein Weißer Zwerg Masse vom anderen Weißen Zwerg ab, bis er schließlich in einer Art doppelten Detonation explodiert. Zunächst zerbricht die Hülle aus Helium, die den Weißen Zwerg umgibt. Diese erste Detonation soll schließlich die Explosion des Kerns aus Kohlenstoff auslösen. Und: Diese Art der Supernova-Explosion würde knapp unter der Massengrenze des Chandrasekhar-Limits stattfinden.

Eine Supernova kann helfen, Distanzen zu messen

Supernovae sind kosmische Explosionen, die in mehreren Ausführungen daherkommen. Wartet man darauf, dass ein massereicher Stern am Ende seiner Entwicklung – wie Beteigeuze – explodiert, dann wäre das eine Supernova Typ II. Einer Supernova vom Typ Ia hingegen liegt ein anderes Sternsystem zu Grunde: Hier explodieren ausgebrannte Überreste von eher massenarmen Sternen, die größtenteils nur noch aus Kohlenstoff und Sauerstoff bestehen. Weiße Zwerge also.

Astronomen und Astrophysiker schätzen an Supernovae vom Typ Ia nicht nur das Himmelsspektakel, das diese bieten, sondern auch die Tatsache, dass all diese Supernovae auf vergleichbare Weise und daher durch das Universum hinweg mit der gleichen absoluten Helligkeit explodieren sollten. Sie verwenden sie als Standardkerzen, die kosmische Entfernungsmessungen erlauben.

Bisherige Simulationen derartiger Explosionen gingen größtenteils von einer Vereinfachung aus, nämlich dass es ein lokales thermodynamisches Gleichgewicht gibt. Ein derartiges Gleichgewicht gibt abhängig von der Temperatur und der Strahlungsintensität beispielsweise an, in welchem Verhältnis angeregte zu nicht angeregten Teilchen stehen. Letztendlich ist es eine Frage der statistischen Verteilung.

Die Annahme eines lokalen thermodynamischen Gleichgewichts vereinfacht zwar die aufwändigen Computersimulationen von Supernova-Explosionen. Explosion klingt nun allerdings ganz und gar nicht nach Gleichgewichtszustand, auch nicht nach einem lokalen thermodynamischen Gleichgewicht, weshalb die Gruppe um Shen in ihren Simulationen die Annahme zu Grunde legten, dass kein solches Gleichgewicht herrscht.

Sternexplosion ohne lokales thermisches Gleichgewicht liefert realistische Ergebnisse

Das Team nutzte zwei verschiedene Modelle, um die Explosionen unter Nichtgleichgewichtsbedingungen zu simulieren. Erfolgreich ist ein derartiges Modell, wenn die simulierten Vorgänge anschließend Spektren und Lichtkurven zeigen, die denen echter Supernova-Explosionen gleichen.

Das Team hatte mit seiner realistischen Annahme Erfolg. Seine simulierten Lichtkurven stimmten gut mit den Lichtkurven von echten Supernovae Typ Ia überein. Zum Beispiel reproduzierte es erfolgreich eine bestimmte Eigenschaft von Typ-Ia-Supernovae, die Astronomen Phillips-Beziehung nennen. Diese beschreibt einen Zusammenhang zwischen der absoluten Helligkeit der Supernova und dem anschließenden Helligkeitsabfall.

Vollständig geklärt sind die Mechanismen von Supernovae vom Typ Ia damit allerdings noch nicht. Beispielsweise handelte es sich bei diesen Simulationen um eindimensionale Modelle, die im Fall von Supernovae Typ Ia vieles, aber eben nicht alles erklären können. Doch die Hinweise häufen sich, dass die Antwort auf die Frage, was bei einer Supernova Typ Ia eigentlich explodiert, wahrscheinlich bei einem Großteil lautet: Es handelt sich um eine Doppeldetonation eines Doppelsystems zweier Weißer Zwerge knapp unter dem Chandrasekhar-Limit im nichtlokalen thermodynamischen Gleichgewicht.

Das klingt zwar weitaus sperriger als das vereinfachte klassische Szenario, dürfte dafür aber ein Stück näher an der Realität liegen. Als kosmische Distanzmesser können die Supernovae vom Typ Ia damit auch weiterhin dienen.

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