Katarakt: Steroide sorgen für Durchblick bei grauem Star
Weltweit leidet jeder Zweite über 70 Jahren am allmählichen Sehverlust durch eine Trübung der Linse, dem so genannten grauen Star oder Katarakt. Bislang gibt es keine Therapie, außer die getrübte Linse operativ teilweise oder komplett zu entfernen und durch eine künstliche Linse zu ersetzen. Leah Makley von der University of Michigan und ihre Kollegen entdeckten nun einen Wirkstoff, mit dem der graue Star künftig mit Augentropfen behandelt werden könnte. Das Steroid löst verklumpte Proteine in den getrübten Linsen auf und reduziert die Trübung, wie Laborversuche an Mäusen und dem Menschen entnommenen Linsen zeigen.
Beeinträchtigt wird das Sehvermögen beim grauen Star, wenn sich kristalline Proteine in der Linse aneinanderlagern, zum Beispiel infolge starker Hitze oder altersbedingt. Die Betroffenen sehen ihre Umwelt wie durch einen Schleier. Bei einem erblich bedingten Katarakt falten sich die Schutzproteine alpha-A-Crystallin (cryAA) und alpha-B-Crystallin (cryAB) nicht korrekt. Das führt dazu, dass andere Linsenproteine verklumpen und die Linse intransparent wird. Makley und Kollegen testeten nun, wie 2450 Substanzen auf die Schutzproteine wirken, und entdeckten eine Substanz, die cryAB stabilisiert und regeneriert. Sie stellt die Funktionsfähigkeit des Schutzproteins wieder her: Es legt sich zwischen zwei Untereinheiten des Proteins, so dass es sich korrekt faltet. Getropft auf die Linse löste der Wirkstoff Proteinverklumpungen innerhalb von zwei Wochen auf und regenerierte dadurch die Transparenz getrübter Linsen zum Teil. Dies galt sowohl bei erblich als auch bei altersbedingtem Katarakt.
Erst vor knapp einem halben Jahr hatten Forscher von der Sichuan-Universität in Chengdu ein anderes Steroid mit ähnlicher Wirkung bei Hunden entdeckt. Möglicherweise aktiviert das Steroid aus China das schneller wirksamere Steroid aus den USA, wie Roy Quinlan in einem Kommentar zur Studie mutmaßt.
Aus Sicht der klinischen Forschung sind die Ergebnisse ein sehr viel versprechender Anfang: "Mit Blick auf die Therapie beim Menschen wurde hier ein wichtiger Grundstein gelegt. Bis zur Anwendung kann es jedoch noch einige Jahre dauern", so der Humanbiologe Sascha Behr, der EU-weit klinische Studien betreut. "Nun sollte untersucht werden, wie verschiedene Dosierungen wirken, zudem müssen mögliche Nebenwirkungen und Langzeitfolgen des Präparats evaluiert werden."
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