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Endokrinologie: Störfall im Kraftwerk

Schon Jahre bevor ein Diabetes vom Typ 2 klinisch in Erscheinung tritt, ist die Empfindlichkeit der Körperzellen gegenüber dem Blutzucker senkenden Hormon Insulin deutlich reduziert. Diese Insulinresistenz könnte eine Folge von Problemen bei den Energieversorgern der Zelle sein.
Mitochondrium
Diabetes wird gerne als moderne Volkskrankheit bezeichnet – nicht ohne Grund: Weltweit leiden daran rund 171 Millionen Menschen, bis 2030 wird sich ihre Zahl voraussichtlich verdoppeln. In Deutschland sind etwa zehn Prozent der Bevölkerung betroffen, Tendenz steigend. Neunzig Prozent der Patienten haben einen Diabetes Typ 2, nur ein Zehntel erkrankt an Diabetes Typ 1, bei dem die Insulin produzierenden Zellen nach und nach zerstört werden.

Diabetiker vom Typ 2 hingegen bilden meist genügend Insulin – der Körper nimmt davon nur nicht ausreichend Notiz: Die Patienten entwickeln eine Insulinresistenz. Diabetes Typ 2 betrifft vorwiegend ältere Personen, deswegen wird diese Form auch als Altersdiabetes bezeichnet – jedoch erkranken immer mehr junge Menschen und sogar auch Kinder und Jugendliche daran. Neben einer erblichen Veranlagung zum Altersdiabetes sind Übergewicht und Bewegungsmangel die Hauptrisikofaktoren für die Entwicklung der Krankheit.

Schon lange – bis zu zwanzig Jahre – bevor Krankheitssymptome auftreten, besteht in der Regel bereits eine Insulinresistenz. Eine gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung können den Ausbruch der Krankheit verzögern oder sogar verhindern. Zusätzlich suchen Wissenschaftler aber auch nach Möglichkeiten, den Krankheitsverlauf medikamentös zu beeinflussen. Dazu ist es notwendig zu verstehen, wie es überhaupt zu der Unempfindlichkeit gegenüber Insulin kommt. Nun ist zwar bekannt, dass eine Insulinresistenz ein Vorbote von Diabetes Typ 2 ist; wie diese entsteht, ist jedoch noch unklar.

Mitochondrien im Muskel | Elektronenmikroskopische Aufnahme von Mitochondrien in Muskelzellen: Bei Insulinresistenz, einem Vorboten von Diabetes Typ 2, ist die Funktion der Mitochondrien beeinträchtigt.
Kitt Petersen von der Yale-Universität in New Haven und ihre Kollegen gingen nun den Ursachen der Insulinresistenz auf den Grund. Früherer Untersuchungen deuteten bereits auf eine gestörte Energieproduktion der Zellen als Auslöser des Übels. Dies führt dazu, so vermuteten die Wissenschaftler, dass sich in den Zellen Abbauprodukte von Fettsäuren akkumulieren, die letztendlich die Rezeptoren für Insulin desensibilisieren. Darum untersuchten sie nun die Wirkung von Insulin auf die Kraftwerke der Zelle, die Mitochondrien.

Die Forscher nutzten dazu die Magnetresonanzspektroskopie, mit der sich die Konzentrationen einzelner Stoffwechselprodukte in bestimmten Körperregionen messen lässt. Damit konnten sie die von den Mitochondrien produzierte Menge an ATP, dem Kraftstoff der Zelle, im Muskelgewebe bestimmen. Dabei zeigte sich, dass bei gesunden Menschen die Gabe von Insulin die mitochondriale ATP-Produktion um neunzig Prozent ankurbelt.

Nun machten die Wissenschaftler die gleiche Untersuchung an jungen, schlanken, insulinresistenten Personen, bei denen die Unempfindlichkeit gegenüber dem Blutzucker senkenden Hormon weder durch das Alter noch durch Übergewicht bedingt sein kann. Bei ihnen bewirkte das Insulin – anders als bei Gesunden – nur wenig: Es steigerte die ATP-Produktion der Mitochondrien lediglich um fünf Prozent. Zusätzlich nahmen die Muskelzellen bei den Insulinresistenten deutlich weniger Phosphat als bei Gesunden auf. Das Phosphat benötigen die Mitochondrien aber unabdingbar für die Energieproduktion. Insulinresistente Personen produzieren demnach nach Stimulation durch Insulin weniger Energie.

Offenbar ist ein Störfall im Kraftwerk der Zelle ein früher Schritt in der Entstehungsgeschichte von Diabetes Typ 2. Diese Beobachtungen könnten Wege für die Entwicklung von Medikamenten eröffnen, die schon sehr früh in das Krankheitsgeschehen eingreifen könnten.

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