News: Strahlende Partikel mit Fernsteuerung
Die von Weiden eingesetzten Antikörper richten sich gegen eiweißartige Ausstülpungen auf den entarteten Lymphzellen. Der Mediziner greift dabei auf einen vergangenes Jahr zugelassenen Wirkstoff zurück – das bei Lymphdrüsenkrebs erfolgreiche Rituximab. An das Hinterteil dieses Antikörpers ließ er die ebenfalls in Seattle ansässige Firma NeoRx einen molekularen Saugnapf montieren. Ein dazu passgenaues Gegenstück fischt nach der Injektion in der Blutbahn alle nicht an Krebszellen gebundene Antikörper heraus und sorgt für deren Ausscheidung.
Erst jetzt kommen die radioaktiven Partikel ins Spiel: Das Isotop Yttrium-90 – gleichermaßen passend zum Saugnapf der Antikörper verpackt – dockt an den Krebszellen an; überschüssiges Material wird sofort ausgeschieden. Anders als bei allen bislang eingesetzten radioaktiven Antikörpern wird so erreicht, dass die Menge der frei im Blut und Gewebe flottierende Radioaktivität äußerst gering bleibt. Gesunde Zellen bleiben auf diese Weise verschont.
"Ich hatte selbst nicht erwartet, dass ein derart kompliziert erscheinendes System auch beim Menschen funktioniert", meint Weiden. Kollegen, die ebenfalls auf radioaktive Partikel zur Krebstherapie setzen, stellten in Seattle ausschließlich Experimente vor, bei denen der Antikörper fest mit der Strahlenquelle verbunden ist. Zwar ist bei letzteren die Erprobung am Menschen schon eine Stufe weiter – einige werden in den USA wohl im Jahr 2000 als Medikamente zugelassen. Aber mittelfristig, hofft Weiden, wird sich sein Ansatz wegen der besseren Verträglichkeit durchsetzen.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 18.5.1998
"Neues von der Radiotherapie"
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