Biotechnologie: Strom im Ohr
Die Cochlea (Hörschnecke) im Innenohr von Säugetieren enthält eine Energiequelle: Sie liefert ein elektrisches Potenzial, das zur Umwandlung der Vibrationen des Trommelfells in elektrochemische Signale benötigt wird. Einer Forschergruppe um Konstantina Stankovic des Massachusetts Institute of Technology in Cambridge (USA) gelang es nun, den natürlich produzierten Strom im Innenohr anzuzapfen und damit ein elektrisches Gerät anzutreiben.
Die biologische Batterie besteht aus einer flüssigkeitsgefüllten anatomischen Struktur, die nach dem Prinzip der Zellen ein elektrochemisches Potenzial aufbaut: Über eine Membran werden Natrium- und Kaliumionen mit Pumpen ungleich in zwei Reaktionsräume befördert, dabei entsteht eine elektrische Spannung. Dieses Potenzial konnten die Forscher nun mit zwei implantierten Mikroelektroden anzapfen. Sie versorgten damit einen speziell hergestellten Elektronenchip außerhalb des Körpers. Ein elektrisches Gerät konnte somit mit einer schwachen Leistung von zirka einem Nanowatt über eine Dauer von etwa fünf Stunden mit Strom versorgt werden.
Den Gehörsinn der Versuchstiere – Meerschweinchen (Cavia porcellus) – beeinträchtigten die Elektroden nur leicht: Hörtests zeigten eine leichte Verschlechterung, die bei einer Frequenz in sehr sensiblen Gehörbereichen gemessen wurde. Offenbar lassen sich Verletzungen des Gewebes mit den noch recht großen Elektroden von zwei Mikrometern Durchmesser nicht völlig vermeiden, vermuten die Forscher. Noch dünnere Elektroden könnten schonender platziert werden, allerdings kann mit dickeren ein höheres elektrisches Potenzial abgegriffen und eine längere Stromversorgung gewährleistet werden.
Der Chip ist bereits klein genug, um in einem Hohlraum des Mittelohres implantiert zu werden. Mit Hilfe des Systems hoffen die Forscher, eines Tages hörgeschädigten Menschen sowie Personen mit Gleichgewichtsproblemen neue Möglichkeiten für Implantate anbieten zu können.
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